Mission Munroe 03 - Die Geisel
mochte.
»Jack ist tot«, sagte Bradford schließlich.
Sie hatte mit so etwas gerechnet, hatte sich dagegen gewappnet, trotzdem war diese Nachricht ein überwältigend harter Schlag. Noch schmerzhafter war die Tatsache, dass Bradford sich so sehr um sie und ihr Befinden bemüht hatte, ohne mit einem Wort zu erwähnen, welche Höllenqualen er selbst gerade erleiden musste.
»Wie ist das passiert?«, flüsterte sie.
»Eine Explosion im Büro.«
»Und Samantha?«
»Intensivstation. Sie ist immer noch nicht über den Berg.«
»Oh Gott, Miles. Es tut mir unendlich leid.«
»Wir haben beide noch etwas zu erledigen«, sagte er, und seine Stimme wurde härter, klang weniger emotional und dafür professioneller. Als hätte er sich die Tränen aus den Augen gewischt und den Rücken durchgedrückt. Er sagte: »Was brauchst du, Michael?«
Sie zögerte, wählte ihre Worte mit Bedacht. Sie telefonierte über einen Festnetzanschluss des US -amerikanischen Konsulats. Selbst wenn sie nicht abgehört wurde, war es alles andere als ratsam, hier über gefälschte Dokumente, Schusswaffen und Sprengstoff zu sprechen. »Ich brauche alles«, sagte sie. »Kennst du hier jemanden?«
»Du bist in Nizza?«
»Ja«, erwiderte sie. »Nizza. Du kannst dich aus meiner Notfall-Kasse bedienen. Nimm alles, wenn es sein muss. Wenn ich tot bin, nützt es mir sowieso nichts mehr. Kriegst du das hin?«
»Ruf in einer Stunde noch mal an«, sagte er. »Dann weiß ich mehr.«
Munroe nickte ins Leere. Die Vorstellung, das Gespräch zu beenden, schon wieder von ihm getrennt zu werden, obwohl sie sich nichts sehnlicher wünschte, als sich in seine Arme zu schmiegen und Frieden zu finden und alles andere zu vergessen, war grässlich. »In einer Stunde dann«, sagte sie und fügte hinzu, was sie ihm schon hätte sagen müssen, bevor sie von seiner Seite gerissen worden war. »Und, ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch«, entgegnete er. »Für immer.« Und damit war das Gespräch beendet.
Ohne aufzustehen, streckte Munroe den Arm nach oben und fummelte so lange herum, bis sie das Loch unter der Glasscheibe gefunden hatte. Sie schob den Telefonhörer hinein. Erst dann kam sie langsam auf die Füße. Sie musste eine Weile allein sein, musste sich für ein paar Minuten zurückziehen.
In der kleinen Sicherheitskammer sammelte sie ihre Sachen ein. »Ich gehe nur mal raus ins Foyer«, sagte sie. »In zehn Minuten bin ich wieder da.« Die Sicherheitsbeamtin nickte.
Munroe drehte sich um. Da ging die Seitentür auf. Neeva stand da. Sie trug immer noch das Puppenkostüm und das Jackett, hatte die Füße geschlossen und die Hände gefaltet und sah noch erschöpfter aus als bei ihrer Ankunft im Konsulat. »Du willst wahrscheinlich deine Ruhe haben«, sagte sie. »Aber hast du vielleicht ein paar Minuten Zeit für mich?«
Munroe zögerte erst, aber dann winkte sie Neeva mit sich.
Die Stahltür fiel mit lautem Krachen hinter ihnen ins Schloss.
»War das dein Freund?«, wollte Neeva wissen, und Munroe nickte. Wollte nichts erklären müssen, wollte eigentlich überhaupt nicht reden.
Neeva faltete die Hände und nahm sie wieder auseinander. Trat von einem Fuß auf den anderen. Munroe verstand ihre Körpersprache. Sie hatten fast vierundzwanzig Stunden miteinander verbracht, den größten Teil der Zeit als Gefangene in einem Auto. Nach einer solchen Erfahrung ist der Abschied immer schwierig. Man hat das Gefühl, als müsste irgendein förmlicher Akt, eine Art Zeremonie vollzogen werden, um dem Augenblick gerecht zu werden.
»Hast du deine Eltern erreicht?«, fragte Munroe.
Neeva lächelte. »Sie haben sehr viel geweint«, sagte sie. »Und ich auch. Alle sagen, dass ich wahnsinniges Glück gehabt habe. Und dich halten sie anscheinend alle für eine Heldin, aber irgendwie klingt es immer so, als hättest du gleichzeitig eine Menge Ärger am Hals.«
»Da könnten sie recht haben«, meinte Munroe. »Also.« Pause. »Wie geht es jetzt bei dir weiter?«
Neeva warf einen Blick zurück zu der Stahltür. »Sie haben das FBI verständigt. Die besorgen bei der Botschaft in Marseille einen Reisepass. Und danach steige ich ins Flugzeug und so weiter.«
»Das Milchgesicht ist immer noch da draußen«, sagte Munroe.
»Das wissen sie. Aber sie sagen, sie können mich sicher nach Hause bringen.« Neeva seufzte. »Mein Dad hat gesagt, dass ich in Schutzgewahrsam genommen werde, aber ich weiß nicht, ob das reicht.«
Munroe zuckte mit den Schultern. »Schwer zu
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