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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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du nur bis zur fünften, sechsten Klasse unterrichtet worden bist?«
    »Ja, schon.«
    »Dafür machst du aber einen sehr gebildeten Eindruck«,
sagte Munroe. »Wie hast du das geschafft, mit so schlechten Voraussetzungen?«
    »Bildung ist ja nicht automatisch dasselbe wie Intelligenz oder Wille«, sagte Heidi und lächelte erneut. Darin lag eine reizende Verführung, unterschwellig, sodass die meisten sie vermutlich gar nicht wahrgenommen hätten. Vielleicht war Heidi sich dessen nicht einmal bewusst. Es war ein Teil ihres natürlichen Charmes. Darin waren sie und Logan sich sehr ähnlich.
    Heidi sagte: »Damals waren wir so begierig auf alles Neue, dass wir heimlich gelesen haben. Alle möglichen Wörterbücher, manchmal auch einen Lexikon-Band – die gab es ab und zu in einer der Oasen, auch wenn wir Kinder sie nicht ungefragt in die Hand nehmen durften. Also haben wir es eben heimlich gemacht.«
    »Und, bist du mal dabei erwischt worden?«
    Heidi seufzte, und es klang beinahe ein wenig nostalgisch. »Oh ja. Einmal haben sie mich drei Tage lang ohne Essen in einen Schrank gesperrt. Sie haben die ganze Zeit für mich gebetet und wollten die Dämonen austreiben, die schuld an meiner Neugier auf das Wissen aus der LEERE waren.« Sie lachte. »Hat wohl nicht allzu viel genützt.«
     
    Munroe blätterte die letzte Seite eines Abschnitts um, blätterte wieder zurück, überflog ihre Notizen und kehrte wieder zu den Akten zurück, suchte nach Antworten auf eine Frage, die sich erst noch herauskristallisieren musste. Die Hast, mit der das Projekt angeschoben worden war, hatte dafür gesorgt, dass sie, was die Einzelheiten anging, voll und ganz von Logan abhängig war. Zwar waren persönliche Recherchen durch nichts zu ersetzen, aber er wusste genau, was sie brauchte, und hatte ihr einen dicken Stapel
mit Fotokopien, vertraulichen Dokumenten, Zeitungsausschnitten, Buchexzerpten und Ausdrucken diverser Internetseiten zusammengestellt. Für den Anfang hatte ihr das genügt, aber jetzt steckte sie fest.
    Sie sagte zu Heidi: »Aus alldem geht nicht hervor, wieso der PROPHET ständig auf der Flucht vor den Behörden ist und von Interpol gesucht wird. Man wird doch nicht einfach verhaftet, bloß weil man anders ist. Es sei denn, dieses Anderssein verstößt irgendwie gegen das Gesetz.«
    Heidi rümpfte die Nase. Sie neigte den Kopf, als würde sie selbst über die Frage nachdenken, dann deutete sie auf die Dokumente und sagte: »Kann ich mal sehen?«
    Munroe reichte ihr den Stapel, und Heidi blätterte ihn oberflächlich durch. »Da fehlt aber eine ganze Menge«, sagte sie dann.
    »Warum?«
    Heidi zuckte mit den Schultern. »Das musst du Logan fragen. Es ist jedenfalls nichts, was man leicht vergisst.« Und dann, nach einer kaum wahrnehmbaren Unterbrechung, wechselte sie das Thema und stellte hastig eine Frage, die sie im Lauf der vergangenen Tage zweifellos ununterbrochen beschäftigt hatte.
    »Michael, wieso machst du das?« Sie unterbrach sich und setzte noch einmal an, langsam, als würde sie jedes Wort sorgfältig abwägen, aus Angst, missverstanden zu werden. »Warum hast du dich auf diese Sache eingelassen? Es geht dir nicht ums Geld, das ist klar, und es geht dir auch nicht um die Sache. Also warum? Weil du mit Logan befreundet bist? Ist das alles?«
    Munroe lehnte sich zurück und schob die Frage nach den fehlenden Unterlagen zunächst einmal beiseite. Wie sollte sie erklären, was sie selbst kaum verstehen konnte?
Sie sagte: »Ich besitze ein paar einzigartige Fähigkeiten, Heidi. Ich mache das, weil ich es kann.«
     
    Die Automatiktüren des Flughafengebäudes glitten auf, und die Kälte traf sie wie ein Schock. Munroe verließ als Letzte den Aeropuerto de Ezeiza, den größten Flughafen Argentiniens, und folgte den anderen hinaus in den wolkenverhangenen Vormittag.
    Der Flug hatte sie aus der schwülen Hitze New Yorks in das winterliche Buenos Aires gebracht, und Munroe atmete tief ein, schmeckte die Mischung aus Dieselabgasen, Flugbenzin und neblig kaltem Regen: typisches Flughafenparfüm, genau jene Mixtur, die den Beginn ihrer Arbeit markierte, der Duft des Auftrags und der totalen Konzentration.
    Logan und Gideon hatten während des Fluges einen Reiseplan ausgearbeitet und nun, nach der Landung, automatisch die Leitung des kleinen Grüppchens übernommen. Heidi schien damit keine Probleme zu haben, darum ließ Munroe sie gewähren. Sie erweckte den Eindruck stummer Zustimmung und sagte nur wenig.
    Wie Logan

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