Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
eine spöttische, vertraute Stimme.
Drake sah sich um und beobachtete, wie Munro durch einen Gang auf der linken Seite den Raum betrat. Er lächelte erfreut, und sein Glasauge glitzerte in dem matten Glühen der Computerbildschirme. Wie die anderen Männer trug auch er einen schwarzen Kampfanzug, und unter seinen schweren Kampfstiefeln knirschte der Müll, der den ganzen Boden übersäte. Seiner breiten Brust und den muskulösen Oberarmen und Schultern nach zu urteilen, war er nicht nur groß, sondern auch durchtrainiert.
Und seine Ausstrahlung, sein Charisma und seine gebieterische Haltung gingen weit über rein körperliche Größe hinaus. Munro war ein geborener Anführer gewesen, der seine Männer in den Kampf führte, und trotz allem, was geschehen war, schien er diese Gabe nicht verloren zu haben.
»Es ist gut, sich endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.«
Drake erwiderte finster seinen Blick. »Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen. Wo ist meine Schwester?«
Munro lächelte. »Familienbande. Das ist so verflucht rührend.« Er drehte sich zu der Tür herum, durch die er gerade getreten war, und hob die Stimme. »Barnes, schaff sie her!«
Drake stockte der Atem, als eine Frau in schmutziger, verschwitzter Bürokleidung in den Raum gestoßen wurde. Ihr Wächter, ein Mann mittleren Alters mit einem glatt rasierten Kopf und einem langen grauen Ziegenbart, folgte ihr mit zwei Schritt Abstand und hielt eine Glock auf sie gerichtet.
Man hatte ihr die Hände auf den Rücken gebunden, genau wie Drake. Ihr schulterlanges braunes Haar war fettig, schmutzig und zerzaust, einzelne Strähnen fielen ihr in die Stirn. Offenbar hatte sie die letzten Tage unter erbärmlichen Bedingungen zugebracht, aber er konnte keine offensichtlichen Zeichen von Gewaltanwendung entdecken. Keine blauen Flecken, keine Platz- oder Schürfwunden. Der Blick ihrer Augen, die ebenso leuchtend grün waren wie seine, war auf ihn gerichtet.
»Ryan!«, rief sie und wollte zu ihm hinlaufen. Ein harter Schlag in den Nacken zwang sie in die Knie. Benommen hockte sie da und stöhnte vor Schmerz.
»Du Scheißkerl!«, spie Drake hervor und warf Barnes einen hasserfüllten Blick zu. Er zerrte so heftig an den Fesseln, dass er seine Haut abschürfte.
»Ich halte mein Wort, Drake«, erklärte Munro, den diese kurze Zurschaustellung von Gewalt nicht im Geringsten zu berühren schien. »Ich habe Ihnen ja versprochen, Sie würden wieder mit Ihrer Schwester vereint werden. Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann raus damit.«
»Jess. Jess, sieh mich an«, wandte sich Drake an seine Schwester. Seine Stimme war jetzt weicher, sanft und aufmunternd. Es war dieselbe Stimme, mit der er zu ihr gesprochen hatte, wenn sie wütend auf ihn gewesen war, als sie noch Kinder waren.
Sie blinzelte und schüttelte den Kopf, um einen klaren Blick zu bekommen, und sah ihn dann an. Tränen traten i hr in die Augen. »Ryan … Es tut mir leid«, stieß sie hervor. Sie rang um ihre Fassung, jetzt, da sie einander so nahe waren.
Drake konnte es nicht ertragen, sie so zu sehen. Seine Stimme klang belegt, und sein Hals war wie zugeschnürt, als er antwortete. »Es wird alles gut. Das verspreche ich dir. Wir sind hier. Sie werden dich jetzt gehen lassen.«
Munro hatte das Spiel offenbar satt und nickte Barnes zu. »Bring sie weg.«
Barnes trat vor, packte sie unter den Achseln und hob sie einfach hoch. Dann schleppte er sie zur Tür. Jessica bockte und zappelte, trat um sich und erwischte ihn mehrmals an den Schienbeinen. Aber ihre Tritte waren weder kräftig no ch gezielt genug.
»Ryan! Ryan!«, schrie sie. Ihre verängstigte Stimme hallte von den blanken Betonwänden wider.
»Alles wird gut, Jess!«, rief er ihr nach. Das waren zwar leere Worte, aber mehr konnte er nicht tun. »Das verspreche ich dir! Ich werde dich finden!«
Munro stand da, die Arme verschränkt, und verfolgte das Drama feixend, als wäre es eine Seifenoper. »Wirklich rührend, Drake.«
»Sie haben, was Sie wollten«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Lassen Sie sie gehen.«
Der andere Mann schüttelte den Kopf. »Sie wissen, dass ich das nicht machen kann. Das wussten Sie von dem Moment an, als ich sie als Geisel genommen habe.«
In diesem Moment erlosch Drakes letztes Fünkchen Hoffnung. Munro hatte recht; auch wenn er es nicht zugeben mochte, wusste er genau, dass der Mann sie niemals freilassen würde. Er hatte es immer gewusst. Er hatte es sich nur nicht eingestehen
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