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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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sahen. Es war eine vergiftete Gabe, die ihr Leben entscheidend geprägt hatte, eine Gabe, die sie auch an jenen Punkt geführt hatte, an dem sie zu dem geworden war, was sie jetzt war.
    Endlich war er wieder da, der Sprecher, zusammen mit seinen schweigenden Begleitern. Munroe legte den Unterarm übers Gesicht, um sich vor dem Licht zu schützen, das die Männer zu bloßen Silhouetten machte. Der Sprecher stellte ein Päckchen auf den Boden und schob es mit dem Fuß in ihre Richtung.
    »Frische Kleider«, sagte er auf Englisch. »Anziehen. Ich bin in fünfzehn Minuten wieder da.« Er warf einen Blick auf die Schale. »Essen?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    Er schüttelte den Kopf. »Da sind keine Drogen drin.«
    »Trotzdem«, erwiderte sie und beugte sich nach vorn, um das Päckchen heranzuziehen.
    Seine Reaktion auf diese Bewegung – seine und die seiner Begleiter – machte sie stutzig.
    Da standen sie also, drei gegen eine, blockierten die Tür einer Gefängniszelle, die für Miniatur-Menschen gedacht war … und zuckten zusammen, als sie sich in ihre Richtung beugte.
    »Können Sie das ausmachen?«, fragte Munroe und nickte in Richtung der Geräuschquelle.
    »Das ist nicht möglich«, sagte er, und sie wusste, dass dieser junge Mann, wer immer er sein und welche Rolle er bei alledem spielen mochte, nicht die Person war, die die Entscheidungen traf. »Ich entschuldige mich für das hier«, sagte er mit einer flüchtigen Handbewegung zur Matratze und den Wänden. »Man hat uns gesagt, dass du möglicherweise nicht freiwillig mitkommen würdest. Daher hielten wir es für angebracht, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Ich glaube, du verstehst das.«
    Sie gab keine Antwort, sondern stand auf und machte, obwohl sie auch einfach die Hand ausstrecken und das Päckchen hätte nehmen können, einen Schritt nach vorn. Innerhalb weniger Millisekunden erfasste ihr Instinkt die unterschwellige Botschaft ihrer Körpersprache: Sie waren zu dritt in diese Zelle gekommen, weil sie unbewaffnet waren – brachiale Gewalt anstelle von Schusswaffen.
    Der Sprecher beobachtete sie neugierig, als wüsste er zwar, wie die beiden anderen, dass sie sehr gefährlich werden konnte, als hätte er aber trotzdem seine Zweifel – wie ein Kind, das vor der Schlange steht und wartet, bis sie zubeißt, nur um zu sehen, was passiert.
    »Willst du es nicht aufmachen?«, fragte er jetzt. Vermutlich war er neugierig, wie sie auf den Inhalt reagieren würde. Sie schob einen Finger in den Falz und riss das Papier auf.
    Es war Männerkleidung. Eine Hose. Ein Hemd. Socken, Unterwäsche. Eine elastische Bandage. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Diese Leute, wer immer sie waren, wussten sehr viel mehr über sie, als ihr lieb war.
    »Fünfzehn Minuten«, sagte der junge Mann. Er nickte dem massigeren seiner beiden Begleiter zu, einem Mann mit etlichen Narben und einem verunstalteten Gesicht, das von zäher Nahkampferfahrung zeugte. »Anschließend schneidet Arben dir die Haare.«
    Munroe setzte sich wieder auf die Matratze. Legte die Kleidung und das Packpapier neben sich, ließ die Hände entspannt auf die Oberschenkel sinken und erwiderte, indem sie den jungen Mann anschaute: »Wenn er mich anrührt, bringe ich ihn um.«
    Das war eine Warnung, die, wie die Klapper einer Schlange oder das Knurren eines Hundes, dazu gedacht war, unnötiges Blutvergießen zu verhindern und ihr die Bürde eines weiteren ausgelöschten Lebens zu ersparen. Denn eines stand fest, so sicher, wie die Erde sich drehte: Wenn dieser Mann Hand an sie legte, würden ihr Instinkt und ihre Geschichte jede Vernunft überrollen, und sie würde ihn töten oder aber bei dem Versuch sterben.
    Der junge Mann unterdrückte ein Husten und ließ ein Kichern folgen.
    Arben und der namenlose Dritte zeigten keinerlei Reaktion – sie sprachen kein Englisch.
    Munroe betastete den Kragen des neuen Hemdes und sagte, ohne den Mann anzusehen: »Besorgen Sie mir einen Haarschneider. Ich mache das selbst.«
    »Ich werd’s mir überlegen«, antwortete er.
    Sie ließen sie allein, damit sie sich umziehen konnte, obwohl sie eigentlich eine Dusche nötig gehabt hätte, heiß bis an die Grenze der Verbrennung, um diesen Gestank loszuwerden, den Ekel dieses Gefängnisses und die Überreste der dumpfen Benommenheit, die das Zeug, mit dem sie sie betäubt hatten, hinterlassen hatte. Aber es gab kein Wasser. Nur die Matratze, den kalten Betonfußboden und den Abfluss in der Ecke, den sie erst bemerkt hatte,

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