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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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er einen Blick von Munroe aufgefangen hatte, kehrte er grinsend zu ihr zurück.
    »Ah«, sagte er, dehnte die Arme und ließ die Fingerknöchel knacken. »Das war gut.«
    »Ich verstehe bloß nicht, wieso mich das überrascht«, sagte sie.
    »Verstehe ich auch nicht«, erwiderte er. Dann streckte er die Hand aus. »Wollen wir?«
    Sie hob eine Augenbraue.
    »Nach dieser Vorstellung?« sagte sie.
    »Ich sorge dafür, dass du einen guten Eindruck hinterlässt«, sagte er. »Versprochen.« Dann krümmte er die Finger, winkte sie zu sich, als wollte er sagen: »Komm her.«
    Sie lächelte immer noch, schüttelte aber den Kopf.
    »Ach, nun komm schon.« Seine Stimme klang schmeichlerisch, bittend. »Ausgerechnet du, die Frau, die vor nichts Angst hat, scheust dich davor, mit mir zu tanzen?«
    »Ich habe keine Angst.«
    »Dann komm, wagen wir einen Versuch.« Der spielerische Unterton war aus seiner Stimme gewichen. Er sah sie an und stand ungerührt da, wartend.
    Sie reichte ihm die Hand, und als ihre Finger sich berührten, sprang der Funke über, entluden sich die Wärme und die elektrische Spannung des Augenblicks, übertrugen sich von Haut zu Haut.
    Zunächst führte Bradford sie langsam, mit den Bewegungen eines Lehrers, bis er gemerkt hatte, dass sie mit dem Tango vertrauter war als er selbst. Jetzt wurde er lebhafter, forderte sie, und der Tanz wurde reinste Magie, Schlag auf Schlag, energiegeladen, die Oberkörper straff gespannt, die Hüften geschmeidig und sinnlich, jede Berührung lebendig und weit ausdrucksstärker als alle Worte, im Einklang miteinander, erhitzt, verschwitzt, bis Munroe im Hintergrund Logan entdeckte und der Bann gebrochen war.
    Sie nickte in seine Richtung, und Bradford folgte ihrem Blick. Er wartete, bis die Musik abbrach, dann führte er sie an den Tisch zurück.
    Wenige Augenblicke später war Logan bei ihnen. Er hatte
sie schon eine Weile beobachtet, deutlich zu erkennen an der dunklen Wolke auf seinem Gesicht, als sei ihm beim Anblick der Tanzenden klar geworden, wie Munroe ihre Zeit in Buenos Aires bis jetzt verbracht hatte.
    Sie kniff ihn über den Tisch hinweg in die Wange, als wäre er ein kleiner Junge. Mit dieser Geste war das Eis sofort gebrochen. Logan klopfte ihr auf die Finger. Sie lachte, ignorierte seine stumme Anklage, bot ihm einen Drink und ein paar Antipasti an und kam sofort zum Geschäftlichen.
    »Ich habe alles, was du über Gideon wissen wolltest«, sagte Logan. »Könnte sein, dass dir das ein bisschen mehr Klarheit über seine eigentliche Motivation verschafft.«
    Munroe nickte und bedeutete ihm weiterzumachen.
    »Allem Anschein nach hat er im Alter von vierzehn, fünfzehn Jahren in Argentinien gelebt. Als er hier gelandet ist – das muss kurz nach seinem vierzehnten Geburtstag gewesen sein –, hat ein Mann in seiner Oase gelebt, ein Amerikaner, unverheiratet. Wie er heißt, weiß ich nicht.« Logan holte Luft, machte eine längere Pause, dann fuhr er fort. »Er hat Gideon vergewaltigt«, sagte er. »Wohl ziemlich häufig.«
    Bei Logans Worten tat sich ein Spalt auf, und Munroe wurde aus der Gegenwart gerissen, weg von diesem Abend, weg von Bradford und der Musik. Sie stand nun am Rand eines Abgrundes und starrte hinab in die Tiefe, in die Glut und das Feuer. Ihr Herz schlug schneller. Sie nahm die Hände vom Tisch und legte sie in ihren Schoß, wo niemand die unkontrollierbare Wut sehen konnte, mit der sie wieder und wieder die Fäuste ballte. Logan sprach weiter, und mit seiner Schilderung kamen die Flammen aus der Tiefe nach oben gelodert. Bilder. Hilflosigkeit. Hass. Gewalt.
    Etwas, was nicht heute geschehen war, sondern vor längst vergangener Zeit.
    »Das hat ungefähr ein Jahr lang gedauert«, sagte Logan, »dann wurde Gideon in eine andere Oase verlegt. Kurze Zeit später haben sie ihn dann rausgeworfen.«
    »Warum?«, fragte sie. Ihre Worte klangen ruhig. Hohl. Wie ein Echo.
    »Er hatte zunehmend psychische Probleme, Schwierigkeiten im Umgang mit den anderen. Sie haben behauptet, er sei von Dämonen besessen.«
    Munroe schwieg einen Augenblick lang still, kämpfte gegen die Wut an, schob sie beiseite, wurde wieder ruhiger. Sie konnte Gideons Zorn verstehen, die Leidenschaft, die ihn antrieb, die Feindseligkeit, mit der er sie und die Welt betrachtete. Sie kannte dieses Gefühl. Fühlte es. Lebte es. Er und sie waren einander ähnlicher, als sie beide es sich eingestehen wollten. Sie sagte zu Logan: »Ich dachte, bei den ERWÄHLTEN sei Homosexualität

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