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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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Munroe steckte es in die Tasche. Neevas ersticktes Weinen und ihr zitternder Körper brachten sie mit einem Schlag zurück in die Wirklichkeit. Ihr wurde klar, mit welcher Kraft sie immer noch ihr Handgelenk gepackt hielt, und löste ihren Griff, mit beinahe ehrfürchtiger Zartheit. »Es tut mir leid«, flüsterte sie, küsste Neevas Hand und ließ sie los.
    Neeva wollte trotz der Fußfesseln einen Schritt zurücktreten und geriet aus dem Gleichgewicht. Munroe fing sie auf. Nahm sie sanft am Ellbogen. »Es tut mir leid«, wiederholte sie, und während sie noch mitten auf der Straße stand und Neevas makellose, im Mondlicht milchig weiß schimmernde Haut betrachtete, die lange Linie, die sie aufgeschnitten hätte, um ihr den Saft des Lebens zu entziehen und sie dem Tod zu weihen, da empfand sie angesichts all des Leids, all der Schmerzen und der Qualen dieser Fahrt nur einen einzigen Wunsch: dass sie, im Widerspruch zu all den unfassbar idiotischen Regeln und Wünschen des Klienten, im Widerspruch zu dem endlosen, tödlichen Entsetzen jedes Aspektes dieser Reise, Neeva hätte betäuben und ihnen beiden dadurch diese zähe, unendliche Folter hätte ersparen dürfen.
    Aber im selben Moment, in dieser einen Sekunde Klarheit, hervorgebracht durch die Dunkelheit, als sie auf Neevas Haut gestarrt, die Angst in ihrem Atem gerochen und den Schrecken in ihren Augen gesehen hatte, da begriff Munroe den wahren Grund hinter all diesen Regeln.
    Keine Drogen. Keine Prellungen.
    Die nächste Woge der Übelkeit schwappte in ihr hoch.
    Ein Klient, der eine Frau wie Neeva einfach nur besitzen wollte, hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie geknebelt und betäubt worden wäre, weil das die Lieferung erheblich beschleunigt hätte. Er hätte auch nichts dagegen gehabt, wenn das Päckchen mit dem einen oder anderen Schlag ein bisschen gefügiger gemacht worden wäre. Auf diesem Niveau der Verkommenheit spielten blaue Flecken keine große Rolle mehr. Sie verheilten schließlich auch wieder.
    Die Regeln, die Vorschriften besaßen einen gemeinsamen Vorfahren in Munroes eigener Geschichte, entstammten denselben sadistischen, psychopathischen Zwängen, mit denen sie selbst mit systematischer Brutalität gequält worden war und die sie zu dem Raubtier gemacht hatten, das sie jetzt war: immer auf der Jagd, ohne Verbindung zu und gleichgültig gegenüber den meisten Menschen, allergisch gegen praktisch jede Berührung.
    Eine unmögliche Entscheidung. Eine unerträgliche Last.
    Nun wusste sie, was hinter jeder dieser Regeln steckte und was jeden einzelnen Schritt dieser Reise bis jetzt bestimmt hatte: Der Klient genoss die Angst. Er wollte Neeva unmissverständlich deutlich machen, dass ihr Leben in seinen Händen lag. Deswegen hatte er angeordnet, dass sie bei vollem Bewusstsein sein sollte. Er wollte, dass die Leinwand rein und unbefleckt war, damit er sie als Erster, als Einziger berühren und bearbeiten konnte.
    Munroe starrte zum Himmel hinauf. Verfluchte ihre Schwäche, ihre Unfähigkeit auszublenden, was geschehen würde, nachdem sie diese Unschuld derselben Hölle ausgeliefert hatte, der sie selbst entsprungen war. In diesem Augenblick, mit dieser Entscheidung verdammte sie den Menschen zum Tod, für dessen Rettung sie alles gegeben hätte. Munroe flüsterte einen Abschiedsgruß in die Nacht. Öffnete die Tore der Gehenna – Ort der Gottlosen, Ort der Toten –, und dort, an jenem verlassenen Ort, begrub sie ihre Seele.
    Sie brachte Neeva zurück zum Wagen, wartete, bis sie sich gesetzt hatte, nahm ihre Beine und schnitt das Klebeband durch. Ballte die klebrige Masse zusammen und warf sie in die Dunkelheit. Als sie wieder hinter dem Lenkrad saß, neigte sie die Sitzlehne nach hinten und machte die Fenster einen Spalt weit auf, um ein wenig Frischluft hereinzulassen.
    Dann flüsterte sie Neeva zu: »Wann ist es passiert?«
    »Wann ist was passiert?«
    »Du weißt schon, was ich meine.«
    Neeva starrte auf ihre Hände und massierte mit dem Daumen das Handgelenk, das Munroe zusammengequetscht hatte. »Wenn man so aussieht wie ich, drehen manche Typen einfach durch«, sagte sie. »Die sind dann überzeugt, dass sich etwas abspielt, sehen plötzlich Dinge, die gar nicht existieren, lesen in alles Mögliche irgendwelche Bedeutungen hinein, benützen dich als Projektionsfläche und erwarten von dir, dass du genau das Gleiche empfindest wie sie. Und wenn du das nicht tust, werden sie wütend und nehmen es persönlich.«
    »Wie alt warst du, als

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