Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
makellos und der massive Holzschreibtisch so riesig, dass er fast die gesamte Breite der hinteren Wand einnahm. Akambe setzte sich in seinen übergroßen Chefsessel hinter dem Schreibtisch und bot Munroe einen Platz auf dem Sofa an, das im rechten Winkel dazu stand.
»Essa«, wiederholte er, nachdem der Kaffee serviert war. »Wo hast du dich bloß die ganze Zeit über versteckt?«
»Auf der anderen Seite des Ozeans. Ich habe studiert und gearbeitet.«
»Aha«, erwiderte er, lehnte sich zurück und faltete die Hände über seinem voluminösen Bauch. »Du warst also bei deinem Volk. Dein Verschwinden hat hier ziemlich viel Wirbel ausgelöst. Francisco hat ein kleines Vermögen ausgegeben, um dich zu suchen. Er hat erst damit aufgehört, als er sicher war, dass du noch lebst und das Land verlassen hast.«
Schlagartig meldete sich das schlechte Gewissen zu Wort und erweckte, zusammen mit dem sich anschließenden dumpfen Gefühl des Schmerzes, einen vielstimmigen Chor zum Leben, der sang und ihren Namen rief und um Aufmerksamkeit buhlte. Sie hielt Akambes Blick stand, und als der Krawall in ihrem Inneren abgeebbt war, sagte sie: »Hast du etwas von ihm gehört?«
»Ich sehe ihn alle paar Monate, wenn er in der Stadt ist.«
»Also ist er immer noch in Afrika?«
»Er bleibt hier.«
Sie zuckte zusammen und trank noch einen Schluck von dem süßen Kaffee. »Wie geht es ihm?«
Akambe rührte sich noch einen Löffel Zucker in die cremig braune Flüssigkeit und sagte für eine Weile nichts. Dann hob er den Blick. »Er hat sich verändert. Er arbeitet härter und lebt härter, widmet sich den Frauen und dem Alkohol, benimmt sich weniger wie du und mehr wie ich.« Er stieß ein dröhnendes Lachen aus und fuhr dann fort: »Und dann zieht er sich wieder in die Einsamkeit zurück. Auf der Insel, bei Ureca, hat er sich ein Haus gebaut.« In der nun folgenden Pause kippte er sich noch einen Löffel Zucker in die Tasse. »Die Zeit lässt die Seele altern«, meinte er dann. »Und sie lassen ihn in Ruhe, solange er ihnen ab und zu etwas liefert.« Akambe blieb einen Augenblick lang stumm. »Du solltest ihn besuchen, Essa. Zumindest das hat er verdient.«
Achselzuckend stellte sie ihre Tasse ab. »Wenn es sich ergibt, mache ich das. Aber im Moment habe ich zu tun, und die Zeit drängt. Ich brauche deine Hilfe. Machst du immer noch Papiere?«
»Manchmal ja, manchmal nein.« Dabei neigte er den Kopf erst nach rechts und dann nach links. »Was brauchst du denn?«
Sie gab ihm die Passbilder von sich und Bradford. »Ich brauche zwei Sätze mit Aufenthaltsgenehmigungen für mich und für ihn.«
»Das kann ich machen«, sagte er.
»Für Kamerun und für Äquatorialguinea.«
»Aha.« Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Äquatorialguinea dauert länger. Und kostet mehr.«
»Am liebsten Diplomatenstatus«, ergänzte sie, legte die restlichen Fotos auf den Tisch und darauf ein Bündel Geldscheine. »Wenn das nicht reicht, bekommst du den Rest beim nächsten Mal.«
Er besah sich die Scheine flüchtig. »Das reicht«, meinte er dann. »Wo wohnst du? Ich lasse dir die Papiere bringen, in fünf Tagen.«
»Im Hotel Parfait Garden«, erwiderte sie und stand auf.
Akambe bedeutete ihr mit erhobener Hand, noch einen Moment zu warten, und sagte dann bedeutungsschwanger: »Essa, ich bin auf der Suche nach einer Frau.«
Sie musste lächeln, so vorhersehbar waren seine Worte gewesen, bemühte sich aber um einen neutralen Gesichtsausdruck.
»Boniface, gut möglich, dass ich eines Tages dein Angebot annehme, aber heute nicht.« Im Taxi gestattete sie sich ein hörbares Kichern. Ehefrau Nummer vier.
Der Fahrer brachte sie von Kribi aus nach Süden und bog auf den schmalen, unbefestigten Weg ein, der am Strandhaus vorbeiführte. Eine dichte Hecke verhinderte jeden Blick von der Straße auf das Grundstück, und der Fahrer hielt vor dem Metalltor an, das dem Anschein nach den einzig möglichen Zugang versperrte. Munroe stieg aus, stand in der Schottereinfahrt und starrte auf die Barriere zwischen ihrem einstigen und ihrem jetzigen Leben. Die Stimmen aus der Vergangenheit erhoben sich, schwollen an, doch sie verbannte das Geschrei zurück in das Schweigen, bekämpfte den Drang, auf die Klingel zu drücken, und setzte sich wieder ins Taxi. Sie fuhren zurück in den Norden, nach Douala.
Als Munroe im Hotel ankam, war es dunkel. Sie kaufte sich eine Flasche Wasser und schloss Bradfords Zimmertür auf. Das Licht der Straßenlaternen schien
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