Mission Clockwork, Band 3: Mission Clockwork, Duell in der Ruinenstadt
gebeugt. Und je mehr sich sein Körper krümmte, desto mehr zog er sich in sich zurück.
Um auf andere Gedanken zu kommen, blickte sie auf die Landschaft hinunter, die sich, von Flüssen und Straßen durchzogen, wie eine riesige Landkarte ausbreitete. Mr Socrates hatte sie mit dem Teekochen beauftragt, und dafür sollte sie den Teekessel über dem heißen Dampf des Motors erhitzen. »Ich bin verflucht noch mal kein Steward!«, hätte sie am liebsten protestiert, aber wenigstens hatte sie etwas zu tun.
Als der Tee fertig war, rief Mr Socrates alle zum Bug des Schiffes. Octavia brachte das Tablett mit Tassen, Graham-Crackern und der dampfenden Kanne. Sie fluchte leise, als sich der Saum ihres Kleids in der Korbwand verfing. In dieser Gondel musste sie sich schrecklich vorsichtig bewegen.
Während sie den anderen einschenkte, wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie alle am selben Ende standen und die Gondel trotzdem völlig waagerecht in der Luft lag. Hätte der Korb nicht kippen und die gesamte Besatzung in den Tod stürzen müssen?
Ihre Überlegungen wurden von Lizzie unterbrochen. »Gibt’s keinen Kaffee?«, knurrte sie.
»Das Aroma von Kaffee würde uns nur die Aussicht verderben«, erwiderte Mr Socrates und atmete tief ein. »Potz Blitz! Ich sage euch, ich fühle mich zehn Jahre jünger.«
»Sie sehen auch so aus, Sir«, sagte Modo.
Manchmal war er wirklich ein kriecherischer Schleimer, stellte Octavia fest. Ein ordentlicher Schlag auf den Kopf würde ihn vielleicht kurieren.
»Dann fühlen Sie sich also wie neunzig, Sir?«, fragte Octavia zuckersüß.
Die Bemerkung entlockte Mr Socrates ein Lächeln und, was noch erstaunlicher war, Tharpa brach in schallendes Gelächter aus. Und sie hatte schon geglaubt, der Mann sei so humorlos wie ein Stein. »Schön, wie du dich um Schlagfertigkeit bemühst, Octavia«, sagte Mr Socrates. »Ich war einfach schon viel zu lange nicht mehr draußen im Einsatz. Ich hatte ganz vergessen, wie belebend das ist.«
Kurz hatte Octavia den Mann vor Augen, der er vor vielen Jahren einmal gewesen sein musste. Ein junger Offizier. Ein Eroberer. Kein Wunder, dass Britannien den Großteil der Welt beherrschte, wenn Tausende Männer von ähnlichem Kaliber als Entdecker aufgebrochen waren.
Mr Socrates schlug Tharpa auf den Rücken. »Das erinnert mich an unsere Zeit in Afrika, weißt du noch?«
»Selbstverständlich, Sahib.«
»Wir sind in Australien! Und wir bereisen das Land in der Luft, man stelle sich das vor. Wir kommen viel schneller voran, als ich erwartet habe«, rief Mr Socrates mit lauter Stimme, um den Lärm des Motors zu übertönen. »Dank des Propellers, den ich entwickelt habe! Oh, und natürlich dank Lizzies Navigationstalent. Du scheinst die Windströmungen hier oben förmlich zu wittern. Du hast hervorragende Arbeit geleistet.«
»Ein Kaffee wäre schön gewesen«, schnaubte Lizzie und kippte den letzten Schluck Tee hinunter.
Alle kehrten auf ihre Plätze zurück. Octavia hatte nicht viel zu tun. Sie ging auf und ab und beobachtete den Himmel und das Land unter ihnen. Sie wusste, dass sie sich mit hoher Geschwindigkeit fortbewegten, doch es schien, als kämen sie überhaupt nicht von der Stelle.
Gelegentlich beobachtete sie verstohlen, wie Lizzie das Steuerrad bewegte und an den verschiedenen Hebeln hantierte. Nur von wenigen Apparaten kannte Octavia den Zweck. Sie ertappte sich dabei, wie ihr Blick immer wieder an Lizzies Gesichtstätowierung hängen blieb. Ohne sie wäre Lizzie eine schöne Frau gewesen, wenn auch von herber Ausstrahlung. Es bedurfte einigen Muts, sein Gesicht dauerhaft auf diese Weise zu zeichnen, zu sagen: »So bin ich, akzeptiere es oder schieb ab.«
Ihr kam das Päckchen in den Sinn, das Mrs Finchley ihr mitgegeben hatte, und sie kramte in ihrem Rucksack, um es hervorzuholen. Als sie das Geschenk auspackte und erkannte, um was es sich handelte, konnte sie ein Kichern nicht unterdrücken.
Eine Hose! Perfekt gearbeitet und khakifarben. Sie war aus weicherem Stoff, als ihn ein Mann wählen würde, aber es war eine Hose! Sie las den beiliegenden Brief in Mrs Finchleys sauberer Handschrift:
Liebe Tavia,
ein Kleid ist an Bord eines Luftschiffes fehl am Platz. Mit einer Hose wirst Du ungezwungener und sicherer reisen. Aber lege bitte Deine elegantere Kleidung umgehend wieder an, sobald Du erste Zeichen von Zivilisation siehst.
Es grüßt Dich
Mrs Finchley
Ach, wie würde sie Mrs Finchley bei ihrem Wiedersehen umarmen.
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