Mission Munroe 03 - Die Geisel
nach Sprengfallen, konnte keine entdecken, zog ein Stück Sprengschnur aus seiner Weste, wickelte, verknotete, schlitzte und dann – routiniert, fast schon gelangweilt – zündete er sie an.
Dort auf einer Matratze lag, an Händen und Füßen gefesselt, in zerrissenen, schmutzigen Kleidern, Alexis Jameson – Arzthelferin auf Teilzeitbasis, alleinerziehende Mutter eines zweijährigen Jungen – und schrie vor Schmerz, vor Angst, wandte sich vom Licht ab, als wollte sie ihm entkommen.
Rein äußerlich waren keine Hinweise auf eine ähnlich grausame und brutale Behandlung wie bei Logan zu erkennen – keine offensichtlichen Knochenbrüche, aber dennoch viele blaue Flecken und Prellungen, die deutlich machten, dass auch sie sehr hart angefasst worden war. Sofort war Bradford wieder in Kampfbereitschaft, sofort galt all sein Denken und Fühlen nur noch dem Drang zu überleben, wurden alle anderen Emotionen ausgeblendet.
Er trat einen Schritt näher und verharrte. Er hatte damit gerechnet, dass er Alexis in dieser Zelle finden würde, aber nicht damit, dass da noch ein Mädchen war, das ihn aus erschreckt geweiteten Augen anstarrte. Blond, braune Augen und sehr jung – vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Nicht gefesselt und in einem sehr viel besseren körperlichen Zustand. Sie hatte die Arme um die Knie geschlungen und schaukelte hin und her.
Bradford näherte sich Alexis, deren Schreie jetzt zu einem lauten Kreischen geworden waren. In verzweifelter Panik versuchte sie nicht mehr nur, dem Licht zu entkommen, sondern wegzukrabbeln, ihm zu entfliehen, als könnte sie ihn nicht sehen oder wüsste nicht mehr, wer er war. »Hey«, flüsterte er, und sie sagte: »Nein, nein, nein.«
Er kniete sich hin. »Ich will dir nichts tun«, flüsterte er. »Ich verspreche dir, ich werde dir nicht weh tun. Ich bin gekommen, um dich hier rauszuholen. Ich will dich in Sicherheit bringen.«
Alexis reagierte auf seinen Tonfall, seine Stimme, auch wenn sie ihn nicht erkannt hatte. Sie versuchte nicht länger zu entkommen. Blieb regungslos liegen.
»Es wird alles gut«, flüsterte er. Kam näher. »Ich fasse dich jetzt an«, sagte er. »An den Armen und Beinen, damit ich dich hier raustragen kann. Ich tue dir nicht weh, versprochen.«
Alexis zuckte zusammen, wehrte sich aber nicht, und er zog sie an sich. Hob sie auf und trug sie nach draußen in die Halle. Das blonde Mädchen kam hinterher, stammelte und stieß unverständliche Worte hervor, zerrte an seinem Ärmel, bis sie ihm schließlich mit Hilfe von Zeichensprache und Tränen und in gebrochenem Englisch deutlich gemacht hatte, dass in den anderen Hütten noch mehr Mädchen waren.
Bradford zögerte. Fluchte. So war das nicht geplant gewesen.
Wenn er sich jetzt um noch mehr Mädchen kümmern musste, war das womöglich genau die Verzögerung, die zu seiner Festnahme führte, die dafür sorgte, dass er des Mordes angeklagt wurde. Aber er konnte sie auch nicht einfach zurücklassen wie ein paar Tüten neben einem Altkleider-Container.
Er rief nach Adams.
Der ehemalige Marinesoldat kam durch das Loch in der hinteren Hallenwand geklettert. Auch er stutzte, als er das blonde Mädchen sah. Bradford ging auf ihn zu. »Hier«, sagte er und übergab Alexis in ein Paar noch stärkere Arme.
Dann holte er ein Stück Papier aus seiner Weste und kritzelte Tabithas Namen und ihre Telefonnummer darauf. »Das ist ihre Mutter«, sagte er. »Ruf sie an. Denk dir irgendwas aus, ganz egal, was, Hauptsache, sie erfährt, dass ihre Tochter einen schweren Schock erlitten hat. Sieh zu, dass du erfährst, was sie unternehmen will.« Er hielt inne. »Und sobald du das weißt, ruf mich an. Nein, warte. Ruf mich schon vorher an, sobald du mit ihr in Sicherheit bist. Und danach meldest du dich bei ihrer Mutter.«
Adams nickte und verschwand.
Außer der Blonden waren noch zwei ausländische Mädchen in den Containern untergebracht. Sie waren alle sehr hübsch und jung, langbeinig und mit jugendlich frischen Gesichtern, allesamt moderne Versionen der Gans, die goldene Eier legt: Erst versorgt man sie mit allem Nötigen, dann werden sie verschachert, und das Geld fließt von ganz allein.
Sie würden schon bald bei Craigslist oder anderen Online-Netzwerken auftauchen, versehen mit Attributen wie jung oder neu in der Stadt und auf der Suche nach Spaß und Unterhaltung. Ihre Besitzer würden sie zwingen, sich als willige Prostituierte und Callgirls auszugeben, immer lächelnd, voller Lügen und
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