Mission Munroe 03 - Die Geisel
egal, wie es ausging, Breeden hatte jetzt schon gewonnen.
Miles Bradford betrat die Räume von Capstone Consulting und sah Samantha Walker im Empfangsbereich stehen. Sie sortierte einen Stapel Pakete, die Teil der alltäglichen Post-Flut für die diversen Team-Mitglieder waren, die sich momentan im Auslandseinsatz befanden. Sie hob bei seinem Eintreten den Kopf, nickte kurz und sagte: »Bin bei beiden Häusern vorbeigefahren. Sieht alles ganz normal aus. Im Moment jedenfalls. Die Verstärkung ist in einer halben Stunde da. Jack sitzt in der Kommandozentrale. Ich komme sofort nach.«
Er zog die Schlüsselkarte durch den Schlitz, die Wandtür sprang auf, und er trat ein. Hinter der Glaswand hob Jahan gerade den Kopf, um auf einen der Monitore zu schauen, auf dem eine rasante Datenbank-Suche ablief. Gelegentlich stoppte der Buchstaben-und Zahlenstrom, um eine Information auszuspucken.
Jahan drehte sich nicht um, als Bradford den Raum betrat, also ließ Bradford ihn in Ruhe und stellte sich vor die linke Seite des Whiteboards. Es war jetzt übersät mit Tabellen und Notizen und Einzelheiten, mit denen sich sein Basis-Team offensichtlich schon viel zu lange beschäftigt hatte. Die Akte über den Puppenmacher war auseinandergepflückt und genauestens untersucht worden. Jede potenzielle Spur war verfolgt, Sackgassen waren durchgestrichen und möglicherweise weiterführende Fährten ausgeleuchtet worden.
Namen.
Firmen.
Käufe.
Fahrzeuge.
Grundstücke.
Bradford war nicht der Einzige, der zu wenig Schlaf bekommen hatte.
Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Die Typen haben tatsächlich hier in Dallas einen Stützpunkt?«
Nach einer langen Pause und vielen Tastendrucken erwiderte Jahan: »Wissen wir noch nicht. Wir landen ständig in irgendwelchen Sackgassen. Falsche Fährten. Nicht jede Information ist so exakt, wie wir gehofft hatten. Wir sind immer noch dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen.«
Wenn man bedachte, woher die Informationen stammten, war das nicht weiter verwunderlich. »Kommt dir das, was in den Akten steht, übertrieben vor?«, wollte Bradford wissen.
Jahan schüttelte den Kopf. »Wenn man überhaupt schon etwas sagen kann, dann, dass es stark untertrieben ist.«
»Wie stark?«
Jahan zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder seiner Tastatur zu. Bradford ließ ihn seine Arbeit machen. Wie sollte man die entsetzliche Wahrheit des Menschenhandels messen? Junge Mädchen, die belogen, unter Druck gesetzt, gekauft oder entführt wurden. Kinder und Teenager, verschleppt und isoliert, vergewaltigt und geschlagen, so lange, bis sie sich nicht mehr wehrten, um dann in ein Leben gezwungen zu werden, in dem sie nicht mehr durch Ketten, sondern durch Missbrauch und Furcht festgehalten wurden.
Wie Jahan wusste auch Bradford durchaus Bescheid. Wer immer wieder mit dem Abschaum der menschlichen Gesellschaft zu tun hatte, der erfuhr automatisch auch vom Leiden der Opfer und ihrer Hilflosigkeit. Doch bis jetzt waren seine persönlichen Erfahrungen überwiegend auf Kinderbräute und eine kulturell bedingte und akzeptierte Knechtschaft innerhalb der Familie beschränkt. Einer solch barbarischen Versklavung von Frauen und Mädchen wie hier war er bisher noch nie begegnet. Das fand auf einem völlig anderen Niveau statt. Es bediente die niedrigsten Instinkte des Menschen.
Bradford wusste, was Jahan mit »stark untertrieben« meinte. Die Organisation war weiter reichend und tiefer verwurzelt, als sie bislang angenommen hatten.
Bradford folgte der Indizienkette, die bis nach Kalifornien führte, mit dem Finger.
Jahan und Walker hatten es auch gesehen: Neeva Eckridge.
Viel zu viele Fährten, viel zu viele mögliche Spuren und keine Zeit, sie alle zu verfolgen.
Zeit.
Wie viel Zeit blieb ihnen noch? Wie lange würde Munroe brauchen, um die Aufgabe zu erledigen, die ihr zugedacht war? Einen Tag? Zwei? Eine Woche? Das konnte niemand wissen.
Zeit .
Er folgte den Spuren, die nach Texas führten. Blendete neunzig Prozent der Aufzeichnungen auf der Tafel aus. Drehte sich zu Jahan um und merkte erst jetzt, dass dieser ihn anstarrte.
»Texas«, sagte Bradford. »Bereits eine Stunde nach Michaels Entführung waren sie weg. Aber Logan haben sie nicht mitgenommen. In seinem Zustand können sie ihn auch nicht über weitere Strecken transportieren. Er ist immer noch hier. In Texas. Wahrscheinlich sogar in Dallas. Wir müssen ihn finden.«
»Noch vor Michael?«
Bradford holte tief Luft und starrte an die Decke. Hinter
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