Mister Cool und Lady Crazy - Andersen, S: Mister Cool und Lady Crazy
berührte sie am Arm. „Bist du nervös?“
„Wie verrückt. Was natürlich total kindisch ist.“
„Überhaupt nicht. Du hast echt eine Menge durchgemacht, und jetzt auch noch das. Aber das erste Mal ist immer am schwersten. Ich schätze, das liegt daran, dass alles noch unbekannt ist. Dabei wette ich, dass du durch die Therapie riesengroße Fortschritte machen wirst.“
„Wenn sie mich nicht umbringt. Ich habe keine Lust mehr auf Schmerzen, und ich wette, dass es wehtun wird.“
„Die Möglichkeit besteht.“
Janna warf lachend den Kopf herum. „Das liebe ich an dir, Macy. Du beschönigst nie etwas oder versuchst, einen mit falschen Versprechungen zu beruhigen.“
Achselzuckend stieg sie aus, lief um den Wagen und half Janna heraus. „Hat wenig Sinn, dir was zu versprechen, wenn ich überhaupt nicht weiß, wovon ich rede. Aber ich drücke dir die Daumen, Janny.“
Als sie zehn Minuten später den Supermarkt betrat und den Gang mit den Hygieneartikeln entlanglief, dachte sie noch immer an ihre Cousine. Erst dieser Dreckskerl von Exmann und dann der Unfall. Janna hatte wirklich harte sechs Monate hinter sich, und Macy konnte nur hoffen, dass die Krankengymnastik ihr langsam wieder auf die Sprünge half.
Wahrscheinlich war es gut, dass Sean und seine gerade mal volljährige neue Freundin vor Kurzem nach Spokane gezogen waren. Zumindest riskierte Janna somit nicht ständig, ihnen über den Weg zu laufen. Zwar waren da noch immer seine Eltern, doch die behandelten Janna mit ausgesuchter Höflichkeit. Ihnen war es wichtig, zu ihrem einzigen Enkelkind eine gute Beziehung zu haben. Sie schämten sich für das Verhalten ihres Sohnes.
Macy ging gerade vor dem Regal mit dem Toilettenpapier in die Knie, als jemand hinter ihr gedehnt fragte: „Toilettenpapier, Macy? Wie passend. Du warst schon immer gut darin, aus allem Scheiße zu machen.“
Ein Seufzen unterdrückend wählte sie ein Zwölferpack, richtete sich wieder auf und warf es in den Einkaufswagen. Dann bückte sie sich erneut und schnappte sich ein weiteres Päckchen. Schließlich drehte sie sich um und sah ihrer Erzfeindin aus der Highschool ins Gesicht.
Von der ersten Sekunde an hatte Liz Picket sie nicht leiden können. Als Highschool-Schönheit, Cheerleader, Freundin des Footballstars Andrew Mayfield und einzige Tochter des reichsten Mannes der Stadt war Liz die unangefochtene Anführerin der beliebtesten Mädchenclique gewesen. Und diese Stellung hatte sie mit Zähnen und Klauen verteidigt. Am meisten allerdings hatte Macy überrascht, dass sich niemand je gegen sie gewehrt hatte.
Da sie schon gar nicht mehr zählen konnte, wie oft sie das neue Mädchen in der Klasse gewesen war, wusste Macy genau, dass man den Leuten niemals gestatten durfte, auf einem herumzutrampeln. Also hatte sie sich zur Wehr gesetzt. Nicht zu sehr, da sie doch unbedingt in Sugarville eine Heimat finden wollte. Trotzdem rastete Liz vollkommen aus, aus allgemeinen Anfeindungen wurden sehr persönliche. Und dann fragte Andrew Macy, ob sie mit ihm ausgehen würde. Er behauptete, dass er sich von Liz getrennt hätte. Das entsprach genauso wenig der Wahrheit wie alles, was er über Macys sexuelle Lockerheit herumerzählte, doch hatte Liz etwa ihm die Schuld gegeben?
Natürlich nicht. Stattdessen hatte sie Macy endgültig den Krieg erklärt.
Und hier standen sie nun, zehn Jahre später, und wie es schien, sollte das alte Spielchen wieder von vorne beginnen.
Oder auch nicht. Wenigstens dieses eine Mal konnte sie doch einfach über der Sache stehen und sich nicht provozieren lassen.
„Liz Picket. Lange nicht mehr gesehen.“
„Nicht lange genug.“ Liz neigte das Kinn und warf Macy ein hochmütiges Lächeln zu. „Und ich heiße jetzt Picket-Smith. Ich bin mit dem Bürgermeister verheiratet, weißt du.“
Macys gute Absichten lösten sich in Luft auf. „Aber selbstverständlich bist du das. Du hast dich ja schon immer an die Rockschöße eines Mannes gehängt, statt auf deine eigenen Talente zu vertrauen.“ Sie hob eine Augenbraue. „Andererseits, du besitzt ja gar keine.“
Liz strich sich den akkurat geschnittenen und perfekt gefärbten Bob aus dem Gesicht. „Im Gegensatz zu dir, die ihr Geld mit Sexvideos verdient?“
Sie konnte nicht anders, als in schallendes Gelächter auszubrechen. Und jedes Mal, wenn sie kurz davor war, sich wieder zu beruhigen, ließ die lächerliche Behauptung von Liz sie von Neuem losprusten. Als sie endlich ihre Fassung zurückgewonnen
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