Mission Munroe 03 - Die Geisel
Zweck.
Es war jetzt sechs Uhr abends, das hieß, er hatte noch etliche Stunden Zeit, bis die Aktion stattfinden sollte. Munroe hatte ihn gebeten, um vier Uhr Zagreber Zeit, also um neun Uhr abends Ortszeit loszuschlagen. Aber hier war es ohnehin immer hell. Auf dem Parkplatz herrschte ein ständiges Kommen und Gehen von Lastwagen. Im Hafen wurde rund um die Uhr in wechselnden Schichten gearbeitet, so etwas wie Nachtruhe existierte nicht.
Wäre Bradford noch in Dallas gewesen, als er die Einzelheiten erfahren hatte, er hätte jede einzelne dieser kostbaren Stunden gebraucht, um so etwas wie eine Strategie zusammenzubasteln. Aber er war nicht in Dallas gewesen, sondern schon in Houston.
Es hatte ihm keine besonders große Mühe bereitet, das Ganze zu durchschauen. Der Puppenmacher wusste, dass Bradford noch lebte, er wusste, dass er hungrig und auf der Jagd war, und daher war klar, dass sie Alexis möglichst schnell aus Dallas, der Stadt, in der Bradford seine Basis hatte, wegschaffen wollten. Aber da das von relativ schlecht ausgestatteten Fußsoldaten erledigt werden musste, war Bradford davon ausgegangen, dass sie auf Vertrautes und Bewährtes zurückgreifen würden.
Unmittelbar nach Munroes Anruf hatte er Adams angerufen, der bereits in Houston war, eine schöne Stange Geld kostete und nichts anderes tat, als darauf zu warten, dass Kate Breeden irgendetwas unternahm. Bradford hatte ihn zu der Adresse geschickt, die sie in den Frachtpapieren des Sattelzuges gefunden hatten. Dann hatte er in einer Bauchentscheidung Rick Gonzalez aus Gatesville zurückgeholt, damit er vorübergehend das Capstone-Büro besetzte. Anschließend hatte er sich auf den Weg gemacht. Als er schon die halbe Strecke nach Harris County zurückgelegt hatte, hatte Adams sich mit einer Beschreibung des Geländes sowie ein paar Fotos gemeldet.
Während die Menschenschieber noch auf Anweisungen warteten, war er bereits in unmittelbarer Nähe gewesen. Dieses Mal hatte er als Erster das Schlachtfeld betreten. Dieses Mal wusste er, mit wem er es zu tun hatte. Dieses Mal gab es keine ahnungslosen Angestellten, auf die er eventuell Rücksicht nehmen musste, sondern nur Kriminelle. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, die Polizei zu verständigen, eine Spezialeinheit für die Befreiungsaktion anzufordern, aber wie hätte er das anstellen sollen, ohne sich selbst schwer zu belasten? Ganz abgesehen davon, dass er dann nicht gewusst hätte, ob die Razzia vielleicht zu früh oder, Gott bewahre, zu spät oder gar nicht erfolgt wäre.
Nein. Er würde Alexis befreien, aber nicht, indem er Jacks Leben und womöglich auch noch Sams einfach wegwarf, damit die ganzen Arschgesichter einen Tag hinter Gittern verbrachten, bevor sie die Kaution bezahlten und anschließend verschwanden, so wie es ihre Kollegen im Norden nach der Schießerei gemacht hatten. Das hier war ein anderes Spiel mit anderen Einsätzen. Wenn er wollte, dass es richtig gemacht wurde, dann gab es nur eine Möglichkeit: Er musste es selbst erledigen.
Das Gebäude sah aus wie eine Lagerhalle, rechteckig, aus Beton und Wellblech, und zog sich über die Länge des gesamten Straßenblocks. Es beherbergte mehrere Firmen. Veers war ganz am äußersten Ende untergebracht. Die anderen deckten ein breites Spektrum zwischen Lampenherstellung und Lagerraumvermietung ab. Die Räume hier waren nur gemietet und nicht im Besitz von Veers, weswegen sie bei den Recherchen der Kommandozentrale nirgendwo aufgetaucht waren.
Der hintere Teil des Grundstücks – ein umzäunter Platz voller Container, wo Lastwagen be-und entladen wurden – war noch größer als die Halle. Das Ganze gehörte zu einem Industriegebiet südlich des Interstate Highway 10, ein kleines Stück nördlich von einer der zahlreichen Anlagen in dem vierzig Kilometer langen Hafenstreifen des Port of Houston, der sich am Houston Ship Channel entlangzog.
Eine Spedition wie Veers passte da exakt ins Bild – vollkommen unauffällig.
Bradford fuhr den Transporter rückwärts auf einen der wenigen Parkplätze vor dem Gebäude und trat in die warme Frühlingsluft hinaus, gesättigt mit Wasserdampf und dem Duft nach Chemikalien und Erdöl, der den örtlichen Raffinerien zu verdanken war. Der Explorer fuhr an ihm vorbei: Adams war auf dem Weg zum Ende des Blocks, zu dem umzäunten, nur mit einem Tor gesicherten Bereich hinter der Halle. Hier hatten die Leute des Puppenmachers keinen Einfluss, weil es nicht ihr Gelände war. Bradford holte eine
Weitere Kostenlose Bücher