Mission Munroe 03 - Die Geisel
schon etwas einfallen.«
Ob diese Worte Neeva erreicht hatten oder nicht, jedenfalls riss sie sich los, griff mit der freien Hand nach dem Türgriff und zog daran. Die Tür sprang einen Spalt weit auf. Da Munroe nicht gleichzeitig Neeva unter Kontrolle bringen und fahren konnte, griff sie mit beiden Händen nach der jungen Frau. Einen Augenblick später entschied sie sich, den gesamten Körper einzusetzen.
Sie nahm die Füße von Kupplung und Bremse.
Der Wagen machte einen kleinen Satz, sodass er leicht gegen das vor ihnen stehende Auto stieß.
Sie verdrehte Neeva den Arm. Legte ihr die zweite Hand auf die weiter entfernte Schulter, zwängte ein Knie unter dem Lenkrad hervor und versetzte Neevas Hüfte damit einen kräftigen Stoß. Durch ihr Gewicht und ihre Größe war sie Neeva überlegen, trotzdem gab das Mädchen nicht auf. Im Sekundenabstand bäumte sie sich auf, kratzte, biss und fing schließlich an zu brüllen, dass einem das Blut in den Adern gefrieren konnte.
Es waren nur wenige Fußgänger auf der Straße, aber einer hätte vollauf genügt. Häuser mit geöffneten Fenstern, Terrassen mit offenen Türen, nur ein einziger, neugieriger Schaulustiger, und die ganze Sache war beendet. Munroe lehnte sich zurück und schlug Neeva mit voller Wucht und fast schon bösartig mit der flachen Hand ins Gesicht.
Neeva reagierte geschockt, riss die Augen weit auf, blinzelte, rang um Atem und verstummte. »Halt die Klappe«, zischte Munroe. »Und bleib sitzen. Ich überlege mir was, okay?«
Kapitel 26
Sie fuhren über die nördliche Grenze auf monegassisches Gebiet, was einzig und allein an der unterschiedlichen Beschilderung und der sehr viel höheren Häuserdichte zu erkennen war.
Das GPS -Gerät lenkte sie nach Süden, an der Küste entlang, über makellose Straßen, die von Bäumen und herrlichen Gärten gesäumt wurden, vorbei am Strand von Larvotto, vorbei an wunderschönen Häusern in unterschiedlichen Architekturstilen sowie etlichen Wohnblocks, die ihre kleine Grundfläche durch größere Höhe wettzumachen versuchten, vorbei an unzähligen Überwachungskameras und schließlich in die Nähe des Japanischen Gartens, genauer: in eine Tiefgarage nicht weit von ihrem endgültigen Ziel entfernt.
Es war Lumani bestimmt nicht leichtgefallen, sie dort reinzuschicken – auch wenn er die notwendigen Beziehungen besaß, um die Bilder der Überwachungskameras zu bekommen –, nicht mit all den versteckten Ecken und Pfeilern und parkenden Autos, die ihr nervenaufreibendes Versteckspiel mit ihm treiben konnten. Aber in einem Stadtstaat, wo jeder Quadratmeter ein Vermögen kostete, war es nahezu unmöglich, am Straßenrand zu parken. Daher war die Tiefgarage die einzige Möglichkeit, um das Auto loszuwerden und die Lieferung zu vollenden.
Munroe fuhr in die Einfahrt, zog ein Ticket und fuhr durch die geöffnete Schranke, tauchte ein in eine Unterwelt, die die Menschen dem Meer abgetrotzt hatten, hell erleuchtet und noch nicht bis zum Rand gefüllt mit all den Metallkarossen, die im Laufe des Tages noch kommen sollten.
Wie auf Kommando fing das Handy an zu piepsen.
Sie überflog die SMS , legte das Handy in den Schoß und fuhr an langen, nur sporadisch belegten Reihen vorbei, noch eine Ebene tiefer, bis zu den leeren Stellplätzen, die am weitesten von den begehrten Parkbuchten bei der Einfahrt entfernt lagen.
Überwachungskameras beobachteten auch hier, ebenso wie draußen auf der Straße, das Geschehen. Munroe fuhr im Schritttempo weiter, suchte nach toten Winkeln und stellte sich schließlich – unter den gegebenen Umständen die vermutlich beste Möglichkeit – neben einen Mitsubishi Pajero. Zumindest würde der Wagen sie durch seine Höhe ein wenig abschirmen.
Sie schaltete die Zündung aus. Das war das Ende der Fahrt.
Das letzte Stück Weg mussten sie zu Fuß zurücklegen, weithin sichtbar, in der Öffentlichkeit. Munroe legte das Parkhausticket ins Handschuhfach und den Schlüssel unter die Sonnenblende, wie verlangt. Während Neeva noch mit starrem Blick dasaß und auf irgendeinen Ratschlag oder eine Neuigkeit wartete, holte Munroe den Rucksack von der Rückbank, schnappte sich das Navigationsgerät und steckte es ein. Hielt inne, um zumindest einen kurzen Blick auf Neeva zu werfen.
Die zerrissene Strumpfhose war schon auf der Fahrt nach Genua durch eine neue ersetzt worden, und obwohl Neevas Augen geschwollen waren und langsam auch schwarze Ringe zu sehen waren, sah sie dank des aufgefrischten
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