Mister Cool und Lady Crazy - Andersen, S: Mister Cool und Lady Crazy
einfacher gewesen, so was von Anfang an einzuplanen?“
„Verflucht, ja.“ Er hob die Schultern. „Aber ich habe noch nie in einem Haus gewohnt. Also lerne ich nach und nach, was ich brauche.“
Johnny, der sich gerade auf den zweiten Sägebock hocken wollte, hielt mitten in der Bewegung inne. Dann setzte er sich doch. „Ist ja wohl ein Scherz. Du hast nie in einem Haus gewohnt? Das kann sich jemand wie ich gar nicht vorstellen. Immerhin habe ich zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre lang in demselben Gutshaus gewohnt.“
„Ich war allein mit meiner Mutter, und wir haben immer in Wohnungen, in ein oder zwei Wohnwagen und einmal in einer Wellblechbaracke gewohnt. Aber kein Haus.“ Wieder zuckte er die Schultern. „Insofern ist das alles völlig neu für mich.“
Der Deputy kratzte sich mit dem Daumen an der Unterlippe. „Bisher haben wir nie über deine Familie gesprochen. Gibt es noch jemanden außer deiner Mutter?“
Er lachte bitter auf. „Ich habe niemanden.“ Da er keine Lust hatte, sich in den Arm zu schneiden, nur um den Blutdurst eines anderen zu stillen, und sowieso fand, dass er schon zu viel gesagt hatte, streckte er die Hand wieder nach der Nagelpistole aus.
Und doch ...
Seine Hand griff ins Leere, und er sah Johnny an. „Mom war eine richtige Partymaus“, hörte er sich teilnahmslos sagen. „Als ich mit vierzehn fast schon so groß war wie jetzt, fand sie, dass ich ihr nur die Tour vermassele. Also hat sie mich der Jugendfürsorge überlassen.“
Johnny richtete sich abrupt auf. „Sie hat einen vierzehnjährigen Jungen, ihren eigenen Sohn, einfach weggegeben ...“ Seine sonst so fröhlichen Augen wurden mit einem Mal hart und flach. Dann sagte er mit leidenschaftsloser Entschiedenheit. „Was für eine beschissene Schlampe.“
„Wie ich sehe, kennst du meine Mom.“ Obwohl sein Freund jetzt die Wahrheit kannte – nämlich dass seiner Mutter das Feiern wichtiger gewesen war als ihr eigener Sohn –, fühlte er sich nicht wie ein Versager. Im Gegenteil. Dass Johnny das Verhalten von Gabes Mutter so emotionslos und eindeutig verurteilte, linderte diesen tiefsitzenden Schmerz, den er schon lange nicht mehr gespürt hatte.
Johnny schwenkte herum, um sich längs auf den Sägebock zu legen, stützte sich mit den Ellbogen auf und musterte Gabe durchdringend. „Bist du wenigstens bei guten Pflegeeltern gelandet?“
„Einige wären wahrscheinlich in Ordnung gewesen, wenn ich jemanden an mich rangelassen hätte. Aber ich war viel zu wütend. Zwischen vierzehn und sechzehn war ich in derart viele Schlägereien verwickelt, dass ich schließlich in einem Heim für schwer erziehbare Jungen gelandet bin.“
„Was für ein Mist, Kumpel.“
Er lachte. „Tatsächlich war es das Beste, was mir überhaupt passieren konnte. Dort habe ich einen Sozialarbeiter getroffen, der mir bei der Bewältigung meiner Aggressionen geholfen hat.“
Sein Freund hob eine Augenbraue. „Kann mir gar nicht vorstellen, dass du damit je ein Problem hattest.“
„Oh, glaub mir. Ich war ein wirklich zorniger Knabe.“ Und er musste sich selbst unbedingt aus dem momentanen Teufelskreis seiner Wut befreien, denn er hatte wirklich keine Lust, in alte Muster zurückzufallen. Schlägereien und lustloses Herumvögeln.
Okay, es hätte ihm vermutlich verflucht viel Lust bereitet, mit Macy zu vögeln, aber ...
Nein. Er war dabei, alles zu verbocken – und das nur, weil er die Finger, die Lippen nicht von ihr lassen konnte. Dabei hatte er so eine großartige Sache mit Grace laufen, mit ihr war alles so entspannt und ruhig und ...
Mist. Er musste die Sache mit Grace sofort beenden, obwohl es das Letzte war, was er wollte. Aber ein richtiger Mann hielt eine Frau nicht hin, während er sich die meiste Zeit nach einer anderen verzehrte. Wobei er natürlich umgehend damit aufhören würde. Trotzdem konnte er die Tatsache nicht ignorieren, dass er auch vor Macy nicht besonders erpicht darauf gewesen war, mit Grace einen Schritt weiterzugehen. Deswegen war es ihnen beiden gegenüber nicht fair – er musste die Geschichte beenden.
Während er mit Johnny plauderte, musste er nicht darüber nachdenken, wie er das anstellen sollte. Doch in dem Moment, in dem sein Freund wieder in seinen Cruiser geklettert war, fiel ihm das Problem umgehend wieder ein.
Vielleicht wäre Grace ja gar nicht so überrascht. Er hatte sie wie gesagt in sexueller Hinsicht nie besonders bedrängt, und wahrscheinlich interessierte sie sich sowieso
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