Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
Vom Netzwerk:
blinzeln. Der Puppenmacher hatte seinen Zug gemacht. Jetzt war sie an der Reihe.
    Das Signal war schwach, und die Seite, auf die der Link führte, den Lumani ihr geschickt hatte, lud nur sehr langsam und ruckweise. Der kleine Kreis auf dem Display drehte und drehte sich, lud und lud, während die Faust in Munroes Brust immer fester zupackte, die Finger sich um ihr Rückgrat schlangen, ihr das Herz zerquetschten, bis der Schmerz so groß war, dass sie kaum mehr atmen konnte. Und die Stimmen, immer wieder die Stimmen, im Einklang mit dem Pochen ihres Pulsschlags, die sie drängend aufforderten, endlich gewalttätig zu werden, bis dann schließlich, endlich, das Video vollständig geladen war und als Standbild auf den Startbefehl wartete.
    Logan.
    Wirklich und wahrhaftig am Leben.
    Der Clip dauerte gerade mal eine Minute, aber Logan war zweifelsohne am Leben – oder war es zumindest gewesen, als die Aufnahme gemacht worden war. Fürchterlich zugerichtet, aber er atmete noch. Die blonden Haare verklebt mit geronnenem Blut, das Gesicht geschwollen und fleckig. Seine eigentlich grünen Augen sahen aus wie Oliven in Tomatensoße. Bis auf die Matte, auf der er lag, war nicht viel von dem Zimmer zu erkennen, aber es wirkte alles sehr eng, und wenn sich aus dem Ton überhaupt etwas schließen ließ, dann dass die Wände hoch waren und nicht aus Gipskarton bestanden.
    Logan lag seltsam schief da und sprach in die Kamera, ohne sie jedoch wirklich anzusehen. »Michael«, sagte er und hielt kurz inne, rang um Atem, und dann noch einmal, wie um sich daran zu erinnern. »Hier kommt eine Nachricht für dich.« Seine Worte klangen verzerrt und verstümmelt, wozu auch die schlechte Verbindung ihren Teil beitrug. »Sie sagen, dass du in Italien bist, nicht in Dallas«, sagte er. »In einem Auto auf einer Landstraße. Du hast gegen einen Mann gekämpft und ihn schwerer verletzt als er dich. Neben dir sitzt ein Mädchen. Sie haben gesagt, dass das die Beweise sind, die du verlangst.«
    Er unterbrach sich erneut, schien zwischendurch immer wieder kurz abwesend zu sein. Das lag an den Medikamenten. Das hatte sie in der Vergangenheit auch schon erlebt. Er wandte den Kopf ab, blickte nach oben auf irgendetwas, was nicht mehr im Bild war, bis ein Geräusch – vielleicht eine menschliche Stimme – seine Aufmerksamkeit einfing und er weitersprach. »Sie sagen, dass sie noch mehr Leute umbringen, wenn du nicht machst, was sie wollen.« Mühsam wandte er sich wieder der Kamera zu, nahm angestrengt die Linse in den Blick. »Michael, hör zu: Tu, was du tun musst.«
    Das Video war zu Ende, und es blieb nur das Standbild von Logan, während der Clip darauf wartete, nochmals abgespielt zu werden. Munroe starrte das Telefon an, knipste den Bildschirm aus und schloss die Augen. Emotionen rauschten wie ein Sturzbach durch ihre Adern: Hass, Trauer, Schmerz und Liebe.
    Selbst im Angesicht der Folter und seines eigenen Todes verstand Logan sie.
    Tu, was du tun musst.
    Ihr Entschluss ächzte und bekam erste Risse. Drohte, vollkommen zu zersplittern.
    Logan war immer noch am Leben.
    Sie konnte diesen Auftrag immer noch zu Ende bringen – das Päckchen abliefern und ihren Bruder im Geiste retten.
    Nein. Logans Befreiung musste Bradford übernehmen – falls er noch lebte. Sie wischte, so gut es ging, alle Sorgen und allen Kummer beiseite, versuchte, den Kopf wieder klar zu bekommen. Wenn das alles hier vorbei war, blieb noch genügend Zeit, um zu trauern.
    Tu, was du tun musst.
    Munroe stieß den Atem aus. Holte noch einmal Luft, behielt sie lange in der Lunge und ließ mit jedem weiteren, tiefen Atemzug ein Stück der Gegenwart los, bis nichts mehr davon übrig war. Was blieb, war die totale Konzentration auf ihren Auftrag. Auch wenn Logans Leben der Preis für Neevas Rettung war, aber nur sie zu retten reichte Munroe bei Weitem nicht. Denn auf jede Neeva mit mächtigen Eltern und einer Pressemeute, die gierig nach jeder Spur schnüffelte, kamen hunderttausend verschleppte Mädchen und Frauen, die die Welt einfach abschrieb oder vergaß, sei es aus Unwissenheit oder aus Gleichgültigkeit. Nein, wenn Logan der Preis war, dann würde sein Blut mehr als nur ein Leben erkaufen. Koste es, was es wolle, sie würde so lange wie möglich abwarten, sich dem Übergabepunkt so dicht wie möglich nähern und dann sehen, was sich ergab.
    Um vier Uhr morgens glichen die Straßen von Genua den Straßen vieler anderer Städte in den frühen Morgenstunden: relativ still

Weitere Kostenlose Bücher