Mission Munroe - Die Touristin: Thriller (German Edition)
Wasser. Sie schoben den Scheinwerfer die Reling entlang und gaben gelegentlich den einen oder anderen Schuss ab. Ihre Stimmen klangen wütend, vorwurfsvoll, und Munroe wusste, dass sie diesen Zwischenfall gegenüber ihren Vorgesetzten unter allen Umständen verschweigen mussten. Aus Sicht dieser Männer war sie tot, mausetot.
Sie ließ sich auf dem Rücken treiben, betrachtete die Sterne, drehte sich in Richtung Osten und schwamm los.
Die Oberflächenströmung war stark, und so dauerte es fast zwei Stunden, bis sie den samtig rauen Lavaboden unter ihren Füßen spürte, und noch einmal zehn Minuten, bis sie über die an diesem Teil der Küste vorherrschenden, pechschwarzen, seltsam geformten Felsen kletterte. Als sie weit genug vom Wasser entfernt war, ließ sie sich auf die Knie sinken und brach danach einfach zusammen. Keuchend rang sie nach Atem. Ihre Arme und Beine fühlten sich an wie Pudding. In weiter Ferne, nur noch ein leuchtender Stecknadelkopf in der Nacht, schaukelte ein Boot auf dem Wasser. Munroe schleppte sich zu einer Stelle, wo der Dschungel bis an die Felsen heranreichte, eine Nische, die ihr vor dem Wind und vor dem Meer gleichermaßen Schutz bot. Vor dem Regen, der bald einsetzen würde, gab es kein Entrinnen, aber das spielte keine Rolle.
Allein in der Dunkelheit, das Meer vor sich und den Dschungel im Rücken, so saß sie da und hörte, wie ihr Lachen die Stille durchbrach.
Sie befand sich auf der westlichen Seite der Insel. Ganz egal, wo sie an Land gespült worden war, die Straße konnte höchstens zwei, drei Kilometer weiter landeinwärts sein. Allerdings zwei, drei Kilometer mit dicht bewachsenem Dschungel. Sie würde sich einen Weg hindurchbahnen müssen. Barfuß. Es war besser, bis zum Morgengrauen zu warten.
Sie tastete nach ihrem Gürtel. Er war immer noch da, unter ihrer Hose. Damit hatte sie ein paar Möglichkeiten mehr. Die Kreditkarten waren zwar nutzlos geworden, aber mit den fünfzigtausend CFA-Francs und den zweihundert durchnässten Euro ließ sich etwas anfangen.
Sie döste nur gelegentlich ein wenig und war froh, als die ersten Sonnenstrahlen zwischen den Bergen hervorlugten und immerhin so viel Licht spendeten, dass sie sich auf den Weg machen konnte. Zunächst einmal musste sie Trinkwasser finden, noch bevor es richtig heiß wurde, damit sie nicht dehydrierte. Sie hatte zwar schon in der Nacht getrunken, als sich der Regen in den porösen Löchern der Lavasteine gesammelt hatte, aber das Wasser war jetzt versickert. Ganz in der Nähe reckten ein paar hohe, schlanke Palmen ihre Schatten über das Wasser. Sie hingen voll mit Kokosnüssen. Munroe dehnte den verletzten Arm und spürte Hitzestöße hindurchjagen.
Die Kugel steckte im Muskel fest und raubte ihm jede Kraft. Sie hätte den zehn Meter hohen Stamm wahrscheinlich hinaufklettern können, aber es war das Risiko nicht wert.
Also marschierte sie in südlicher Richtung an der Küste entlang, bis die Felsen in grobkörnigen Sand übergingen. Dort entdeckte sie ein paar Kokospalmen, die bereits eine ganze Anzahl Früchte abgeworfen hatten. Sie entschied sich für eine grüne mit bräunlichen Rändern. Mit einem großen Stein zerschmetterte sie die faserige Schale, legte das Innere frei und brach es vorsichtig auf, um keine Flüssigkeit zu verschütten. Sie trank und nahm sich dann die anderen vor, so lange, bis ihr Durst gestillt war. Anschließend aß sie sich an dem gummiartigen Fleisch der jungen Nüsse satt.
Sie setzte ihren Weg fort und suchte dabei regelmäßig den Horizont nach Booten ab. An ihren Fußsohlen bildeten sich die ersten Blasen, und die scharfkantigen Felsen brachten ihr blutige Schnitte bei. Als es in der Sonne unerträglich wurde, suchte sie sich eine schattige Stelle und schlief, bis der späte Nachmittag etwas Abkühlung brachte und sie weitergehen konnte.
Nachdem sie weitere anderthalb Kilometer nach Süden gegangen war, entdeckte sie einen schmalen Pfad, der von der Küste weg ins Grüne führte. Sie folgte ihm, bis der dichte Dschungel nach etwas über einem Kilometer von kleinen, geduckten, in schiefen Reihen gepflanzten Bäumen abgelöst wurde, die zwischen den umgebenden Riesen um jeden Lichtstrahl kämpfen mussten. An ihren kurzen, dicken Stämmen hingen pralle Schoten mit bitteren Kakaobohnen. Der Fußweg endete an einer befestigten Asphaltstraße.
Das war die zweispurige Straße nach Luba. Sie begann in Malabo und verlief immer an der Küste entlang um drei Viertel der Insel herum bis
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