Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
eine für ihn typische Motivstruktur, jeder Spieler tickt anders, reagiert unterschiedlich auf Kritik oder Druck. Deshalb muss ich meine Spieler gut kennen und sie zwar fair und gerecht, aber doch typgerecht behandeln. Meine Aufgabe als Trainer ist es, sicherzustellen, dass das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile ist. Dazu muss ich ein Maximum an Einsatz und Engagement von jedem Einzelnen bekommen und ich muss im Team eine gut funktionierende Chemie entwickeln. Das Fingerspitzengefühl, das ich dabei benötige, brauche ich auch bei dem Verhängen von Strafen.
Als ich bei Leverkusen Trainer war, flogen zwischen John Johnson und Christian Welp die Fäuste. Freunde waren die beiden ohnehin nie. Sie konnten sich nicht richtig riechen. In einem Trainingsspielchen hatte es schon mehrfach kleinere Kabbeleien zwischen ihnen gegeben. Als dann Johnson zum Korb hochstieg und Welp ihn überhart in der Luft attackierte, knallte es und Johnson verpasste Welp einen kräftigen Haken. Das kann passieren, kommt immer mal wieder vor. Wichtig sind dann nur zwei Dinge: gutes Konfliktmanagement und dass die Angelegenheit in der Familie bleibt. Sofort sind wir dazwischengegangen und haben die beiden getrennt. Aber wir haben keine große Szene daraus gemacht. Wir haben beide aus dem Spiel genommen, sie weit voneinander weggesetzt und nur darauf geachtet, dass es nicht weiter zwischen ihnen knallt. Man braucht nicht immer eine große Mannschaftssitzung, um Dinge zu besprechen. Das war kein Problem des gesamten Teams, es war lediglich ein Problem zwischen den beiden.
Eigentlich hätte man beiden Spielern eine heftige Geldstrafe aufbrummen müssen. 500 Euro pro Kopf, vielleicht mehr – um ein Zeichen zu setzen, dass so etwas nicht geht. Aber neben der beabsichtigten Wirkung, nämlich dass ein erneuter Übertritt der Regeln nicht mehr vorkommt, gibt es auch immer noch die unbeabsichtigten Konsequenzen. Welp hielt Johnson für schuldig, für Johnson war es natürlich umgekehrt. Nach einer einfachen Geldstrafe hätte Welp das Gefühl gehabt: »Der Arsch haut mir erst in die Fresse und jetzt muss ich seinetwegen auch noch zahlen.« Eine einfache Geldstrafe hätte für beide die Sache gefühlsmäßig noch verschlimmert. Statt deeskalierend zu wirken, hätte sie zu noch mehr Unstimmigkeiten geführt. Deshalb habe ich beide dann dazu verdonnert, die Mannschaft zum Essen einzuladen. So hatten nicht nur alle etwas davon, nämlich einen ausgelassenen Abend, auch die Schärfe war rasch aus dem Konflikt genommen.
Streit kommt in den besten Familien vor. Man kann ihn gar nicht verhindern. Darum geht es auch nie. Streit muss aber in der Familie und somit bei uns in der Kabine bleiben. Und er muss sauber und fair gelöst werden. Johnson und Welp haben ihren Frust abgelassen, sind anschließend aber professionell miteinander umgegangen. Sie mussten auch abends kein Bier miteinander trinken gehen, sie mussten sich nur auf dem Spielfeld vertrauen. Und das taten sie auch. Ein Konflikt ist wie ein Topf voll kochendem Wasser. Lange brodelt es – und irgendwann kommt es zur Explosion und der Deckel fliegt hoch. Bei Johnson und Welp hatte es gewaltig geköchelt, die Explosion aber blieb aus, weil wir den Konflikt intern lösen konnten, ohne ihn auf die restliche Mannschaft überspringen zu lassen.
Doch manchmal ist es nicht so einfach. Meine härteste Entscheidung als Familienoberhaupt war es, DeJuan Collins im Dezember 2006 in Bamberg zu entlassen. Einige Male schon hatte er sich, ohne dass ich es allerdings wusste, respektlos seinen Mannschaftskollegen gegenüber verhalten. Als er dann auch noch angetrunken zur Abfahrt zu einem Europacup-Spiel kam, war mir klar: Der Kerl ist das Problem dieser Mannschaft. Er zerstört alles. Er macht uns kaputt. Reden hat da keinen Sinn mehr. Drei Tage überlegte ich, was zu tun war. Auf der Fahrt zum Bundesligaspiel nach Leverkusen reifte dann mein Entschluss. Ich habe ihn nach der Ankunft zu mir ins Hotelzimmer bestellt und ihm gesagt: »Deine Karriere ist hiermit in diesem Verein beendet. Ich will, dass du auf der Stelle zurück nach Bamberg fährst, deine Sachen packst und die Stadt verlässt. Ich will dich nie wieder sehen.« Wir haben ihn gleich zum Bahnhof nach Köln gebracht und zurückfahren lassen. Jeder weitere Tag mit Collins hätte uns weiter von unserem Ziel entfernt. Auch heute bin ich noch fest davon überzeugt: Hätte ich weiter Geduld mit diesem Spieler gehabt, wären wir in jener Saison ganz sicher
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