Mission Erfolg - Meine Vision mein Plan mein Weg
schlechtestbezahlte Meistertrainer der Basketballbundesliga. Aber es ging mir auch nicht darum, möglichst viel Geld aus Otto rauszuquetschen. Genauso wenig ging es mir darum, dem nächstbesten Angebot hinterherzulaufen. Wegen der Erkrankung meines Vaters kam ein Vereinswechsel 1994 sowieso nicht infrage. Aber auch wenn er topfit gewesen wäre, hätte ich den Schritt in die stärkste Liga Europas nicht gemacht. Ich wusste, dass ich mit Leverkusen noch nicht am Ende war. Ich wusste, dass ich mich noch weiterentwickeln konnte. Ich bin der Überzeugung, dass es in der Karriere nicht immer nur vornehmlich um Geld gehen sollte. Manchmal sind Entwicklungsmöglichkeiten wichtiger. Sie sind es, die dein Know-how bereichern und dich am Ende stärker machen. Man sollte sie daher als Investment in den eigenen Werdegang betrachten. Und wenn man gut ist, regeln sich finanzielle Dinge sowieso von ganz alleine.
Aber man darf auch nicht zu lange an etwas festhalten. Genau das passierte mir in Leverkusen. Eigentlich war klar, dass 1996 das Ende der Erfolgsserie erreicht war. Die Mannschaft würde, das stand wegen des Bosman-Urteils fest, auseinanderbrechen. Der Europäische Gerichtshof hatte nämlich 1995 entschieden, dass Profisportler in der Europäischen Union nach Ende des Vertrages ablösefrei zu einem anderen Verein wechseln dürfen. Damit gab es für die Vereine keine hohen Ablösesummen mehr. Und die Gehälter explodierten. Während Topspieler in Deutschland 250 000 Mark brutto verdienten, bekamen sie plötzlich in der griechischen Liga 700 000 Dollar – und zwar netto. Aus der Meistermannschaft blieben nur noch drei Spieler übrig. Das Team musste neu aufgestellt werden.
Zudem waren zwischen mir und dem Präsidium über die Jahre hinweg auch bereits einige irreparable Abnutzungserscheinungen aufgetreten. Irgendwann hast du als Trainer mit dem Vorstand, deinem Präsidium und den Angestellten auf der Geschäftsstelle so viele Konflikte ausgetragen, dass kleine Narben bleiben, die dich hässlich erscheinen lassen und die Zusammenarbeit erschweren. In jeder Trainerkarriere gibt es – egal, wie hart du arbeitest – den Zeitpunkt, an dem deine Zeit abgelaufen ist, an dem die Mannschaft einer neuen Handschrift bedarf. Doch ich wollte es nicht wahrhaben. Ich wollte den Neuaufbau mitgestalten, fühlte mich zu stark mit dem Verein verbunden, um zu gehen. Ich klammerte mich an den romantischen Glauben, dass mich dieser Klub weiter brauche, ich ihn nicht im Stich lassen dürfe. Ich führte ihn noch immer mit ganzem Herzen. Doch ohne Erfolg. Die Mannschaft geriet 1998 fast sogar in Abstiegsnot. Wir hatten auf junge deutsche Spieler gesetzt. Nach einer erneuten Niederlage gegen Braunschweig hatten meine Spieler gerade mit dem Krafttraining angefangen, als Otto zu mir kam und meinte, wir müssten unbedingt reden. Es regnete. Grauer Himmel. Wie passend. »Wir werden deinen Vertrag am Ende der Saison nicht verlängern«, platzte es gleich aus ihm heraus. Wahrscheinlich wollte er die Nachricht endlich loswerden, die ihn selbst gequält hatte. »Komm doch bitte später in mein Büro, damit wir in Ruhe reden können.«
Doch ich ging nicht zu ihm. Stattdessen trat ich sofort vor die Mannschaft und teilte es ihnen mit. Ich hoffte, dass sie sich aus Sympathie um mich scharen und für mich kämpfen würden. Es war wieder einer dieser Momente, wo ich mit einer meiner grundlegenden Überzeugungen brach. Sie besagt: Über gravierende Dinge muss man zunächst eine Nacht schlafen. Es bringt nichts, spontan, emotional geladen und unbedacht solche Gespräche zu führen. Wenn man als Führungskraft vor seiner Mannschaft steht, ohne vorher in sich gegangen zu sein, kann es schnell passieren, dass man sich in Rage redet und Dinge sagt, die schädlich sind und die man nur sehr schwer zurücknehmen kann. Aus diesem Grund habe ich mir auch angewöhnt, nach besonders bitteren Niederlagen nicht mehr sofort zur Mannschaft zu sprechen. Sie soll wissen, dass mir das verlorene Spiel wehtut und mich beschäftigt. Aber als Trainer ist es vor allem meine Aufgabe, am nächsten Tag eine Lösung zu präsentieren und nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen.
Doch ebendiese war ich in Leverkusen. Ich ging, wie gesagt, nicht zu Otto ins Büro. Auch nicht am nächsten oder übernächsten Tag. Es fühlte sich an, wie wenn mir jemand mein Baby weggenommen hätte. Ich war, wie später in Griechenland, wie ein angeschossener Löwe, habe wild um mich gebissen, anstatt mir
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