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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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hingezogen.«
    Das Navigationsgerät meldete sich und führte sie Abzweig für Abzweig durch ein kleines Dorf und dann auf eine Straße, die bei Tageslicht bestimmt malerisch gewesen wäre. Schließlich durchbrach Neeva das Schweigen. »Bist du schwul?«
    Munroe sah in den Rückspiegel. »Nein«, sagte sie, »ich bin nicht schwul.«
    Neeva strich mit dem Zeigefinger über Munroes Handrücken. Munroe widerstand dem Drang, ihr einfach eine zu scheuern, und sagte mit zusammengepressten Zähnen: »Lass das, Neeva. Ich habe kein Interesse.«
    Neeva klimperte mit den Wimpern wie ein beleidigtes Kind. Aber da Munroe ihre kleine Showeinlage mit Missachtung strafte, verschränkte sie die Arme vor der Brust und ließ sich schnaufend gegen die Lehne sinken. Ohne die Arme zu lösen, drehte sie den Kopf zum Fenster und sagte schließlich: »Was genau findest du denn nicht attraktiv an mir?«
    Munroe unterdrückte ein bitteres Lachen. Sie hätte dieses Mädchen so gerne gehasst. Hätte sie so gerne schwach oder dämlich gefunden, weil es ihr dann sehr viel leichter gefallen wäre, ihre Gegnerin zu sein, aber sie schaffte es nicht.
    »Du bist einfach nicht mein Typ.«
    Neeva schmollte. »Das ist das erste Mal, dass ich das von einem Kerl, der auf Frauen steht, zu hören kriege. Wie sieht dein Typ denn aus?«
    »Groß, geheimnisvoll, breite Schultern«, erwiderte Munroe und riskierte einen raschen Blick auf den Beifahrersitz, gerade so lange, um zu sehen, wie Neeva das Gesicht verzog.
    »Du hast doch gesagt, du bist nicht schwul.«
    »Bin ich auch nicht.« Und dann, mit einem fast schon gehässigen Grinsen, fügte Munroe hinzu: »Ich bin eine Frau, und ich stehe auf Männer.«
    Das Mädchen ließ die Hände in den Schoß sinken und starrte geradeaus, den Mund zu einem kleinen O geformt, während die Welt hinter ihren babyblauen Augen sich komplett verschob. Wie bei einer Schlange, die sich aufrollte, schien sich alles an Neeva zu entspannen, als ob sie, ohne es zu wollen, eine Frau gar nicht als Feind betrachten konnte, als ob sich durch dieses neue Wissen alles verändert hatte. Es war beinahe so, als sei durch diese eine Offenbarung sämtlicher Kampfeswille aus ihr gewichen.
    Nachdem sie etliche Kilometer schweigend zurückgelegt hatten, sagte Neeva: »Warum?«
    »Warum was?«
    »Warum das alles?«
    »Ich habe keine Geduld für Ratespielchen«, entgegnete Munroe. »Sag, was du willst, oder lass es bleiben. Das wäre mir sogar lieber. Ich mag die Stille.«
    »Warum hast du dir Männersachen angezogen?«, wollte Neeva wissen. »Warum benimmst du dich wie …« Sie hielt inne. »Warum benimmst du dich wie … wie einer von denen?« Ihre Stimme wurde lauter, herausfordernd, anklagend. »Wie einer von denen «, wiederholte sie noch einmal. »Für die Frauen gar keine Menschen sind, sondern bloß Objekte … Dinge. Die meine ich.« Sie deutete mit dem Daumen nach hinten, wo ihnen mit Sicherheit einer der Männer des Puppenmachers folgte, ohne dass sie ihn sehen konnten. »Oh, die zeigen dir, was ein richtiger Mann ist. Die machen dich zu einer richtigen Frau. Die ficken dich durch und sagen dir, dass du es willst , aber denen ist es scheißegal, was du wirklich willst, weil es sich immer nur um deren Ego dreht. Die meine ich.« Neeva unterbrach sich, holte Luft, einen langen, tiefen Zug. »Warum?«, sagte sie. »Warum solltest du, eine Frau« – sie spie das Wort förmlich aus –, »die genau wissen sollte, wie es sich anfühlt, wenn man Fotze und Schlampe und Nutte genannt wird, bloß weil man eine eigene Meinung hat, wenn man als dick oder hässlich bezeichnet wird, nur um deine Argumente zu entkräften, wenn man immer dann, wenn man die eklig und abstoßend findet, zu hören bekommt, dass man eingebildet und verklemmt ist und nicht in der Lage, die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Warum willst du einer von denen sein? Da stimmt doch was nicht. Was ist denn bloß los mit dir?«
    Neevas Worte verliehen einer langen Lebensgeschichte voller Narben – einer Lebensgeschichte, von der sie nie etwas erfahren würde –, zusätzliches Gewicht, überbrückten Raum und Zeit und Kontinente und drängten Munroes Emotionen in eine Richtung, in die sie auf keinen Fall gedrängt werden wollte. Sie gab Neeva keine Antwort, sodass diese sich schließlich wieder zum Fenster wandte.
    Nach einigen weiteren Kilometern sagte Munroe: »Ich bin keiner von denen. War ich nie und werde ich nie sein. Ich bin nur hier, weil ich ein Leben retten will.«
    »Und

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