Mister Mirakel
noch etwas von mir wissen. »Du hat ihn gesehen, John. Aber keinen anderen - oder? Ich denke da an Johnny oder einen seiner Freunde.«
»Nein, die habe ich nicht gesehen.«
»Dann fahre ich nicht mit. Ich werde in Tyneham bleiben und ihn suchen. Das muß ich einfach tun.«
Wir verstanden ihn. Er war der Vater, der seinen Sohn sicher nach Hause bringen wollte.
»Okay!« stimmte ich zu. »Kümmere du dich um Johnny. Wir werden uns, wenn möglich, Mister Mirakel vornehmen. Aber wir werden durch Tyneham fahren. Es kann ja sein, daß wir Glück haben und Johnny uns mit seinen Freunden über den Weg läuft.«
Diesen Gedanken nahm der Reporter längst nicht so optimistisch auf. Sein Lachen klang bitter. »Entschuldige, John, aber ich glaube nicht, daß wir Johnny unter einem dieser verdammten Kürbisse erkennen. Wir werden nur anhand dieser Dinger sehen, wer von den Feiernden durch Mister Mirakels Geschenke beglückt wurde. Diese Dinger fallen ja auf, im Gegensatz zu den normalen Kürbissen.«
Da mußten wir zustimmen. An einen Plan konnten wir uns kaum halten. Den hatte sich Mister Mirakel ausgedacht. Wir konnten nur versuchen, ihn zu zerstören…
Der Tod spazierte am Strand entlang!
Er war durch die nahen Dünen gegangen, um die Einsamkeit zu genießen. Er hörte das Rauschen des Wassers, wenn die letzten Wellen sich wie kleine, schaumige Berge an den nahen Sand heranrollten und dort in breiten Schaumstreifen ausliefen.
Sein Blick flog des öfteren hinaus über das Wasser hinweg. Es waren in der Ferne keine Lichter zu sehen. Wenn Schiffe durch das Wasser pflügten, dann nahm der über dem Wasser liegende Dunst einem Menschen die Sicht auf die Positionsleuchten.
Der Nebel hatte sich wie eine Decke ausgebreitet, die sehr zäh war. Denn auch der leichte Wind schaffte es nicht, sie aufzureißen, geschweige denn wegzuzerren.
Nichts konnte den dicken Dunst vertreiben, und die Geräusche des Wassers drangen gedämpft an Mister Mirakels Ohren.
Feuer würden brennen in dieser Nacht.
Er sah bereits die aufgeschichteten Reisigbündel, die von den Bewohnern vorbereitet worden waren. Dieser kleine Teil der Küste sollte brennen. Wäre der Nebel nicht gewesen, so hätten die schaurigen Grüße bis weit über das Meer gereicht, um allen bekanntzumachen, welche Nacht bevorstand.
Er wollte es genießen. Die Feuer sollten dann die Spitze dieses mörderischen Eisbergs sein. Er wollte, daß die Umgebung hier in Blut schwamm und sich Menschen in Dämonen verwandelten.
So und nicht anders stellte sich Mister Mirakel Halloween vor. Etwas anderes konnte ihn nicht befriedigen.
Er war da und würde auch bleiben. Mit langen Schritten ging Mister Mirakel seinen Weg durch den Sand, und über ihm lag der dunkle, nebelverhangene Himmel wie eine geisterhafte Decke.
Plötzlich blieb er stehen.
War eine sehr abrupte Bewegung, als hätte ihn irgendein Gegenstand getroffen. Sein Kopf schnellte zurück in den Nacken. Er öffnete den Mund, aus dem ein schauriger Schrei drang. Sehr schnell wurde er von den grauen Fahnen verschluckt.
Mirakel litt. Er keuchte. Er trampelte mit den Füßen in den feuchten Sand hinein. Durch seinen Körper rieselte ein mächtiger Strom, als sollte er verbrannt werden.
Mirakel schwankte. Er konnte sich nur mühsam halten. Dieser plötzliche Ansturm hatte ihn unvorbereitet getroffen und aus dem Gleichgewicht gebracht.
So ganz neu war er ihm trotzdem nicht gewesen. Schon einmal hatte er ihn erlebt. Es lag noch nicht lange zurück. Das war nicht hier am Strand gewesen, sondern in der Nähe von London. Auch da hatte er gespürt, daß etwas zerstört worden war, das zu ihm gehörte.
Wie jetzt.
Nur noch intensiver und näher. Eine Gefahr, ein Feind, der sich auf seiner Spur befand. Genau das Gegenteil von dem, dem er sein Leben geweiht hatte.
Jemand war ihm auf den Fersen. Man wußte über ihn Bescheid. Ein mächtiger Gegner, den es galt, auszuschalten.
Mister Mirakel lachte. Wenig später bewegte sich sein Mund, und er sprach wieder normal, denn seine von ihm geschaffene Maske war endgültig zerstört worden.
»Komm nur«, flüsterte er. »Komm nur her. Ich warte gern auf dich, wer auch immer du sein magst…«
***
Ein roter, ein blauer und ein gelber Kürbis bewegten sich durch die Nacht und den Nebel. Schaurige Gestalten, die Tyneham wieder erreicht hatten, um sich den anderen Menschen und Masken innerhalb des Ortes anzugleichen.
Nur waren sie etwas Besonderes. Sie trugen die Kürbisse nicht vor sich her
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