Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
sie jede Tür, dann wirkt sie wie eine Schmeichelei, der sich niemand entziehen kann, und genau davon machte Munroe jetzt Gebrauch.
Der Fahrer hieß Luca, war zweiundfünfzig Jahre alt und stammte aus Bari. Er war mit einigen Unterbrechungen seit acht Jahren als Vorarbeiter auf verschiedenen Baustellen in Äquatorialguinea tätig. Sein Beifahrer Salvatore war etwas jünger als er, aber nicht viel.
Er wühlte hinter seinem Sitz herum und brachte einen Erste-Hilfe-Kasten zum Vorschein. Munroe wurde von den zahlreichen Schlaglöchern und Querrillen durchgeschüttelt, während sie ihre Füße verband, und als die Männer sich nach dem fleckigen Stofffetzen um ihren Oberarm erkundigten, zuckte sie nur mit den Schultern. »Ein Kratzer«, meinte sie und fing ihrerseits an, Fragen zu stellen und so das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Die beiden unterhielten sie mit Anekdoten aus ihrem Leben in Äquatorialguinea und erzählten von ihren Familien daheim, die sie lediglich ein paar Monate im Jahr sahen.
Das Gehalt, das sie mit ihrer Arbeit auf der Insel verdienten, machte die schwierigen Bedingungen mehr als wett, und die Malaria machte ihnen weniger aus als die Tumbufliegen, deren Larven sich unter die Haut ihrer Wirte bohrten, um dort Nahrung zu suchen und Eier zu legen.
Sie näherten sich einer Biegung. Luca verlangsamte die Fahrt und wandte sich an Munroe: »Hast du Papiere?«
Zwei Reisepässe und eine Aufenthaltsgenehmigung. Aber die Reisepässe wollte sie auf gar keinen Fall riskieren und eine Aufenthaltsgenehmigung konnte unter den gegebenen Umständen problematisch werden. »Ist alles bei meinen Freunden geblieben.«
Luca hielt auf einem schmalen Seitenstreifen an, der direkt in die grüne Wand überging. Er rieb sich die Stirn und deutete dann die Straße entlang. »Da vorne kommt ein Kontrollpunkt. Sie werden deine Papiere sehen wollen. Sonst lassen sie dich nicht durch.«
Munroe wog die verschiedenen Optionen ab, konnte jede einzelne auf Lucas Miene ablesen und sagte, als seien es Zeilen aus einem Drehbuch, das sie in- und auswendig kannte: »Wenn das ein Problem ist, kann ich auch zu Fuß weitergehen.« Sie wartete kurz, dann machte sie Anstalten aufzustehen und sich an Salvatore auf dem Beifahrersitz vorbeizuschieben. »Ich möchte euch keine Schwierigkeiten machen. Danke für eure Hilfe und für die wundervolle Unterhaltung.«
Luca hielt sie mit ausgestrecktem Arm auf. Genau wie sie es beabsichtigt hatte. »Zu Fuß ist es zu gefährlich.« Er nahm seine schmuddelige Mütze ab und kratzte sich am Kopf. »Wir haben Bier dabei, das wir ihnen anbieten können. Dann schauen sie hinten nicht rein.«
Er setzte die Mütze wieder auf, kletterte aus dem Führerhaus und winkte ihr. Die Ladefläche war offen und mit Ausrüstungsgegenständen und Vorräten beladen. »Bleib unter der Plane, bis wir dich rausholen«, sagte er. »Bevor wir in Luba sind, kommt noch mal eine Kontrolle, vielleicht sogar zwei – man kann nie wissen.« Er vergewisserte sich, dass sie gut versteckt war, und dann hörte Munroe unter ihrer Plane, wie die Tür zugeknallt wurde und der Motor rumpelnd zum Leben erwachte.
Sobald sie den Kontrollpunkt hinter sich hatten, drehte sie sich so, dass sie unter ihrer Decke aus blauem Plastik hervor nach draußen spähen und frische Luft einatmen konnte.
Auf einer der wenigen asphaltierten Straßen in Luba kam der Lastwagen klappernd zum Stehen. Verwirrt zog Munroe sich noch weiter unter die Plane zurück. Sie hörte, wie Luca und Salvatore hastige Worte wechselten, konnte jedoch nicht verstehen, was sie sagten. Nach etlichen Minuten wurde die Tür des Führerhauses zugeschlagen, und der Laster setzte sich zum dritten Mal in Bewegung.
Als es schließlich zum letzten Mal still um sie wurde, befanden sie sich auf einem kargen Grundstück außerhalb der Stadt. Weder Luca noch Salvatore ließen sich blicken, wie es eigentlich verabredet gewesen war, und nachdem sie eine halbe Stunde oder noch länger gewartet hatte, legte Munroe sich verschiedene Szenarien zurecht. Sie beschloss, jetzt zu schlafen, solange es ging, und sich dann in der Nacht davonzustehlen.
Schritte weckten sie auf. Sie wollte nach ihren Messern greifen, und erst, als sie sie nicht finden konnte, fiel ihr wieder ein, wo sie war. Das mit den Messern war ein instinktiver Reflex, der sich zum ersten Mal nach fast sieben Jahren wieder gemeldet hatte. Sie drehte sich auf den Bauch und machte sich zum Sprung bereit. Die Schritte
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