Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
entfernt, wie es der dichte Busch zuließ. Auch seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt und sie war sicher, dass auch er neben einem Soldaten kniete, der eine Waffe auf seinen Kopf richtete. Dann kehrte eine gewisse Stille ein.
Noch mehr Männer waren im Anmarsch. Sie waren in der Nähe, befanden sich noch auf dem Pfad. Die genaue Anzahl ließ sich unmöglich bestimmen, aber ihrem Gefühl nach konnten es nicht mehr als sechs sein.
Bald würde die Hinrichtung stattfinden. Die Männer, die sie im Augenblick bewachten, würden nichts unternehmen, sondern auf die Befehle warten, die Sekunde um Sekunde näher kamen. Munroe machte die Augen zu, zwang sich zur Konzentration. Unter Umständen konnte sie es lebend hier rausschaffen. Ob sie sich auch noch um Beyard sorgen musste, ließ sich nicht sagen, aber jedes Zögern brachte sie ihrem Tod ein großes Stück näher. Die Dinge waren, wie sie waren – es hieß jetzt oder nie.
Sie kugelte ihren rechten Daumen aus und schlüpfte aus den Handschellen, ließ den Daumen wieder zurückschnappen und schloss die Faust fest um das Schlüsselbund. Dann beugte sie sich nach vorne, alle Muskeln gespannt, blickte zu dem Soldaten hinauf, lächelte ihn herzlich an und sagte auf Portugiesisch: »Willst du mich jetzt umbringen?« Er erwiderte nichts und wandte sich ab, blickte über den Fluss hinweg. Trotzdem hatte sie gesehen, wonach sie gesucht hatte. Seine Augen hatten sich für einen kurzen Moment des Erkennens geweitet. Er war Angolaner.
Sie fuhr fort: »Ich kann nicht sterben, ohne über den Schatz zu sprechen.« Sie sprach mit sanfter, singender Stimme, jedes Wort sorgfältig betonend. »Er liegt unter dem Hügel am Strand, fünf Kilometer südlich, dort, wo der Fluss ins Meer mündet.« Mit jedem Wort wurde ihre Stimme ein klein wenig leiser, bis am Ende nur noch ein Flüstern zu hören war. Der Mann konnte gar nichts dagegen machen – mit jedem Wort rückte er den Kopf ein kleines Stückchen näher, um zu verstehen, was sie sagte.
Sie schlug zu wie eine Mamba. Tödlich. Lautlos. Schnell. Ohne jedes Geräusch rissen die Schlüssel den Hals des Mannes auf. Da, wo vorher seine Luftröhre gewesen war, gähnte jetzt ein riesiges Loch. Die Wucht ihres Schlages riss ihn zu Boden, Luft und Blut drangen blubbernd aus seiner Kehle. Seine Hände suchten nach der Waffe, die knapp außerhalb seiner Reichweite lag, und Munroe versetzte ihr einen Fußtritt. Einen Schuss konnte sie nicht zulassen, nur List und absolute Stille. Sie setzte sich auf ihn, packte seinen Kopf und drehte ihn zur Seite, bis es knackte. Dann legte sie sich flach auf den Boden, hielt mit der einen Hand die Leiche und mit der anderen die Waffe fest und ließ sich in das Flussbett gleiten, suchte und fand Halt an den Wurzeln, die immer wieder durch den Schlamm an die Oberfläche stießen. Sie griff nach dem Messer an seinem Gürtel, nahm die Pistole und steckte sie hinten in ihren Hosenbund, schlang sich das Sturmgewehr über die Schulter und ließ den Leichnam los. Er rutschte die Böschung hinunter und landete mit dem Gesicht voraus in dem schlammigen Wasserlauf, brachte eine Spur mehr Rot hinein. Das alles hatte fünf Sekunden gedauert. Beyard hätte in dieser Zeit zehnmal sterben können, aber sie hatte keine Schüsse und auch sonst keine Geräusche aus seiner Richtung gehört. Munroe kletterte hinauf bis an die Kante, bereit, seinen Bewacher anzufallen, und begegnete Beyards Stiefelsohlen. Er kam ebenfalls ins Flussbett gerutscht, und auch er zog eine Leiche hinter sich her.
Mit schnellen Handgriffen durchsuchte sie Beyards Bewacher nach den Schlüsseln für die Handschellen. »Wie zum Teufel hast du das angestellt?«, fragte sie. Ihre Suche blieb erfolglos.
»Glaubst du vielleicht, ich hätte so lange überlebt, wenn ich mein Leben anderen Leuten anvertraut hätte?« Er stieß ein heiseres Lachen aus. »Danke für die Ablenkung.« Dann lächelte er angestrengt, ließ die Leiche ins Flussbett rutschen und zischte: »Vorwärts.«
Sie neigte den Körper zur Böschung hin und schwang sich dann im Krebsgang vorwärts, halb kriechend, halb hüpfend, suchte Halt, wo immer es möglich war. Tempo war jetzt das alles Entscheidende. Beyard war dicht hinter ihr, und wie sie hatte er ein Sturmgewehr auf dem Rücken hängen, während er sich die Böschung entlangarbeitete und mit allen Mitteln zu verhindern suchte, ins Flussbett abzugleiten. Stimmengewirr schallte durch das Flussbett, Munroe und Beyard krabbelten nach
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