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Mission Ares

Mission Ares

Titel: Mission Ares Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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drüben arbeitete sie am liebsten im Team… und so weiter. Die Ergebnisse waren völlig widersprüchlich und degradierten den Test zur Farce.
    Sie knirschte mit den Zähnen und schwieg, um es nicht noch schlimmer zu machen. Sie fragte sich, was das alles wohl kostete.
     
    Eines Morgens bekam sie Bariumsulfat zum Frühstück, als
    Kontrastmittel für eine Röntgenuntersuchung der Gallenblase.
    Ein andermal wurde ihr eine Tritiumlösung verabreicht, um den prozentualen Anteil an Körperfett zu bestimmen. Sie schluckte Pillen, die Durchfall verursachten und die den Urin grün färbten. Beim EEG wurden ihr elf Nadeln in einen halben Quadratzoll Kopfhaut gepiekst.
    Sogar die Zähne wurden kontrolliert. Ein Dentist ließ sich ebenso fröhlich wie dümmlich über den ruinösen Zustand ihres Gebisses aus. Es schien ihm viel Freude zu bereiten, ihr detailliert zu schildern, welche Reparaturarbeiten an ihren Zähnen auszuführen seien. Sie wollen doch nicht mitten im leeren Raum zwischen Erde und Mars Zahnschmerzen oder gar einen Abszeß bekommen, ho ho!
     
    Bei ihrer gesunden Lebensweise hatte York bisher kaum ein Krankenhaus von innen gesehen. Die hiesigen Ärzte waren von der Luftwaffe und Spezialisten in der Luft-und Raumfahrtmedizin. In ihrer Unwissenheit hatte sie erwartet, die Tests wären bloß hart. Die Wirklichkeit übertraf dann die schlimmsten Befürchtungen. Sie empfand die Untersuchungen als Qual: barbarisch, brutal, oftmals lächerlich, doch kaum wissenschaftlich.
    Bei der letzten Untersuchung, die freitags stattfand, stand eine Sigmoidoskopie auf dem Programm. Sie mußte sich selbst ein Klistier einführen. Dann legte sie sich auf eine Liege, und eine Ärztin schob ihr eine Sonde in den Hintern und dehnte den Darm. Sie schob die Sonde immer weiter hinauf.
    York war zu diesem Zeitpunkt ebenso erschöpft wie zornig, gleichermaßen erniedrigt und ängstlich. Es bedurfte einer enormen Willensanstrengung, diese letzte Zumutung über sich ergehen zu lassen.
     
    Vor San Antonio hatte sie die Sache auf die leichte Schulter genommen. Vielleicht, um Ben zu gefallen. Sie hatte es als ein Abenteuer betrachtet. Als amüsantes Kräftemessen zwischen ihr und der NASA – sie wollte sehen, wie weit sie kam, bevor sie rausflog.
    Nun war alles anders. Diese Investition in Schmerz und
    Erniedrigung sollte nicht umsonst gewesen sein.
    Die Bewerbung zurückzuziehen kam nun nicht mehr in Frage.
     

Die medizinischen Untersuchungsergebnisse stellten eine
    Unbedenklichkeitsbescheinigung dar. Sie hatte ›keine
    offenkundigen medizinischen und psychischen Probleme‹.
    Beruhigend, sagte sie sich. Das war eine Woche in der
    medizinischen Hölle wert gewesen.
    Dann wurde sie zum Vorstellungsgespräch nach Houston
    eingeladen.
     
    Das Flugzeug landete auf dem Houston Intercontinental. York ging zum Terminal und zum dort befindlichen Continental Airline Presidents’ Club. Sie stand vor einer einseitig
    verspiegelten Glastür. Auf ihr Klopfen hin öffnete ein NASA-Angestellter, ein kleiner, properer Mann in einem Blazer. Sie wies sich aus, und er führte sie hinein – aus dem Blickfeld der Presse? – und bot ihr eine Diät-Limonade an.
    Als die Kandidaten vollzählig waren – es war die Gruppe aus San Antonio –, wurden sie in einer Limousine zum Nassau Bay Hilton chauffiert.
    Als sie das klimatisierte Flughafengebäude verließ, schlug die feuchte Augusthitze ihr förmlich ins Gesicht; als ob der Boden dampfen würde. Obwohl es schon später Nachmittag war, schien die Sonne noch im Zenit zu stehen.
    Die Limousine fuhr zunächst auf der I-59 nach Süden, in Richtung Innenstadt, dann über eine Umgehungsstraße in südöstlicher Richtung auf der 610. Das Nassau Bay Hilton befand sich in der Nähe des JSC, über dreißig Kilometer außerhalb der Stadt an der I-45.
    Houston war eine in einer Ebene gelegene, wuchernde
    Ansiedlung. Die Stadt wirkte neu. Die Straßen waren modern und in gutem Zustand. Große, bunte Reklametafeln, welche die Schnellstraße säumten, stachen ihr ins Auge. Viele waren in spanischer Sprache beschriftet; immerhin wäre Texas einmal fast an Mexiko gefallen.
    Es gab nur wenige Anzeichen für das hier angesiedelte
    Raumfahrtprogramm: aufblasbare Raketen auf dem Gelände
    von Gebrauchtwagenhökern, eine Ladenzeile mit der
    ∗
    Bezeichnung ›Tranquility Plaza‹ und eine
    Basketballmannschaft, die ›Rockets‹.
    Jenseits des hitzeflimmernden Highways ragten die
    Wolkenkratzer wie Startrampen aus der Ebene.

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