Mister Peanut
haben?«
Er zuckte mit den Achseln und sagte: »Ich werde dir helfen.« Daraufhin warf sie ihm einen schiefen Blick zu, stand auf, stieg in den Schlüpfer, dann in die Shorts, schloss ihren BH und zog die Bluse darüber. »Auf diese Art von Hilfe kann ich verzichten.«
Natürlich hatten sich noch längst nicht alle ihre Probleme in Wohlgefallen aufgelöst, dachte Sheppard, als er Chip aufweckte. Zu viel war passiert. Ihre gemeinsame Geschichte war zu lang. Wochen später, als sie längst aus Kalifornien zurückgekehrt waren und sich in Sicherheit wiegten, kam er eines Abends nach Hause und sah Marilyn rauchend und mit dem Blick starr auf die Lake Road gerichtet in der Küche stehen. Sie drehte sich nicht um, als er sie begrüßte, und als er sich nach Chip erkundigte, erklärte sie, sie habe ihn bis zum nächsten Tag bei ihrem Vater untergebracht. Auf dem Tisch lag seine Reisekostenabrechnung, die Donna aus dem Krankenhaus weitergeleitet hatte, zusammen mit einem persönlichen Schreiben von Susan, in dem sie, wie er annahm, die Affäre für beendet erklärte. Die einzelnen Ausgaben waren rot umkreist – das Hotelzimmer, die Reparatur von Michaels Auto, eine Armbanduhr.
»Bitte«, sagte Marilyn, »ich warte.«
Er seufzte und schilderte ihr alles, was in Kalifornien passiert war, in leidenschaftslosem, sachlichem Tonfall, gefolgt von seiner Einschätzung des Ganzen: »Das war vorher.«
»Vor was?«
»Vor Big Sur«, sagte er. »Vor jetzt.«
Sie drückte die Zigarette aus und wartete, bis der letzte Qualm sich in Luft aufgelöst und der Gestank sich verzogen hatte. Eine seltsame Mischung aus Wut und Demut füllte den Raum. »Du denkst«, sagte sie mit vor Wut erstickter Stimme, »in geraden Linien.« Sie zündete eine zweite Zigarette an, schlang sich einen Arm um die Taille und stützte den Ellenbogen in die Hand. »So als gäbe es einen Anfang und ein Ende.«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagte er.
»Davon. « Sie griff nach den Papieren auf dem Küchentisch und schüttelte sie. »Es ist dasselbe wie immer. Wir drehen uns im Kreis!«
»Nein«, wiederholte er, »das war davor!«
Marilyn nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. »Ich fahre zu meinem Vater«, sagte sie.
Dagegen konnte er nichts einwenden. Er glaubte tatsächlich, dass es einen Anfang und ein Ende gab. Die Mauern waren eingestürzt. Sie würden aus der Abwärtsspirale aussteigen können – aber nur, wenn auch sie daran glaubte.
Sie blieb für eine Woche bei ihrem Vater. Sie sprachen drei geschlagene Tage lang kein Wort miteinander. Danach rief sie ihn einmal morgens, einmal am Nachmittag im Krankenhaus und einmal abends an. Sie hatten einander nicht viel zu sagen, praktisch gar nichts. Sie wolle einfach nur wissen, wo er sich gerade aufhielt, sagte sie. Er bemühte sich, das Haus in Ordnung zu halten, aber als sie eine Woche später mit ihrem Sohn zurückkam, waren ihre ersten Worte: »Was für ein Saustall.« Und später, als Chip nach oben gegangen war: »Beweise es.«
»Was?«
»Dass sich alles zum Besseren wenden wird.«
Das verlangte ihm keine Wunder ab. Er brauchte nichts weiter zu tun, als da zu sein, für Marilyn und für seinen Sohn. Da im Sinne von: zu Hause. Da im Sinne von: hier und jetzt. In praktischer Hinsicht gestaltete es sich ganz einfach: Er nahm seiner Frau den Kleinen ab, sobald er von der Arbeit nach Hause kam. Bat sie ihn um etwas – um einen Gefallen, um einen kurzen Einkauf, um Hilfe im Haushalt –, kam er ihrer Bitte nach. Wenn sie abends zu Bett gingen, unterhielten sie sich. Auf geistiger, psychologischer Ebene sah es ein wenig komplizierter aus, da sich diese Art von Anwesenheit nicht vortäuschen ließ. Während er seine Frau und seinen Sohn früher als Klotz am Bein empfunden hatte und ihnen deswegen jeden Gefallen bei jeder sich bietenden Gelegenheit abgeschlagen hatte, versuchte er nun, sich gegenteilig zu verhalten. Er spürte die kleine, zusätzliche Freude, die neuerdings mit allem einherging und die wiederum mit Freude verzinst wurde. Eigentlich war es ganz simpel. Er war einfach da und tat damit nicht nur das, was Marilyn von ihm verlangte, sondern was er, wie sich herausstellte, selbst wollte. Die gegenseitige Freude überschattete ihr Leben wie ein gigantisches Flügelpaar. Einen Monat später und ohne jede Absprache mit Sheppard verkündete Marilyn während eines Abendessens mit seinen Eltern und Brüdern und deren Ehefrauen, dass sie schwanger war. Es war noch ein bisschen früh
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