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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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was ist mit meinem Leben?«
    »Eine verdammt beschissene Entscheidung, oder?« Und dann, um das Thema zu wechseln, bevor das Gespräch sich noch dichter jenem Ort näherte, an dem der Irrsinn schlummerte und die Grenze zwischen Begehren und Brutalität sich aufzulösen drohte, sagte Munroe: »Warum versuchst du nicht, ein bisschen zu schlafen?«
    Aber Neeva biss nicht an. »Was soll diese Verkleidung eigentlich?«
    »Wenn wir als Mann und Frau reisen, erregen wir weniger Aufmerksamkeit als zwei Frauen«, sagte Munroe. »Als Mann mache ich uns automatisch unauffälliger.«
    Neeva lachte ein falsches Lachen, legte die gefalteten Hände in den Schoß und sagte, den Kopf ans Fenster gelehnt: »Und warum haben sie dann nicht einfach einen Mann dafür genommen?«
    Munroe lächelte. In sich gekehrt. Amüsiert. Bedauernd. Über ihre Geschichte, geprägt vom Überlebenskampf und ihren Instinkten, die sie zu dem Menschen gemacht hatte, der sie war, dank ihrer einzigartigen Fähigkeiten, teils angeboren, teils erworben, die in dieser Kombination einerseits ein wahrer Segen waren, die aber andererseits ihr Leben um ein Haar vollkommen zerstört hätten. »Weil keiner ihrer Männer kann, was ich kann«, sagte sie.

 
    Kapitel 21
    Westlich von Verona, Italien
    Munroe stand unter den Neonleuchten der Tankstellenüberdachung und füllte den Tank des Opel. Der Pächter starrte mit verschränkten Armen durch die Glasscheibe des kleinen Ladens zu ihr nach draußen, als sei er der Gefängniswärter und sie der einzige Gefangene dieser ansonsten leeren Station.
    Sie hatte kein Bargeld, keine Kreditkarte und auch sonst nichts, womit sie das Benzin hätte bezahlen können. Sie hatte nur Lumanis Wort und seine telefonischen Anweisungen. Sie befolgte sie bis ins Detail, weil sie sich sicher war, dass der Mann, der aussah wie ein kleiner Junge, irgendwo da draußen in der Dunkelheit lauerte und sie, kaum dass sie auf die Tankstelle gefahren war und den Tankrüssel in die Öffnung gesteckt hatte, durch sein Zielfernrohr im Visier gehabt hatte und jede ihrer Bewegungen mit dem Fadenkreuz verfolgte.
    Munroe ließ den Blick vom Tankstellenpächter zur Zapfsäule gleiten und sah dem Zähler beim Zählen zu, ohne ihn allerdings wirklich wahrzunehmen. Neeva war vor rund einer Stunde eingedöst und schlief immer noch, sodass Munroe wenigstens in Ruhe auftanken konnte, ohne wieder Gewalt anwenden zu müssen. Seit ihrem misslungenen Fluchtversuch hatte das Mädchen ziemlich viel geschlafen, und wenn Munroe Glück hatte, ging es noch eine Weile so weiter.
    Der Automatikschalter unterbrach den Benzinfluss, der Tank war voll, und Munroe hängte die Zapfpistole an die Zapfsäule.
    Der Tankstellenpächter starrte sie immer noch durch das Fenster hindurch an. Munroe schraubte den Tankdeckel fest und erwiderte seinen Blick. Er löste die verschränkten Arme und winkte sie weiter. Sie kannte diesen Blick: Er wollte nicht, dass sie reinkam, wollte kein Gespräch, keine Fragen riskieren. Er wollte, dass sie so schnell wie möglich verschwand. Ein Mann, der weder ein noch aus wusste, der durch Erpressung und Einschüchterung zum Gehorsam gezwungen wurde, genau wie sie selbst.
    Sie ging zur Fahrertür und tauschte erneut die Kühle der Außenluft, den Duft nach Freiheit, gegen ihr muffiges, vierrädriges Gefängnis ein. Drehte erneut den Zündschlüssel, während Neeva weiterschlief. Kehrte erneut zurück in die Dunkelheit und auf die Straßen und zu dem hypnotisierenden Summen der Räder auf dem Asphalt.
    Während sie ohne Unterbrechung von einem Etappenziel zum nächsten fuhr, Kilometer um Kilometer fraß, ein verschlafenes Örtchen nach dem anderen passierte, fielen ihr Neevas Worte wieder ein.
    Ihre Tirade über die Männer .
    Ihre offenkundigen Kenntnisse in Selbstverteidigung.
    Ihr unbedingter Wille, sich zu wehren und niemals aufzugeben, selbst wenn sie eindeutig unterlegen war.
    Ihre komplette Verwandlung, nachdem ihr klar geworden war, dass sie es nicht mit einem Mann zu tun hatte. All das war Teil einer Geschichte, die in den Unterlagen, die die Tisdales Bradford zur Verfügung gestellt hatten, nirgendwo aufgetaucht war. Munroe rätselte, ob der Grund dafür noch in die Zeit fiel, als das Mädchen Grace Tisdale gewesen, oder ob es erst geschehen war, als sie Neeva Eckridge geworden war.
    Dann schob sie all diese Gedanken beiseite. Sie wollte das gar nicht wissen, wollte sich damit nicht belasten.
    Der Urinstinkt zu kämpfen, zu siegen, zu überleben war

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