Mission Sphinx: Thriller
wird, Mr. President.«
Der Präsident steckte eine Lucky Strike in eine Zigarettenspitze aus Bakelit. »Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Captain.«
Einer der Sicherheitsbeamten gab ihm Feuer und schob dann den Rollstuhl an den Tisch heran. Ein anderer stand in unmittelbarer Nähe des Präsidenten und trug die Tasche für die medizinische Notfallversorgung; die Medikamente für das Herz des Präsidenten, Einreibemittel, wenn er einen seiner häufigen Schweißausbrüche hatte, mehrere Schmerzmittel und - wie immer - eine kleine Flasche Whisky.
McCrea wartete, bis Roosevelt sich die Brille aufgesetzt hatte, und zeigte dann auf die ausgebreitete Karte. »Unser Kurs wird südlich der Azoren verlaufen, dann in nordöstlicher Richtung durch die Meerenge von Gibraltar und weiter nach Oran.
Geplante Ankunft ist in neun Tagen - also am zwanzigsten November, Mr. President. Dann werden Sie mit dem Flugzeug weiter nach Kairo fliegen, vorausgesetzt, es gibt keine Probleme.«
Roosevelt lächelte freundlich. Die Zigarettenspitze klemmte zwischen seinen Zähnen. »Ich nehme an, daß Sie darauf gut vorbereitet sind?«
»Wir sind sehr schnell und werden von einer Flotte von Zerstörern begleitet. Damit werden die deutschen U-Boote wohl kaum zurechtkommen. Aber genau kann man das natürlich nie sagen. Ein gewisses Risiko ist nicht zu vermeiden, Sir.«
Roosevelt zuckte die Achseln. »Das ist der Preis, den man im Krieg bezahlen muß, Captain.«
»Flugzeuge suchen die Gegend nach U-Booten ab, und die Zerstörer werden ihre Sonarausrüstung zu dem gleichen Zweck einsetzen. Die deutschen U-Boote sind die größte Bedrohung.
Sie sind wirklich gefährlich.«
Roosevelt nahm die Zigarettenspitze aus dem Mund und hob den Kopf. Sein Gesicht war jetzt ernster. »Dies ist eine wichtige Reise, Captain. Man könnte sogar sagen, daß das Leben Hunderttausender Menschen - vom Ausgang des Krieges und der Zukunft unseres Landes ganz zu schweigen - von meiner Ankunft abhängt. Glauben Sie, daß wir es schaffen werden?«
McCrea dachte einen Augenblick nach, bevor er antwortete.
»Es ist schwer, eine Voraussage zu treffen, Mr. President, vor allem, da der Feind im Atlantik so aktiv ist. Aber die Deutschen haben keine Kenntnis von unseren Plänen, und wir sind sehr schnell, daher bin ich ziemlich sicher, daß wir Sie wohlbehalten ans Ziel bringen werden.«
Roosevelt nahm seine Brille ab und lächelte sein berühmtes schiefes Lächeln. »Captain, es sieht wohl so aus, als läge mein Schicksal im Augenblick ganz in Ihren Händen.«
Der Mann trug das dunkelblaue Ölzeug der US-Küstenwache und wartete bereits seit über drei Stunden. Er lag im regennassen Gras der Landspitze von Norfolk und stützte das leistungsstarke Marinefernglas auf dem Arm ab. Als er den Schlepper auf die Iowa zusteuern und anlegen sah, hatte der Regen aufgehört, und die Sicht war wesentlich besser. Er lag da und beobachtete das Schiff, so gut er es aus so großer Entfernung vermochte. Fünf Minuten später verstaute er das Fernglas unter seinem Ölzeug und ging rasch zu der Stelle zurück, wo er sein Fahrrad im hohen Gras versteckt hatte. Dann stieg er auf und fuhr davon.
6
Berlin 14. November 8.30 Uhr Admiral Wilhelm Canaris war ein merkwürdiger Mann.
Er schlurfte in Pantoffeln umher, und sein Büro war in ständiger Unordnung. Das obligatorische Wandporträt von Adolf Hitler war nirgends zu sehen, denn Canaris - oder der
›Kleine Admiral‹ , wie der ehemalige U-Boot-Kommandant von seiner alten Mannschaft liebevoll genannt wurde - hatte nichts als Verachtung für die vulgären, wichtigtuerischen Nazigrößen übrig. Aber diese Verachtung behielt er für sich, denn Canaris war ebenfalls Chef der Abwehr, des militärischen Geheimdienstes der Deutschen im Krieg. Somit hatte er die Verantwortung für zwanzigtausend Mann in dreißig Ländern der Welt.
Von außen klopfte ein junger preußischer Adjutant an die Tür des Büros im Hauptquartier der Abwehr, Tirpitzufer 74-76, am Landwehrkanal in Berlin. Als er keine Antwort bekam, trat er ein. Der Adjutant war neu und kaum eine Woche auf seinem Posten, aber er war bereits hinreichend mit den Marotten des Admirals vertraut. Er sah einen kleinen Mann Mitte Fünfzig mit buschigen, grauen Augenbrauen und einem krummen Rücken, der aussah wie der Direktor einer Landschule. Er trug ausgefranste Pantoffeln und eine verknitterte Marineuniform und kniete gerade auf dem Boden, neben sich zwei Dackel, die ein paar
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