Mission Munroe 03 - Die Geisel
Verschwendung.« Er legte die Puppe vorsichtig auf dem Schreibtisch ab und trat zu Neeva. Fuhr mit den Fingern durch ihre Locken und am Saum ihres mit Spitzen besetzten Samtkleides entlang. »Es wäre so viel angenehmer, wenn wir sie so lassen könnten. Sie ist eine echte Puppe. Auf Bestellung angefertigt. Ein Sammlerstück. Kein Wunder, dass sie einen solch hohen Preis erzielt.«
Der Puppenmacher nickte Lumani zu, der wiederum die Arbens hereinrief. Sie packten Neeva an den Ellbogen, schleiften sie jedoch nicht einfach hinaus, sondern ließen sie, so gut es ging, auf ihren praktisch nutzlosen Beinen vorwärtsstolpern.
Im Stehen wirkte Neeva noch kindlicher als im Sitzen. Sie war klein und schlank, auf keinen Fall größer als einssechzig, wahrscheinlich eher einsfünfundfünfzig. Jedenfalls war sie das glatte Gegenteil jener überlebensgroßen Persönlichkeit, als die man sie auf dem Bildschirm wahrnahm.
»Was haben sie mit ihr vor?«, fragte Munroe.
»Sie ziehen sie aus und legen sie ins Bett.«
Seine Worte und die gleichgültige Gelassenheit, mit der er sie ausgesprochen hatte, trieben ihr das Blut in den Kopf. Mit einem Schritt versperrte Munroe ihnen den Weg. Es war eine unwillkürliche Reaktion, geboren aus dem Drang zu beschützen und einzugreifen, so stark, dass sie sich über jede Vernunft einfach hinwegsetzte. Munroe war beinahe ebenso überrascht davon wie die Arbens, die daraufhin stehen blieben. Sie machte noch einen Schritt, dieses Mal vollkommen bewusst, und dann noch einen. Dann stand sie genau zwischen Neeva und der Tür.
Der Puppenmacher lächelte nachsichtig, als würde er ein kleines Kind tadeln. »Es ist nicht gut, sich emotional an die Ware zu binden«, sagte er und fuhr, als Munroe sich nicht von der Stelle rührte, fort: »Unbeschädigt ist sie für mich viel mehr wert als alles, was die Männer sich kurzfristig von ihr versprechen könnten.«
Langsam und zögerlich trat sie beiseite, und der Puppenmacher lächelte, triumphierend, stumm und hämisch, während die Arbens Neeva zur Tür hinausbrachten und Munroe ihnen hinterherstarrte.
Als die Tür ins Schloss gefallen war, sagte der Puppenmacher: »Sie bleiben in Ihrer Zelle. Wir schließen die Tür nicht ab, aber sollten Sie versuchen, die Treppe heraufzukommen, bekommt Ihr Freund das zu spüren. Haben Sie das verstanden?«
Munroe nickte. Sie war immer noch in Bewegung, ging im selben tranceartigen Tempo wie die gesamte Unterhaltung vorwärts, umkurvte den Stuhl und steuerte jetzt auf Lumani zu.
Der junge Mann hatte während der ganzen Zeit stumm und regungslos dagestanden. Sein Blick war stets auf seinen Onkel gerichtet, wie der eines gehorsamen Hundes, der auf Anerkennung oder auf Befehle wartet. Jeder ihrer genau bemessenen Schritte brachte sie dichter zu ihm, obwohl ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Puppenmacher gerichtet war, der seine selbstgefällige Haltung unverändert beibehielt.
Mit einer einzigen, ebenso überraschenden wie brutalen Bewegung drehte Munroe sich um. Lumani reagierte ein wenig zu spät. Sie rammte ihm die Fingerspitzen gegen die Luftröhre und packte ihn am Handgelenk.
Dann drehte sie ihm den Arm auf den Rücken und zwang ihn, der nach Atem rang, in die Knie. Lumani griff mit der anderen Hand nach seinem Schienbein. Ihr war klar, dass er in einem Augenblick der Panik wie diesem versuchen würde, jede nur greifbare Waffe in die Finger zu bekommen. Sie war schneller als er, fand das Messer und zog es aus der Scheide.
Der Griff schmiegte sich augenblicklich in ihre Hand wie in die Gussform, mit der er geschaffen worden war, Metall auf Haut, vertraut und tröstlich, schrie danach, benutzt zu werden, flehte um Blutvergießen. Sie drückte die flache Seite der Klinge an Lumanis Kehle und hielt sie dort fest.
Der Puppenmacher nahm seine Puppe wieder in den Arm, ohne Munroe und Lumani zu beachten. Genau wie bei seinen Lügen gab es auch jetzt kein verräterisches Zucken seiner Miene, keinen einzigen Hinweis in seiner Körpersprache, der auf seine wahren Gedanken hätte schließen lassen. Der Puppenmacher lächelte das Porzellangesicht an, das ihn aus leblosen Augen anstarrte. Ohne den Kopf zu heben sagte er: »Für dieses Versagen wirst du bezahlen.«
Lumani zuckte zusammen, und Munroe zog die flache Seite der Klinge zur Seite weg, um nicht ihren Instinkten zu folgen und ihm die Kehle durchzuschneiden. »Wäre es auch diesen Preis wert?«, fragte sie. »Oder die Zerstörung des Päckchens?«
»Ich bekomme,
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