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Mister Aufziehvogel

Mister Aufziehvogel

Titel: Mister Aufziehvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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unter Leute zu gehen.«
    »Danke für das Angebot, aber Sie haben doch bestimmt eigenes zu tun, und ich kann auch nicht ewig hier eingeschlossen bleiben.«
    Auch darüber dachte Kreta Kano eine Weile nach. »Malta Kano wüßte wahrscheinlich, was man dagegen tun könnte.«
    »Würde es Ihnen dann etwas ausmachen, sich meinetwegen mit ihr in Verbindung zu setzen?«
    »Malta Kano setzt sich mit anderen Leuten in Verbindung, aber sie erlaubt anderen Leuten nicht, sich mit ihr in Verbindung zu setzen.« Kreta Kano biß in ein Stück Brokkoli.
    »Aber Sie dürfen sich doch bestimmt mit ihr in Verbindung setzen, oder?«
    »Natürlich. Wir sind Schwestern.«
    »Na schön, warum können Sie sie dann nicht das nächste Mal, wenn Sie mit ihr sprechen, wegen meines Mals fragen? Oder Sie könnten sie bitten, sich mit mir in Verbindung zu setzen.«
    »Es tut mir leid, aber das kann ich nicht. Es ist mir nicht erlaubt, mich im Auftrag von Dritten an meine Schwester zu wenden. Das ist sozusagen eine Regel, die wir haben.«
    Ich butterte meinen Toast und stieß einen Seufzer aus. »Wollen Sie damit sagen, wenn ich mit Malta Kano etwas zu besprechen habe, kann ich nur darauf warten, daß sie sich mit mir in Verbindung setzt?«
    »Genau das will ich sagen«, sagte Kreta Kano und nickte. »Aber was dieses Mal angeht; solange es nicht weh tut oder juckt, würde ich Ihnen raten, es einfach für eine Weile zu vergessen. Ich lasse mich nie von solchen Dingen aus der Ruhe bringen. Und Sie sollten sich davon auch nicht aus der Ruhe bringen lassen, Herr Okada. Manchmal bekommt man einfach solche Dinge.«
    »Da hab ich meine Zweifel.«
    Danach aßen wir mehrere Minuten lang schweigend weiter. Es war inzwischen eine ganze Weile her, daß ich mit jemand anderem zusammen gefrühstückt hatte, und dieses Frühstück schmeckte auch ganz besonders köstlich. Kreta Kano schien sich zu freuen, als ich es ihr sagte. »Aber was Ihre Sachen angeht …« sagte ich.
    »Stört es Sie, daß ich, ohne zu fragen, Kleidungsstücke Ihrer Frau angezogen habe?« fragte sie sichtlich besorgt.
    »Nein, überhaupt nicht. Es ist mir gleichgültig, was Sie von Kumikos Sachen anziehen. Sie hat sie schließlich hiergelassen. Mir bereitet nur Kopfzerbrechen, wie Sie Ihre eigenen Sachen verlieren konnten.«
    »Und nicht nur meine Kleider. Meine Schuhe auch.«
    »Also, wie ist das passiert?«
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte Kreta Kano. »Ich weiß nur so viel, daß ich in Ihrem Bett aufgewacht bin und nichts anhatte. Was davor passiert ist, daran kann ich mich nicht erinnern.«
    »Aber Sie sind doch in den Brunnen gestiegen, oder? Nachdem ich gegangen war?«
    »Daran erinnere ich mich. Und ich bin da unten eingeschlafen. Aber von da an erinnere ich mich an nichts mehr.«
    »Das heißt, Sie können sich überhaupt nicht daran erinnern, wie Sie aus dem Brunnen herausgekommen sind?«
    »Nicht im mindesten. In meinem Gedächtnis ist da eine Lücke.« Kreta Kano hielt beide Zeigefinger ungefähr zwanzig Zentimeter voneinander entfernt in die Höhe. Wieviel Zeit das darstellen sollte, war mir allerdings nicht klar. »Dann erinnern Sie sich vermutlich auch nicht, was Sie mit der Strickleiter gemacht haben, oder? Die ist nämlich weg.«
    »Von der Leiter weiß ich nichts. Ich kann mich nicht einmal erinnern, ob ich sie überhaupt benutzt habe, um aus dem Brunnen zu steigen.« Ich starrte eine Weile auf die Kaffeetasse in meiner Hand. »Hätte Sie was dagegen, mir Ihre Fußsohlen zu zeigen?« fragte ich.
    »Nein, ganz und gar nicht«, sagte Kreta Kano. Sie setzte sich auf den Stuhl neben dem meinen und streckte die Beine in meine Richtung aus, damit ich ihre Füße von unten sehen konnte. Ich nahm ihre Fesseln in je eine Hand und untersuchte ihre Sohlen. Sie waren vollkommen sauber: schön geformt und absolut makellos - keine Risse, kein Schlamm, rein gar nichts. »Kein Schlamm, keine Risse«, sagte ich. »Aha«, sagte Kreta Kano.
    »Gestern hat es den ganzen Tag geregnet. Wenn Sie Ihre Schuhe irgendwo verloren hätten und von dort zu Fuß hierhergekommen wären, müßten Sie irgendwelche Schlammspuren an den Füßen haben. Und Sie müssen durch den Garten hereingekommen sein. Aber Ihre Füße sind sauber, und es ist nirgendwo Schlamm in der Wohnung.«
    »Aha.«
    »Was bedeutet, daß Sie von nirgendwo barfuß hierhergelaufen sind.« Kreta Kano neigte den Kopf leicht zur Seite und machte ein beeindrucktes Gesicht. »Das ist alles logisch unanfechtbar«, sagte sie.
    »Es mag

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