Mission Munroe 03 - Die Geisel
sagen.« Sie ließ sich mit dem Rücken an der Wand hinabgleiten und streckte die Beine aus. Legte den Kopf in den Nacken und blickte in Neevas Richtung. »Alles, was es diesen miesen Typen irgendwie schwieriger macht, ist eine Hilfe.«
»Und was wird aus dir?«, fragte Neeva.
»Ich habe noch ein paar Sachen zu erledigen. Irgendjemand muss diesen widerwärtigen Arschlöchern das Handwerk legen. Deshalb würden mir irgendwelche Schutzmaßnahmen sowieso nichts nützen.«
»Danke«, sagte Neeva.
»Das mache ich nicht nur für dich«, sagte Munroe. Die Tür ging auf, und die Sicherheitsbeamtin bat Neeva ans Telefon.
Arbens Handy, das im Rucksack geblieben war, meldete eine Textnachricht. Neeva, die bereits auf dem Weg zur Tür war, erstarrte. Wurde kreidebleich. Sah Munroe mit diesem Reh-im-Scheinwerferlicht-Blick an. Sie beide kannten dieses Geräusch, wussten, dass es der Bote des Bösen war. Neeva sagte zu der Sicherheitsbeamtin: »Eine Minute noch.«
Munroe rührte keinen Finger.
»Willst du nicht nachsehen?«, fragte Neeva.
Munroe holte das Handy aus dem Rucksack und schaltete das Display ein. Die SMS war von Lumani. Wie bei einem Pawlowschen Reflex drehte sich ihr der Magen um. Sie wollte es nicht sehen, wollte keinen Schmerz mehr ertragen. Wollte diese Neuigkeit so lange wegschieben, bis es keine Rolle mehr spielte.
Die Worte des Puppenmachers dröhnten höhnisch in ihrem Kopf: Es gibt noch andere, die dir nahestehen.
Die Stimmen in ihrem Kopf schwollen zu einem Chor, einem Fluch über jene Männer, die dieses ganze Durcheinander angerichtet hatten. Hättet ihr sie leben lassen, so würde ich euch nicht töten.
Munroe drückte die Worte weg.
Das Bild wurde geladen, und sie sah, dass ihr schon wieder ein Leben genommen worden war. Ihre Kehle schmerzte, und ihre Augen brannten.
Neeva stand regungslos da. Tödliches Entsetzen lag auf ihrem Gesicht. »Wer ist es dieses Mal?«, flüsterte sie, und als Munroes einzige Reaktion darin bestand, das Rückenteil des Handys abzunehmen und den Akku herauszunehmen, fragte sie: »Was wollen sie?«
Munroe warf die Einzelteile des Handys in ihren Rucksack und blickte Neeva an, ohne sie wirklich wahrzunehmen. »Sie wollen dich«, flüsterte Munroe. »So wie immer.«
Kapitel 30
Der Warteraum des Konsulats hatte sich längst geleert. Munroe entschloss sich zu einer unverfrorenen Landnahme und streckte sich auf der längeren Couch der Länge nach aus, legte einen Arm über die Augen und ließ den anderen zur Seite herabbaumeln. Noch eine Stunde, bis sie Bradford anrufen konnte. Eine Stunde, in der die neueste Perfidie des Puppenmachers sich in ihren Eingeweiden austoben und dem Krebsgeschwür des Hasses, das sie von innen heraus vergiftete, neue Nahrung liefern konnte.
Sie schwebte bereits über dem inneren Abgrund, und nur ihre Willenskraft hinderte sie daran, sich hineinzustürzen. Sie zog sich in die Dunkelheit zurück, stellte sich tot, riegelte sich von der Welt ab, während sie darauf wartete, dass die Zeit verging, dass sie die Dinge wieder selbst in die Hand nehmen und dieser Qual ein Ende bereiten konnte, sei es durch ihren eigenen oder durch den Tod eines anderen.
Währenddessen drangen die Gespräche zwischen Neeva und den Konsulatsmitarbeitern als unverständliches Gebrabbel durch die Wand zu ihr durch. Bei so viel Aufmerksamkeit war unschwer zu erahnen, wie sich E -Mail an E -Mail reihte, wie eine Person die nächste ins Vertrauen zog, bis die Nachricht von Neevas Auftauchen irgendwann – völlig unerklärlicherweise – nach außen drang, bis Gerüchte im Internet kursierten und jeder mit einer Meinung auf einen Schlag in den Rang eines Experten gehievt wurde. Neeva konnte in ihr Leben zurückkehren, in eine gewisse Normalität. Aber dieses Mal hatte sie sämtliche Medien im Rücken, was ihren Prominenten-Status noch einmal steigern würde.
Munroe freute sich für die junge Frau. Wenigstens Neevas Geschichte hatte jetzt ein Happy End, und sie selbst konnte sich nun voll und ganz darauf konzentrieren, was sie als Nächstes tun musste. Auf die Minute genau nach einer Stunde setzte sie sich auf. Ging zum Schalter und klopfte an die Scheibe. Bat noch einmal um das Telefon, und obwohl die Konsulatsangestellte höflich und professionell ihrem Wunsch nachkam, spürte Munroe doch, dass ihre Anwesenheit nicht mehr hundertprozentig erwünscht war.
Das Geflüster und die verstohlenen Seitenblicke brauchte sie nicht, um zu wissen, dass dadurch, dass sie
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