Mission Clockwork: Angriff aus der Tiefe
zurücklassen. Ich dachte, Mitgefühl sei ein Grundpfeiler in Ihrem Icaria.«
Monturiol hob ihre Faust. »Sie sind nicht rein genug, um den Namen von Icaria in den Mund zu nehmen. Ich habe Ihnen einen Platz in einer vollkommenen Gesellschaft geboten. Und als Dank habe ich meinen kostbarsten Besitz verloren.«
»Quel drame!«, sagte Colette. »Und wie viele Menschen haben Sie schon geopfert? Sind wir zwei weitere, die auf der Strecke bleiben?«
»Sie kannten das Risiko eines Lebens als Spion.«
»Würde Ihr Vater uns hier zurücklassen?«, fragte Modo.
»Sprechen Sie nicht von meinem Vater!«, blaffte sie ihn an. »Tun Sie das nicht!« Sie schnappte sich Cerdàs Messer und wirbelte damit auf Modo zu. Er schloss die Augen, doch zu seiner Überraschung fielen die Fesseln von seinen Armen und Handgelenken ab. Seine Haut hatte dabei einige Kratzer abbekommen. Dann machte sie einen Schritt über ihn hinweg und er hörte Colette einige Male gequält ächzen. Monturiol ging spürbar leichtfertig mit der Klinge um. Während sie noch mit Colettes Fesseln beschäftigt war, wühlte Modo mit tauben Fingern in seiner Tasche und zog die Maske hervor. Eine Hand kam ihm zu Hilfe. Es war Cerdà. »Jetzt hält sie«, erklärte er, über ihn gebeugt. Dann zog er Modo auf die wackeligen Beine. Wegen seiner Haare konnte Modo nichts unternehmen. Sie würden bald in Büscheln ausfallen, aber vielleicht wurden sie ja von der Netzmaske festgedrückt. Colette trat neben ihn. Sie schien zwar ebenso erschöpft zu sein wie er, doch sie stand fest auf den Beinen.
»Wir werden sehen, wie viel Ihr Wort wert ist«, sagte Monturiol. Das Messer hielt sie noch immer fest umklammert, als wollte sie es jeden Augenblick einem von ihnen ins Herz bohren. »Schwören Sie, dass Sie uns helfen, die Ictíneo zu befreien?«
»Was bekommen wir dafür von Ihnen?«, fragte Colette wie aus der Pistole geschossen.
»Ihr Leben«, antwortete Monturiol.
»Das genügt nicht«, sagte Modo. »Wohin bringen Sie uns, nachdem wir Ihnen geholfen haben?«
»Ich werde Sie in Island absetzen. Mehr kann ich nicht versprechen. Also, schwören Sie?«
»Ich schwöre«, erklärten Modo und Colette gleichzeitig.
»Was wird aus unseren Genossen?«, fragte Monturiol an Cerdà gewandt. »Sie sind mittschiffs eingesperrt.«
»Wir haben eine schwere Entscheidung zu fällen«, erwiderte Cerdà. »Nur mit Glück habe ich es geschafft, zu Ihnen vorzudringen. Wenn wir versuchen, die übrigen Genossen zu befreien, wecken wir das ganze Hornissennest an Soldaten und wir haben nichts erreicht. Außerdem ist auf der Filomena nur für einige wenige Platz.«
Monturiol nickte. »Die Entscheidung ist damit klar. Wir müssen zunächst Neu-Barcelona schützen und anschließend versuchen, die Genossen zu befreien. Wir alle haben einen Eid darauf geschworen, Icaria zu verteidigen. Sie werden das verstehen.«
Modos Magen zog sich zusammen. All die Genossen auf dem Schiff im Stich lassen! Er wollte sich nicht ausmalen, was Hakkandottir ihnen antun würde.
Cerdà öffnete die Tür und spähte hinaus. Modos Herz pochte. Er rechnete damit, jeden Augenblick Griffs Gelächter zu hören und dass ihre Chance zu fliehen hinfällig würde. Aber Cerdà gab ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen, und wenig später stiegen sie über eine Treppe zum Deck der Lindwurm hinauf.
Cerdà hatte in einem dunklen Winkel backbord, nur wenige Schritte von dem Aufgang entfernt, einen Enterhaken zurückgelassen. Lautlos kletterten sie an dem daran befestigten Seil die Außenseite des Schiffes hinunter. Modo hatte wenig Kraft in den Armen und fürchtete, ins Wasser zu fallen. Als er endlich die Füße auf das Deck der Filomena setzte, senkte sich das Boot ein wenig. Es war viel kleiner als die Ictíneo und erinnerte eher an ein Beiboot. Modo quetschte sich hinter Colette durch die Luke ins Achterschiff. Bei jeder Bewegung schaukelte die Filomena . Im Inneren roch es feucht. Genosse Garay hielt mit einer Hand das Steuerrad und überprüfte verschiedene Skalenanzeigen und Schalter. Er nickte Modo zu.
»Setzt euch«, flüsterte Cerdà. »Alle beide. Und stellt die Füße auf die Pedale.«
Sie gehorchten.
»Genosse Garay«, sagte Monturiol und legte ihm die Hand auf die Schulter, »bitte gehen Sie auf zehn Meter Tiefe.« Das Schiff tauchte ab und alle traten in die Pedale.
38
Heimliche Übernahme unter Wasser
I n der engen Kabine stank es nach Schweiß. Nach dem gerade Erlebten verfolgte Modo die Angst, nicht genug Luft
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