Mission Ares
dem Mars-Regolith nach Wasser suchen wollte und was das für die Kolonisierung des Planeten bedeuten würde.
Sie redigierte das Expose so, daß es exakt fünfhundert Worte umfaßte. Sie hatte zuvor schon mit Regierungsbehörden zu tun gehabt und wußte, daß die geringste Regelwidrigkeit all ihre Aussichten zunichte machen würde.
Im Grunde nahm sie die Bewerbung nicht allzu ernst. Aber sie wollte dennoch so weit kommen wie möglich: vielleicht erreichte sie eine Position, wo sie die Wahl hatte, ob sie diese verrückte Option – eine Karriere im Raumfahrtprogramm – weiterverfolgte oder nicht.
York las in einer Fachzeitschrift, daß nicht einmal tausend Wissenschaftler sich auf die Stellenausschreibung der Nationalen Akademie der Wissenschaften beworben hatten:
viel weniger – laut Aussage der Presse –, als die NASA sich erhofft hatte.
York verstand das. Die Karriere eines Wissenschaftlers war kurz, wenn man die Produktivität als Maßstab nahm: der Höhepunkt der Schaffenskraft lag bei Ende Zwanzig/Anfang Dreißig. In diesem Alter war York nun. Eine Ausfallzeit war einer langfristigen Karriere unter Umständen abträglich.
Zumal die NASA die Nachwuchswissenschaftler in der
Vergangenheit nicht gerade gefördert hatte. Kein einziger der ersten wissenschaftlichen Astronauten, die sich 1965 gemeldet hatten, waren mit Apollo zum Mond geflogen.
Man mußte schon verrückt sein, um die Karriere und das
wissenschaftliche Ansehen für die geringe Aussicht aufs Spiel zu setzen, eines fernen Tages ins All zu fliegen; noch dazu bei einer Organisation wie der NASA, die fast nur aus Ingenieuren und Piloten bestand.
Völlig verrückt.
Ein paar Wochen, nachdem sie das Expose eingereicht hatte, erhielt sie einen Brief von der Akademie. Immerhin war es noch kein Ablehnungsbescheid.
Sie hatte bei den Kriterien Alter, Körpergröße und
Gesundheitszustand den Anforderungen genügt und war auch in wissenschaftlicher Hinsicht für das Programm qualifiziert, mit nachgewiesener Expertise in einem relevanten Fachgebiet.
Man schickte ihr weitere Formulare zu: einen
Bewerbungsbogen für den Öffentlichen Dienst, ein Formular für die Flugtauglichkeits-Untersuchung, wie es auch die Luftwaffen-Piloten ausfüllen mußten und noch ein paar andere.
Und sie sollte sich auf dem Brooks-Luftwaffenstützpunkt in Texas melden, um sich einer Musterung zu unterziehen.
In den Hort der heldenhaften Testpiloten! Mein Gott. Ich bin dicht dran.
Als sie in die texanische Ebene hinabstieg, drängte ihr sich das Bild eines Pfannkuchens auf. Es war ein heißer Junitag; nachdem sie das Flugzeug verlassen hatte und die paar Meter zur Abfertigungshalle ging, fühlte sie sich wie in einem Backofen.
Sie traf sich mit den anderen Kandidaten im Hotel, wo sie untergebracht waren. Angesichts der versammelten Koryphäen wollte sie schier verzagen. Ein Abteilungsleiter Chemie der Firma Caltech hatte sich eingefunden, ein Dr. med. aus Princeton, der gleichzeitig in Physiologie promovierte; ein Physik-Professor von Cornell, ein promovierter Physiologe, der gleichzeitig Jet-Pilot war und ein Dr. med. der auch Jet-Pilot war. Und so weiter. Es war offensichtlich, daß die ›Wissenschaftler‹, die der NASA vorschwebten, auch eine ›operative‹ Qualifikation besaßen; mehrheitlich handelte es sich um Leute mit einer Doppelqualifikation als Pilot und Wissenschaftler.
York war die einzige Frau.
Mein Gott. Weiße männliche Piloten mit Habilitation. Da kann ich gleich einpacken.
Die Kandidaten nahmen gemeinsam das Mittag-und
Abendessen ein. Dann organisierten die Männer Ausflüge zum Alamo, der in der Innenstadt von San Antonio gelegen war.
York hatte mit diesen Macho-Veranstaltungen nichts am Hut und bemühte sich, nicht in eine Depression zu verfallen.
Am nächsten Morgen mußte sie um sechs Uhr Texas-Zeit
aufstehen, was vier Uhr Berkeley-Zeit entsprach. Das war schon einmal das erste Handicap. Sie durfte nicht einmal einen Kaffee trinken; sie mußte die Tests mit nüchternem Magen durchführen und bis zum Mittagessen warten.
Die Tests würden die ganze Woche dauern.
Zuerst wurde sie auf Glukose-Verträglichkeit untersucht. Den Armen wurde Blut entnommen, derweil sie eine ekelhaft süße Glukose-Flüssigkeit schlucken mußte.
Dann erfolgten Sehtests: sie wurde auf Farbenblindheit
untersucht, und die Netzhaut wurde photographiert, wobei sie von einem Blitz geblendet wurde. Sie mußte einen Liter lauwarmes Wasser trinken, woraufhin ein
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