Mission Clockwork
ihrer Pläne.«
»Wo befindet er sich jetzt?«
»In einer Zelle im Tower of London. Deshalb bin ich hier. Hast du dich an weitere Namen auf der Liste erinnert?«
»Nein«, erwiderte Modo. »Es ⦠es tut mir leid.«
»Mach dir keine Sorgen. Wie geht es dir heute?«
»Ich bin nur noch etwas mitgenommen, Sir«, log er.
»Nun, ich fürchte, mehr Ruhe kann ich dir derzeit nicht gewähren. Du musst für mich von deiner Verwandlungsfähigkeit Gebrauch machen. Und wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Mr Socrates holte ein minuziös ausgeführtes Porträt aus seiner Mappe. Es zeigte einen Beefeater, einen der Torwächter des Londoner Towers, in Uniform. »Du musst die Gestalt dieses Mannes annehmen. Sein Name ist Jonathan York, ein Sergeant des Tower of London. So kannst du persönlich mit Oscar Featherstone sprechen.«
»Aber können Sie es nicht einrichten, selbst mit ihm zu reden?«
Mr Socrates lachte. »Ganz sicher nicht. Die Vereinigung, der ich angehöre, ist so geheim, dass selbst in der Regierung nur wenige von unserer Existenz wissen. Die Queen ahnt etwas, Premierminister Gladstone ebenfalls, aber es ist besser für sie, wenn sie nicht zu viel wissen.«
»Hat Ihre ⦠unsere Vereinigung einen Namen?«
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Mr Socratesâ Lippen. »Ja.«
»Ich verstehe. Er ist geheim.«
»Je weniger du weiÃt, desto besser.« Er trat einen Schritt vom Tisch zurück. »Wie dem auch sei, heute Nacht wird der echte Mr York zu Hause seine Dienstschicht verschlafen. Dafür haben wir gesorgt. Du wirst seinen Platz im Tower einnehmen.«
Nachdem Mr Socrates gegangen war, holte Modo tief Luft. Jeder Zentimeter seines Körpers schmerzte. Er musste sich dazu zwingen, in eine andere Gestalt zu schlüpfen. Es gab nur eines, was schlimmer war als dieses schmerzhafte, anstrengende Unterfangen: bei der Ausführung des Auftrags zu versagen.
Â
19
Â
Im Tower of London
Â
Â
M odo überquerte die London Bridge, gekleidet in die dunkelblaue, mit roten Einfassungen versehene Uniform der Wachen des Towers. Auf seiner Brust prangte das königliche Abzeichen. Der Beefeater-Umhang war dick und die Uniform roch nach Schweià und Mottenkugeln. Er tupfte sich die Stirn mit seinem Taschentuch ab. Modo hatte das Porträt von Jonathan York genau studiert und es war ihm gelungen, sich zu Mr Socratesâ Zufriedenheit in ihn zu verwandeln. Allerdings waren seine Unterarme aufgrund der Verbrennungen von wulstigen Blasen bedeckt. Tharpa hatte sie noch einmal mit einer dicken Salbe und Verbänden bedeckt und Modo verbarg sie nun unter den langen Ãrmeln seiner Jacke.
»Sollte dich irgendjemand fragen, dann erzähle, du seist im Pub gestürzt«, wies ihn Mr Socrates an.
Eine weitere Schwierigkeit hatte der Backenbart dargestellt: Was den Bartwuchs anging, so setzte sein Alter der Verwandlungsfähigkeit Grenzen. Erst in einigen Jahren würde er ihn wachsen lassen können. Also hatte Tharpa ihm falsche Haarteile auf die Wangen geklebt. Sie kratzten an seinem Gesicht und der Schweià lieà sie wie tote Ratten stinken. Modo fragte sich, aus was für einem Haar sie wohl gefertigt waren.
Er warf einen Blick über das Brückengeländer auf die Themse. Die Lichter einiger Boote tanzten geisterhaft über dem Wasser. Modo hatte früher schon auf dieser Brücke gestanden und die Kinder und Frauen beobachtet, die bei Ebbe da unten das schlammige Flussbett nach Kohle, alten Seilen und anderem Unrat absuchten, der sich für ein oder zwei Penny verkaufen lieÃ. Es war ein harter, elender Weg, um sein Leben zu bestreiten.
Obwohl es fast halb neun Uhr abends war, drängten sich auf der Brücke StraÃenhändler mit Körben voll Obst und Gemüse, Büroangestellte auf dem Heimweg und Paare, die sich in Schale geworfen hatten. Wippende Zylinder ragten hie und da aus der Menschenmenge heraus. Modo bahnte sich seinen Weg. Die meisten Leute traten angesichts seiner Achtung gebietenden Uniform respektvoll beiseite.
Nachdem er die Brücke hinter sich gelassen hatte, ging er die StraÃe entlang auf sein Ziel zu. Der Tower of London war in Wirklichkeit nicht nur ein Turm, sondern ein Komplex mit mehreren Türmen. Die Mauer, die ihn umgab, war so dick und hoch, dass selbst Modo es nicht für möglich hielt, darüberzuklettern. Die
Weitere Kostenlose Bücher