Mission Ares
locker zu wirken, zu lächeln und ihnen in die Augen zu sehen. Alles, was ihr entgegengebracht wurde, waren kalte Blicke. Doch während sie von ihrer Arbeit sprach, wuchs ihre Zuversicht, und ein Teil der Ehrfurcht fiel von ihr ab. Diese Männer kochten auch nur mit Wasser. Sogar Joe Muldoon. Und wo sie die Prüfer nun mit diesem Bewußtsein betrachtete, wurde ihr bewußt, daß mindestens drei von ihnen sie diskret musterten, ihr auf den Busen und die Beine schauten.
Nach diversen Fragen wollte Jones wissen, nach welchen
Kriterien sie eine Landezone auf dem Mars auswählen würde.
Wieder so eine heikle Frage, doch ihre Zuversicht war
mittlerweile gestiegen. Sie schaute lächelnd in die Runde.
»Natürlich besteht mein Ziel in erster Linie darin, bei der ersten Mission ein erfolgreiches wissenschaftliches Programm durchzuführen«, sagte sie. »Deshalb ist der wissenschaftliche Wert der Landezone das ausschlaggebende Kriterium. Aber es ist auch offenkundig, daß die erste Landung extrem schwierig sein wird. Also müssen wir die Landezone primär nach dem Gesichtspunkt auswählen, eine sichere Landung für die Besatzung zu gewährleisten.« Sie leierte eine kurze Liste herunter: die Landezone müßte sich in einer weiten Ebene befinden, damit der Landeanflug nicht durch Berge beeinträchtigt würde. Die Windgeschwindigkeit müßte gering sein, man müßte eine Jahreszeit mit möglichst wenigen Staubstürmen wählen und so weiter.
»Wir müssen einen Wissenschaftler zum Mars schicken. Aber ein toter Wissenschaftler auf dem Mars würde uns nicht viel nützen.«
Das entlockte dem gestrengen Gremium zum erstenmal ein
Lächeln. Schließlich war das eine Reprise von Deke Slaytons berühmter Begründung seiner Politik, keine Wissenschaftler auf die frühen Apollo-Missionen mitzunehmen. Es war alles Teil der Botschaft, die sie ihnen vermittelte, in Wort, Gestik und Subtext. Ich bin eine Wissenschaftlerin, eine gute dazu, mit dem passenden Profil. Aber ich bin bereit, euch Jungs bei der Verwirklichung eurer Träume zu helfen. Mehr noch – ihr braucht mich, um diese Träume zu verwirklichen.
Nun wurden substantiellere Fragen an sie gerichtet.
»Doktor York, wären Sie bereit für eine zweijährige Reise zum Mars?«
»Ich… sicher. Natürlich nur, wenn realistische
Erfolgsaussichten bestehen. Hauptsächlich möchte ich aber aus wissenschaftlichen Gründen zum Mars fliegen. Und ich glaube, ich wäre vielleicht eher imstande, die Erfahrung zu artikulieren als…«
»Soll das nun ›ja‹ oder ›nein‹ heißen, Doktor?«
»Hä?«
»Ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Würden Sie zum Mars fliegen wollen?«
»Ich glaube schon. Ja.«
»Doktor York. Angenommen, ich sage Ihnen, die Chancen,
diese Reise zu überleben, stehen bei eins zu zwei. Wollen Sie dann immer noch fliegen?«
»Das ist gar nicht gesagt. Die Statistiken sind ungenau, und die Analysen…«
»Angenommen, ich wüßte es. Würden Sie immer noch
fliegen wollen?«
»Eins zu zwei?« Sei ehrlich, Natalie. »Auf keinen Fall. Ich würde, sagen wir, eins zu zwanzig akzeptieren, falls das gesichert wäre.«
»Eins zu zehn?«
»Wenn es gesichert wäre.«
»Und wie wollen Sie die Laufbahn als Astronautin und
Wissenschaftlerin überhaupt miteinander vereinbaren? Besteht hier nicht die Gefahr einer Konkurrenz?«
»Sicher. Aber das Entwicklungspotential überwiegt diese
Nachteile.« Auf dem Mars war die nächste Entdeckung schon in Sichtweite. Wie bei Darwin auf den Galapagos-Inseln …
»Aber ich müßte meine Karriere schon weiterverfolgen. Ich würde versuchen, zweigleisig zu fahren.«
»Wie soll das aussehen?«
»Vielleicht ein Drittel bis die Hälfte der Zeit sollte ich meinen Forschungen widmen.«
Chuck Jones beugte sich vor. Seine schwarzen Augen
schienen direkt in sie hineinzublicken. »Doktor York. Sie sind nicht verheiratet.«
Was, zum Teufel, soll das? »Nein, bin ich nicht.«
»Wie ist Ihre Meinung zur bevorstehenden Nationalen
Frauen-Konferenz?«
»…Was soll damit sein? Es tut mir leid, ich vermag nicht zu folgen…«
»Sie müssen wissen, daß sie im November hierher nach
Houston kommt. Soweit ich weiß, wird ein Umzug durch
Houston stattfinden – die First Lady, Billie Jean King… Wenn Sie dann hier sind und bei der NASA arbeiten, werden Sie dann an diesem Umzug teilnehmen?«
»Vielleicht. Wahrscheinlich nicht. Ich habe mit solchen
Dingen nicht allzu viel am Hut.«
»Werden Sie diese Konferenz unterstützen – passiv
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