Mission Clockwork
jetzt entsann er sich, dass er einen langen Gang entlanggeführt worden war, in dem Abwässer schwappten, und man ihm später einen Trank angeboten hatte. Er hatte ihn abgelehnt und dann doch getrunken. Warum? Der Geschmack der Flüssigkeit war ihm vertraut gewesen, er hatte sie nicht zum ersten Mal getrunken.
Die Kutsche machte auf dem Vorplatz der Houses of Parliament halt und Stafford öffnete die Tür. Oscar stieg aus, blickte nach rechts und links. Bürodiener auf Botengängen eilten geschäftig vorbei, Anwälte warteten auf ihre Klienten, auch ein paar einfache Leute waren zu sehen und mehrere königliche Wachen. Sie erkannten ihn. Oscar nickte einem Gardisten zu, schritt zügig an allen vorüber und betrat das Parlamentsgebäude.
Der Sekretär seines Vaters, Mr Ackroyd, saà im Büro hinter einem Mahagonischreibtisch, der unter sauber gestapelten Dokumenten nahezu verschwand.
»Der junge Mr Featherstone! Was verschafft uns das Vergnügen?«, fragte er und hielt mit dem Federhalter über dem Schriftstück inne, an dem er gerade arbeitete.
»Ich muss meinen Vater sehen«, sagte die Stimme aus Oscars Mund.
»Nun, er ist in einer Sitzung. Er müsste in wenigen Minuten zurück sein.«
»Es geht um eine Angelegenheit von gröÃter Wichtigkeit.«
»Und welcher Art, Eure Lordschaft?«
»Eine private Angelegenheit.«
Mr Ackroyd nickte. »Dann informiere ich ihn umgehend und sehe, ob er die Sitzung verlassen kann. Würdenträger der Fante sind zu Gast. Bitte warten Sie hier.«
Oscar wartete, während Mr Ackroyd langsam eine Treppe hinaufstieg. Er wollte ausrufen: Ich bin ein Betrüger! Ich bin ein Betrüger! Stattdessen drehte er Däumchen. In seinen Ohren war ein merkwürdiges Geräusch.
Ein Summen. Er summte.
Sein linker Daumen schmerzte. Als er nach unten blickte, stellte er fest, dass er ihn mit seinem Fingernagel blutig geritzt hatte. Mit der anderen Hand zog er ein Taschentuch hervor und wickelte es um die Wunde.
Die Wunden weckten Bilder der vergangenen Nacht, als würde er durch einen dünnen Schleier zurückblicken. Er war einer Frau begegnet, einer sehr schönen Frau. Und einem Doktor, den die Frau als einen der genialsten Chemiker des Jahrhunderts bezeichnet hatte. Oscar hatte gestutzt, denn der Name des Mannes sagte ihm nichts.
Der Doktor hatte ihm ein Elixier angeboten, das er trank. AnschlieÃend sprach die Frau mit ihm, aber er hatte das Gefühl, als sei er nicht der Einzige gewesen, der die Mitteilung hörte.
Und jetzt wartete er hier auf seinen Vater. Er störte eine Sitzung, die â da Ackroyd die Fante erwähnt hatte â mit Südafrika zu tun haben musste.
»Oscar!« Sein Vater polterte mit funkelnden Augen die Wendeltreppe herunter. Der Stoff seines Anzugs spannte über seinen breiten Schultern. Er benutzte einen Gehstock, um sein Bein zu entlasten, das im Krimkrieg verletzt worden war. »Warum bist du hier?«
»Vater.« Oscar war erstaunt, wie hohl seine Stimme klang. »Vater, etwas sehr Schlimmes ist passiert.«
Bei diesen Worten zog Lord Featherstone eine Augenbraue hoch. »Was?«
»Wir müssen unter vier Augen reden.« Oscar blickte rasch zu Mr Ackroyd hinüber, der an seinen Schreibtisch zurückgekehrt war.
»In Ordnung. Komm. Komm.« Sein Vater geleitete ihn die Wendeltreppe hinauf, die an einem Fenster vorbei in das darüberliegende Stockwerk führte. Die Sonne schien durch das Buntglas, doch die Schatten, die auf das Gesicht seines Vaters geworfen wurden, lieÃen ihn so streng aussehen wie immer. »Ich hoffe, die Angelegenheit ist tatsächlich wichtig. Ich habe zu arbeiten. Das weiÃt du.«
»Warte, Vater.«
Sein Vater blieb stehen. »Du hast dich an der Hand verletzt.«
»Das ist eine Lappalie im Vergleich zu dem, was unsere Feinde erwartet.«
»Unsere Feinde? Wovon redest du, Oscar?«
»Wir werden sie mitten ins Herz treffen.«
»Oscar! Was ist das für ein Geschwätz? Bist du ganz du selbst?«
Nein! , schrie Oscar innerlich. Ich bin NICHT ich selbst! Aber sein Mund bewegte sich nicht. Die Silhouette seines Vaters wurde von dem dahinterliegenden groÃen Fenster umrahmt.
»Das ist für die Clockwork Guild!« Oscar zog die Pistole aus der Tasche und richtete sie auf seinen Vater.
»Oscar. Das ist ein ausnehmend dummer Scherz.«
»Das ist für die
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