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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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als das Licht aus dem Flur hereingefallen war.
    Sie zog sich aus und schlüpfte in die frischen Sachen.
    Sie führten die Regie, sie bestimmten die Regeln. Vorerst.
    Zuletzt schlüpfte sie wieder in ihre Lederjacke und zog den Reißverschluss zu.
    Die Männer kamen zurück, nach fünfzehn Minuten, wie angekündigt, obwohl sie nur ihre innere Uhr hatte, um das festzustellen. Sie blieben an der Zellentür stehen, versuchten nicht, ihr Handschellen anzulegen oder sie zu berühren. Sie machten auch keine Anstalten, sie zum Mitkommen zu zwingen, als sie auf der verdreckten Matratze sitzen blieb und ihnen mit ausdrucksloser Miene entgegenstarrte.
    Ihre Neugier gebot ihr eigentlich, abzuwarten und auszuprobieren, wie groß ihre Entschlossenheit war, wie lange sie warten musste, bis sie etwas unternahmen, aber ihr Verlangen, dieses nasskalte Höllenloch endlich zu verlassen, war stärker.
    Sie erhob sich.
    An der Tür starrte der junge Kerl auf ihre Jacke, eine stumme Aufforderung, sie zusammen mit ihren anderen Klamotten auszuziehen und zurückzulassen. Sie schüttelte langsam den Kopf. Das Milchgesicht verharrte kurz. In seinem schiefen Grinsen lag eine Reife, die in schroffem Gegensatz zu seinem jugendlichen Aussehen und seinem Ego stand. »Um die Haare kümmern wir uns später«, sagte er und machte ihr Platz.
    Munroe duckte sich durch die Öffnung. Drängte sich an ihm vorbei in den schmalen Korridor, wo laienhaft verkabelte Glühbirnen eine gleißend helle Lichterkette bildeten. Stechender Putzmittelgeruch drang ihr in die Nase und überlagerte die feuchtkalte Luft, die in der Zelle vorgeherrscht hatte.
    Der Anblick, der Geruch … das alles stürmte mit der Härte eines Ziegelsteins auf sie ein: Die Erinnerung an Gewalt-und Vergeltungstaten in Argentinien war noch frisch. Und obwohl die Ereignisse, durch die sie nun in die Hände des Bösen geraten war, damit nichts zu tun hatten, wusste sie doch genau, an was für einem Ort sie war und was das bedeuten konnte. Und zum ersten Mal, seit sie aufgewacht war – zum ersten Mal seit sehr langer Zeit –, machte die Mordlust sich in ihrem Inneren breit, ungehindert und zügellos, brannte sich durch ihre Eingeweide und kroch langsam bis in ihre Fingerspitzen.
    Munroe ballte die Fäuste und blickte den Korridor entlang.
    Zu ihrer Rechten lagen zwei weitere Zellen. Vom hinteren Ende erschallte jetzt ein Schrei und übertönte das ungarische Gebrabbel. Darin lag nicht etwa Angst, sondern viel eher eine urwüchsige, unbändige Wut.
    Munroe blickte in die Richtung, aus der der Schrei kam. Sie hatte zwei Männer vor und einen hinter sich … in diesem engen Flur musste ihre Eskorte sich schon in Luft auflösen, damit sie dem Schrei entgegenlaufen konnte. Sie blieben stehen, weil sie stehen blieb, fassten sie nicht an und lieferten auch keine Erklärung. Nach einem langen, wortlosen Duell der Blicke bedeutete ihr der junge Mann schließlich, nach links zu gehen, weg von den Schreien.
    Der Flur schien in einer Sackgasse zu enden, doch dann gelangten sie zu einer Ecke mit einer steilen Treppe, die mit Frischluft und Tageslicht lockte. Eine dicke Stahltür trennte die Welt unten von den Lebenden oben, eine normalerweise unüberwindliche Barriere, die im Augenblick geöffnet war. Ein einladender Anblick. Immer noch von den drei Männern umringt trat Munroe durch die Tür in einen hohen Saal. Das Licht, das durch die Sprossenfenster hereinfiel, hüllte sie ein, und das Geflüster der Angestellten, eine Mixtur der Wörter, umfloss sie. Manche klangen slawisch, durchaus verwandt, aber nicht identisch mit dem Mazedonischen, das sie bereits beherrschte. Andere gehörten zur Sprache der Schweigsamen, einer Sprache, die sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte. Ihr Gehirn reagierte auf die zahlreichen Wörter und Sätze mit vermehrter Betriebsamkeit und ließ die Funken fliegen, ohne dass sie es wollte oder steuerte, so selbstverständlich wie das Atmen.
    Sie gingen einen Korridor am Rand des geräumigen Saales entlang. Auf der einen Seite befanden sich eine Reihe kleinerer Büroräume und auf der anderen Seite seltsam geformte Werktische und Arbeitsplatten, die mit allerhand Gerümpel beladen waren. Munroes Blick glitt von den Deckenbalken zu dem steinernen Fußboden, von Wand zu Wand, suchte nach möglichen Fluchtwegen, nach Gegenständen, die sich als improvisierte Waffe verwenden ließen.
    An den Tischen saßen Angestellte über großen, an der Wand befestigten Vergrößerungsgläsern und

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