Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
sie eindrang.
Der Mann hatte versucht, sie umzubringen. Er hätte ihr die Kehle durchgeschnitten, ihr die Augen aufgeschlitzt, ihr die Klinge in die Brust gebohrt.
Sie holte mit der Faust aus und schlug ihm damit ins Gesicht, spürte, wie die Knorpel in seiner Nase unter der Wucht des Schlages nachgaben. Das Teppichmesser fiel ihm aus der Hand, und sie fing es auf, bevor es auf dem Boden landete.
Dann packte sie ihn am Hemd und stieß ihn zurück, gegen den Ford Pick-up. Das Fahrzeug erbebte unter dem Aufprall.
Er hing jetzt schlaff in ihrem Griff, benommen und verängstigt, und das Blut lief ihm aus der Nase und seinen aufgeplatzten Lippen. Ihre Blicke begegneten sich, und sie sah die wilde, primitive Angst in seinen Augen. Ein Schauer der Erregung überlief sie.
Keine Schwäche wird in meinem Herzen nisten. Furcht hat keinen Platz in meinem Credo.
Sie hob das Teppichmesser, um ihm die Kehle durchzuschneiden. Doch im selben Moment packte jemand sie an der Schulter und riss sie zurück.
Sie wirbelte zu der neuen Bedrohung herum und packte die Waffe, um damit zuzuschlagen. Niemand konnte es mit ihr aufnehmen.
Ich werde keine Gnade walten lassen. Ich werde niemals zaudern.
Dann erstarrte sie. Der Mann vor ihr war nicht ihr Feind.
»Hör auf damit. Sofort!«, befahl Drake. Er war sichtlich wütend.
Die Waffe fiel ihr aus der Hand, und ihre blinde Wut verpuffte auf der Stelle. Etliche Sekunden lang stand sie nur da und keuchte, fast verdutzt über das, was da gerade passiert war.
Der Mann in dem karierten Hemd war neben dem Pick-up auf den Boden gesunken, hielt sich die zertrümmerte Nase und wimmerte leise.
»Steig ein!«, befahl Drake. Seine Stimme klang kalt, jegliche Wut war verflogen. Er war vollkommen sachlich. »Ich sagte, steig ein. Sofort!«
Darauf wusste sie nichts zu erwidern. Sie atmete langsam aus, drehte sich um, öffnete die Beifahrertür des Ford Taurus und setzte sich ruhig hinein.
Ein paar Sekunden später saß Drake auf dem Fahrersitz. Er ließ den Wagen an, legte den Gang ein und gab Vollgas. Sie fegten aus der Tankstelle, zwei Verletzte hinter sich zurücklassend.
38
Franklin hatte keine besonders gute Laune, als er an der Privatsekretärin seines Vorgesetzten vorbei in das innere Heiligtum von Cains Büroflucht ging. Sie machte keine An stalten, ihn aufzuhalten. Cain hatte offenbar klare Anweisungen erteilt, Franklin dürfe weder aufgehalten noch lange befragt werden.
Gegen das großzügige Büro des Direktors der Abteilung wirkte sein eigenes wie ein Bretterverschlag. Alles in dem Büro strahlte Luxus aus und war von makelloser Qualität, angefangen bei den Ledersofas über den antiken Kaffeetisch aus Mahagoni, das Bücherregal aus dem achtzehnten Jahrhundert, in dem dicht gedrängt ledergebundene Bücher standen, bis hin zu dem riesigen antiken Schreibtisch.
Dahinter saß Cain und tippte fleißig etwas in seinen Computer. Er blickte hoch und unterbrach seine Arbeit, als Franklin hereinkam. Allerdings machte ein Blick auf sein Gesicht deutlich, dass er keine Zeit für müßige Plaudereien verschwenden würde.
Cain umgab sich gern mit einer Aura der Herzlichkeit und guten Manieren, wenn ihm das angebracht schien, aber in Momenten wie diesem wurde der kalte, rücksichtslose Machtmensch unter der jovialen Tünche sichtbar. Es würden Köpfe rollen, und Franklin hatte das ungute Gefühl, dass seiner einer davon sein würde.
»Wie ist die Lage, Dan?«, kam Cain ohne weitere Einleitung zur Sache.
Franklin wappnete sich innerlich gegen das Donnerwetter, das jeden Augenblick auf ihn herunterprasseln würde. »Nicht gut. Drake konnte unbemerkt den Wagen wechseln, weil die Kameras in dem Parkhaus nichts aufgenommen haben. Er hat den Peilsender der Gefangenen entfernt und ist entkommen, bevor die Taktischen Teams dort aufgetaucht sind. Die beiden sind auf der Flucht.«
»Sieht ganz so aus«, erwiderte Cain mit kaum verhülltem Hohn. »Erklären Sie mir, wie das passieren konnte. Sie haben für diesen Mann gebürgt und ihn empfohlen.«
»Ich kenne ihn seit Jahren persönlich«, erwiderte Franklin. »Bisher hat er mir noch nie Grund gegeben, an seiner Loyalität zu zweifeln.«
Cain seufzte, beugte sich vor und legte seine Hände auf die Schreibtischplatte. »Sie sollten diese Angelegenheit so schnell wie möglich aus der Welt schaffen, Dan. Die Situation muss ohne weitere Verzögerung entschärft werden.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Drake ist Ihren Jungs vor zwei Stunden und
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