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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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falls eine Wespe im Zimmer herumschwirrte, dann wollte sie genau wissen, wo sie war.
    Das Abendessen ging seinem Ende entgegen. Verschiedene Familien verließen den Saal, aber Elijah blieb sitzen, weswegen Munroe ebenfalls blieb. Ihre Anspannung stieg, während sie ihre gesamte Konzentration auf die Gegenwart richtete. Sie wollte Hannah. Wollte sich umsehen. Wollte auskundschaften.
    Stattdessen saß sie da, gaukelte den anderen den Wunsch vor dazuzugehören, sich für ihren Glauben zu interessieren, war eine freundliche Gesprächspartnerin und beantwortete willig alle möglichen Fragen. Schließlich hatten die
Jugendlichen den Küchendienst beendet, und Elijah und seine Familie baten Munroe, sie ins Wohnzimmer zu begleiten.
    Dort war bereits jeder Stuhl und jeder Quadratmeter Boden mit eben jenen hundertfünfzig Menschen belegt, die schon im Speisesaal gesessen hatten. Gemeinsam verbrachten sie eine Stunde voller Hingabe an den PROPHETEN , voller Lieder und Lesungen. Munroe begegnete der Langeweile des Ganzen so wie vermutlich viele andere auch: Sie ließ ihre Gedanken schweifen und fragte sich dabei, ob sie wirklich so naiv waren zu glauben, dass sie nicht gemerkt hatte, was selbst dem vertrauensseligsten Besucher aufgefallen wäre … dass nämlich dieser Abend eine einzige große Show gewesen war. Eine Show ganz allein für sie.

Kapitel 22
    Als Munroe die Oase verließ, war es immer noch relativ früh, zumindest nach Nachtschwärmer-Maßstäben, auch wenn es in der Oase selbst bereits ruhig und dunkel war. Im Gegensatz zur übrigen Stadt gingen die ERWÄHLTEN früh zu Bett und waren früh wieder auf den Beinen.
    Elijah und Esteban begleiteten sie zu ihrem Wagen. Mit scharrenden Füßen und ihren kaum verhohlenen Andeutungen über die Gottgefälligkeit von Spenden dehnten sie den Abschied bis an die Grenze der Peinlichkeit aus. Munroe machte von sich aus kein Angebot, ihre beiden Gegenüber äußerten keine direkte Bitte, und sie spielte das Spielchen mit, ließ sie zappeln, wollte ihnen eine Einladung entlocken, die sie auch prompt bekam. Elijah meinte, wenn sie sich die Heimfahrt sparen wolle, könne sie auch gern in der Oase übernachten.
    Munroe schien das Angebot sorgfältig abzuwägen. Sie würde gern über Nacht bleiben, ja. Aber nicht heute. Sie hätte sich bereits mit ihrer Familie verabredet, und das könne sie nun nicht mehr absagen. Aber morgen, morgen hätte sie nichts vor. Dann würde sie wiederkommen.
    Morgen würde sie Hannah von hier entführen.
     
    Munroe fuhr zum Hotel zurück. Sie brauchte keinen Stadtplan und war durch ihre jahrelangen Erfahrungen in der Dritten Welt problemlos in der Lage, auf Wegweiser,
Straßenmarkierungen und selbstmörderische Spurwechsel völlig automatisch zu reagieren. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren und war pausenlos mit der Verarbeitung des gewalttätigen Gefühlscocktails beschäftigt, den sie während des bisherigen Abends so mühsam im Zaum gehalten hatte. Parallel dazu plante sie bereits die einzelnen Schritte, die nötig waren, um Hannah sicher in die Freiheit zu bringen.
    Als sie das Hotelzimmer betrat, saß Bradford am Schreibtisch. Er stand auf und zeigte ihr seine aufrichtige Freude über ihre Rückkehr. Ihr Entzücken darüber hielt jedoch nur so lange, bis sie den Schrank öffnete und Heidis Parfüm an seiner Jacke roch.
    Das traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel, und sie erstarrte, brauchte einen Augenblick, bis sie den aufkeimenden Zorn hinuntergeschluckt hatte. Sie erwiderte Bradfords Nicken, sein Lächeln, und legte sich gleichermaßen erschöpft und angespannt auf das Bett, ohne ein einziges Kleidungsstück auszuziehen.
    »Kann ich mich zu dir setzen?«, fragte Bradford, und Munroe rutschte – die Hände hinter dem Kopf verschränkt, den Blick an die Decke gerichtet – ein Stück beiseite, um ihm Platz zu machen. Er ließ die Beine über die Bettkante ragen, beugte sich in stiller Vertrautheit zu ihr und sagte: »Hast du was gegessen?«
    »Wenn man das Essen nennen will«, erwiderte sie und setzte sich nach einer winzigen Pause auf. »Komm, lass uns rausgehen. Du hast den ganzen Tag hier drin gehockt, und ich muss erst mal dieses Gedankenknäuel in meinem Kopf entwirren und einen riesigen Haufen Informationen verdauen. Ich möchte das Ganze mit dir besprechen. Außerdem bist du bestimmt schon total neugierig.«
    »Auf jeden Fall«, erwiderte er.
    Munroe zog sich um, schlüpfte in etwas Passendes für den Abend, und dann suchten sie zu

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