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Mission Spyflight

Mission Spyflight

Titel: Mission Spyflight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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getönten Spiegel. Die Tätowierungen, die er sich hatte machen lassen, als er zuletzt wegen Totschlags im Affekt vier Jahre im Knast saß, bereute er ein bisschen. Ansonsten hatte er die Zeit gut genutzt, indem er ein ausgezeichnetes Kontaktnetz geknüpft und Jura studiert hatte. Nach seiner Freilassung hatte er eine Anwaltskanzlei im Helsinkier Stadtteil Kallio aufgemacht. Seine Klienten waren zumeist Wirtschaftskriminelle gewesen, die er im Gefängnis kennengelernt hatte, allerdings wurde er bald in einen großen Geldwäscheskandal hineingezogen. Ganz knapp war er einem Urteil entgangen, worauf er beschlossen hatte, dass Schreibtischarbeit nichts für ihn war. Mehr als genug Action fand er schließlich als Söldner auf dem Balkan.
    Er drehte vor dem Aufzugspiegel das Gesicht nach rechts. Die Narbe am Hals, die er sich bei der Auseinandersetzung um Mostar zugezogen hatte, war noch als heller Streifen zu erkennen. Der Balkan war ein gutes Sprungbrett in den Irak gewesen, wo er bei der britischen Sicherheitsfirma
Security Forces International
angefangen hatte. In Bagdad war er bald zum Leiter der Truppenabteilung aufgestiegen, aber dann hatte es einen kleinen Rückschlag gegeben, den er manchmal noch immer in Form eines Schmerzes im Rücken spürte: In der Vorstadt von Bagdad war fünfzig Meter von ihm entfernt eine Straßenbombe explodiert und hatte einen Splitter in seinen Rücken geschleudert. Sein Arbeitgeber war für den Krankenhausaufenthalt aufgekommen, aber wenig später hatte Hurme Bagdad verlassen und war nach Helsinki |213| gegangen, wo er seine eigene Sicherheits- und Inkassofirma gegründet hatte.
    Hurme klopfte dreimal an die Tür von Zimmer fünfhundertfünf. Das Verhör des jungen Mannes, der auf dem Hermes-Testgelände herumgeturnt war, hatte nicht genug Neues ergeben, aber das musste Lin Hu nicht wissen. Der Chinese brauchte seine Dienste und er brauchte das Geld des Chinesen, so einfach war das, dachte Hurme und beschloss bei der Gelegenheit auch gleich, die gut aussehende Kleine vom Empfang zum Abendessen einzuladen. Immerhin hatte sie gelächelt.
    Lin Hu entriegelte die Tür und öffnete sie einen Spalt. Als er Hurme sah, blinzelte der Chinese und machte die Tür ganz auf, blieb aber kurz dahinter stehen. Hurme trat ein und bemerkte sofort, dass Lin einen Revolver hinter dem Rücken versteckt hielt.
    »Das ist in diesem Land vielleicht keine so gute Idee«, sagte Hurme, setzte sich in einen Sessel und zündete sich eine Zigarette an. »Die Polizei ist bei Ausländern manchmal unangenehm neugierig.«
    Lin Hu lächelte und legte den Revolver auf den Glastisch. Der Mann war offensichtlich nervös, er ging im Zimmer hin und her und umklammerte dabei sein Handy, als wartete er auf eine Mitteilung.
    »Sie haben das Gerät nicht innerhalb der Zeit beschafft, die vereinbart war«, sagte Lin im Gehen. »Sie haben Ihr Budget um fast zwanzig Prozent überzogen. Was sagen Sie dazu?«
    Hurme blies die Rauchringe direkt auf den Chinesen. |214| »Ich warte darauf, dass sich Johnson meldet. Sie sind dem Gerät auf der Spur. Meiner Einschätzung nach bekommen wir es innerhalb von vierundzwanzig Stunden.«
    »Das haben Sie gestern auch gesagt. Ich habe gesagt: Die Russen haben Hermes. Was sagen Sie dazu? Die zwei Millionen Euro sind an die Lieferzeit des Geräts gebunden.«
    Die Erwähnung der Summe versetzte Hurme einen Stich. Er musste Lin überzeugen, sonst würde ihm das Honorar entgehen. Und er musste das Geld bekommen, oder zumindest einen Teil davon, denn er hatte eine halbe Million Schulden und die Gläubiger saßen ihm im Nacken. Die Inkassomaßnahmen dieser Leute waren kein bisschen zarter als die seiner eigenen Mitarbeiter.
    »Sie bekommen exakt vierundzwanzig Stunden«, erklärte Lin Hu knapp und fing wieder an, mit dem Revolver zu spielen. »Ich kann hier nicht länger bleiben. Ich brauche irgendein anderes Hotel in Helsinki. Sie haben genau vierundzwanzig Stunden.«
    Turo Hurme drückte die Zigarette aus. Auf Lins Gesicht blitzte ein seltsames Lächeln auf und Hurme fühlte sich erst im Aufzug etwas besser.
    Die Rezeptionistin gönnte ihm nicht einmal einen Blick, als er zum Ausgang marschierte. Sie war damit beschäftigt, mit einem Mann, der wie ein abgehalfterter Rocker aussah, zu flirten.
     
    Ein kalter Luftstrom kam durch den engen Tunnel, der unter den Wandbrettern in die Freiheit führte. Aaro grub mit den Händen in der nassen Erde und schob sie nach |215| draußen. Durch den Sturzregen war

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