Mistelzweig und Weihnachtskuesse
gut?“, fragte sie und berührte sein Gesicht. Wieder einmal war sie im Krankenschwesternmodus und bemutterte ihn.
„Alles in Ordnung.“ Rasch schnappte er sich ihre Hand, hob sie an den Mund und küsste die Innenfläche.
Er hörte, wie ihr der Atem stockte. „Du denkst an Louise“, stellte sie fest, nur ein feines Beben in der Stimme.
„Ein bisschen“, gab er zu. Dann schlang er einen Arm um sie und machte sich mit ihr auf in Richtung von Travis’ Haus.
„Du hast ihnen nichts verraten, oder?“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
Sie schmiegte sich an ihn. „Jordan Haynes, du bist ein komplizierter Mann. Einerseits bist du wütend und nachtragend gegenüber Louise wegen allem, was passiert ist. Andererseits willst du sie nicht bloßstellen. Was sagt uns das über dich?“
„Dass ich ein Schwachkopf bin.“
„Ich glaube lieber daran, dass du eine gute Seele hast.“
„Danke. So etwas hört jeder Mann gern.“
Ihr leises Lachen erwärmte sein Herz.
„Wirst du ihnen von dem Baby erzählen?“
„Ich weiß nicht. Es ist lange her. Wo auch immer sie sein mag, sie ist kein Baby mehr, sondern eine Frau. Würde sie Teil von all dem hier sein mögen?“
Dass er in Wirklichkeit seine Halbschwester finden wollte, behielt er für sich . Nur wegen Louise hielt er sich zurück. Denn wenn er sich zur Wahrheit bekannte, würde er ihr einen festen Platz in der Familie zugestehen. Noch immer gab er ihr die Schuld an allem, was geschehen war. Sie sollte nicht auch noch dafür belohnt werden, indem er sie als ein Familienmitglied willkommen hieß.
„Früher habe ich mir immer eine Schwester gewünscht“, sagte Holly. „Du hast Glück, dass du deiner Familie so nahe stehst.“
„Das würdest du nicht sagen, wenn du meinen Vater kennengelernt hättest.“
„Von Louise und dir habe ich ein wenig über ihn gehört. Er scheint schwierig zu sein.“
„Vorsichtig ausgedrückt.“ Er dachte über die Vergangenheit nach. „Wenn ich die Wahrheit früher herausgefunden hätte, über Louise und meinen Vater, ich meine …“
„Was hättest du tun sollen? Du warst zu jung, um irgendetwas auszurichten.“
„Wahrscheinlich hast du recht.“ An der Treppe zu Travis’ viktorianischem Wohnsitz blieben sie stehen. Die anderen waren bereits hineingegangen.
Holly stand auf der untersten Stufe, sodass sie fast auf einer Augenhöhe waren. Sie legte die Hände auf seine Schultern. „Du gibst also zu, dass du jung warst und nicht wusstest, was du tun solltest?“
„Sicher, wenn es dich glücklich macht.“
Ihr Blick traf den seinen. „Louise war auch jung.“
Jordan versuchte, sich wegzudrehen, doch sie verstärkte ihren Griff. Natürlich hätte er sich ohne Weiteres losmachen können, aber er wollte sie nicht kränken.
„Es wird nicht funktionieren, Holly.“
„Warum nicht? Es ist wahr. Sie war siebzehn Jahre alt, und sie hat einen Fehler gemacht. Gerade eben hast du zugegeben, dass du auch nicht fehlerfrei bist. Warum muss sie alle Schuld tragen? Dein Vater war erwachsen. Wenn jemand deine Wut verdient, dann er.“
Er wollte nicht darüber streiten, aber ihre Worte wollte er auch nicht hören. „Was willst du?“
„Ich finde, dass es leichter ist, Louise statt deinem Vater Vorwürfe zu machen. An der Wahrheit ändert es aber nichts.“
Auch wenn er ihr nicht glauben wollte, war er gleichzeitig nicht sicher, ob er ihre Argumente weiter ignorieren konnte.
Eine Weile musterte sie ihn mit ernsten Augen. Dann lächelte sie und griff nach seiner Hand. „Komm rein, da ist es warm“, forderte sie ihn auf und zog ihn hinter sich her.
PLÖTZLICH DURCHFUHR IHN DAS VERLANGEN WIE EIN BLITZ, SO HEFTIG, DASS IHM DIE LUFT WEGBLIEB. IHM WAR KLAR, DASS SIE MEINTE, SIE SOLLTEN AUS DER KÄLTE INS HAUS GEHEN. ABER FÜR DIE DAUER EINES HERZSCHLAGS WÜNSCHTE ER, SIE MEINTE MEHR. ER WÜNSCHTE, SIE LIESSE IHN IN IHR HERZ.
13. KAPITEL
Es war kurz vor Mitternacht, als Holly und Jordan vom weihnachtlichen Singen mit dem Rest der Haynes-Familie wieder nach Hause kamen. Eigentlich hätte Holly müde sein müssen. Fast die ganze letzte Nacht hatte sie mit Jordan geredet und anschließend einen langen Arbeitstag gehabt. Denn als sie heute Morgen die Ladentür geöffnet hatte, warteten die Kunden bereits, und erst weit nach Ladenschluss waren alle Wünsche erfüllt gewesen. Es schien, als hätten viele den Weihnachtseinkauf bis zur allerletzten Minute hinausgeschoben.
Aber statt erschöpft zu sein, fühlte sie sich
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