Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
Vom Netzwerk:
hineingelegt haben konnte: Der beste Mann des Puppenmachers war gleichzeitig das schwächste Glied in der Kette.
    Schniefend, mit verstopfter Nase und geschwollenen Augen, weinte Neeva weiter. Munroe fuhr an den Fahrbahnrand, auf den schmalen Schotterstreifen zwischen der Straße und dem angrenzenden Feld. Sie schaltete die Warnblinkanlage ein, stieg aus und ging um die Motorhaube herum zur hinteren Beifahrertür.
    Sie zog Neeva die Decke weg und sagte: »Zeig mir deine Hände.«
    Neeva rutschte und wand sich hin und her, hatte mit ihrer ungünstigen Position zu kämpfen und hielt Munroe schließlich mit verdrehter Schulter ihre beiden Hände hin.
    Munroe schnitt ihr mit der improvisierten Klinge die Fesseln durch, griff nach einer ihrer Hände und zog sie in eine aufrechte Position. »Rutsch zu mir rüber«, sagte sie. »Rühr dich nicht von der Stelle und wisch dir auf keinen Fall mit dem Ärmel die Nase ab.«
    Ohne etwas zu sagen und immer noch schniefend nickte Neeva. Munroe gab ihr die Decke. »Nimm das«, sagte sie. Neeva rieb sich damit übers Gesicht, aber während sie sich die Augen trocknete und die Nase schnäuzte, verschmierte sie den Lidstrich und wischte den größten Teil ihres Make-ups ab.
    Munroe seufzte.
    Noch so ein unkalkulierbarer Akt des Versagens, für das irgendjemand würde bezahlen müssen.
    Sie suchte den Boden des Wagens nach all den Dingen ab, die während des Gerangels mit Neeva von der Rückbank gefallen waren, erwischte den Beutel mit Essen und Trinken, holte ihn heraus, streckte Neeva eine Hand entgegen und sagte: »Komm mit.«
    Mit gefesselten Füßen, die Decke an sich gedrückt, rutschte Neeva über die Rückbank zur Tür und schwang die Beine heraus. Munroe half ihr, sich nach vorn auf den Beifahrersitz zu setzen, und gab ihr den Beutel mit dem Essen.
    »Bedien dich«, sagte sie. »Und sieh zu, dass du dich nicht schmutzig machst. Zu trinken bekommst du nichts. Wir halten garantiert nicht noch mal an, bloß weil du aufs Klo musst.«
    Neeva nickte. Sie schluchzte immer noch, obwohl ihre Tränen weitgehend versiegt waren.
    Noch bevor Munroe die Tür zugemacht hatte, fiel Neeva über den Inhalt des Beutels her und fischte eine Tüte mit getrocknetem Obst heraus. Als Munroe wieder am Steuer saß, warf sie einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. Ungefähr vierzig Meter hinter ihr, kaum zu erkennen in der Dunkelheit, hatte ein anderes Auto mit ausgeschalteten Scheinwerfern am Straßenrand angehalten.
    Sie standen jetzt seit vier Minuten hier.
    Munroe versuchte, die Umrisse des Wagens zu erkennen, vielleicht die Marke, das Modell, die Farbe. Aber da war nicht mehr als ein Schatten.
    Sie schaltete die Warnblinkanlage aus und fuhr weiter. Der zweite Wagen verschwand jetzt völlig aus ihrem Rückspiegel. Keine Scheinwerfer, kein Anzeichen dafür, dass sie verfolgt wurde.
    Neeva hatte die Tüte mit dem Obst leer gegessen, holte die Cracker heraus und aß sie ebenfalls auf, machte weiter, bis der Beutel so gut wie leer war. Sie nahm einen Schluck Wasser, einen einzigen nur, schraubte die Flasche zu, legte sie in den Beutel zurück und stellte ihn neben ihre Füße auf den Boden.
    »Danke«, sagte sie, und Munroe nickte.
    Sie hatte die gefalteten Hände unterwürfig und damenhaft in den Schoß gelegt, auf die Decke, die sämtliche Krümel und Kleckse abgefangen hatte. »Wie lange noch?«, erkundigte sie sich.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Munroe. »Wenn wir die Richtung beibehalten, sind wir in einer Stunde in Verona. Aber was dann kommt, weiß ich auch nicht.«
    »Weißt du«, sagte Neeva dann, und ihre Stimme klang plötzlich eine Oktave tiefer, jenes heisere Flüstern, das auf der Leinwand zu ihrem Markenzeichen geworden war, »vielleicht könnten wir ja zusammen durchbrennen.« Sie strich zärtlich mit den Fingerspitzen über die Decke und zog ihr Kleid zurecht, strich die Falten über ihrer Brust glatt. »Oder, na ja, wir könnten doch zumindest eine kleine Pause machen, irgendwas, um uns ein bisschen zu entspannen. Wir sind doch wirklich schon ewig unterwegs. Das könnten sie uns doch wenigstens gönnen, findest du nicht?«
    In jeder anderen Situation wäre Neevas Theatralik einfach nur komisch gewesen. »Ich sitze nicht hier, weil ich dein Freund sein will«, sagte Munroe. »Du kannst deine Titten wieder einfahren. Ich bin nicht interessiert.«
    »Du findest mich nicht attraktiv?«
    »Du siehst wirklich atemberaubend aus, Neeva, aber nein, ich fühle mich nicht zu dir

Weitere Kostenlose Bücher