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Mister Peanut

Mister Peanut

Titel: Mister Peanut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Ross
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gar umfangen in einem großen Nichts, und die Zeit war kein Ordnungsprinzip mehr, sondern ihre Lebenswelt.
    Ganz langsam kam sie zu sich. Ihre Glieder lagen vollkommen reglos, nur ihre Augen bewegten sich noch. Sie war wie eine Katze, die in der Sonne aufwacht.
    Ihr Mund war voll. Sie atmete ein, sog das zermatschte Fruchtfleisch noch einmal in ihren Hals und spuckte es dann aus.
    Für eine lange Zeit blieb sie so auf dem Teppich liegen.
    Ladd und Karen sahen immer noch fern, und schließlich stützte Alice sich auf Hände und Knie, um den Rest auszuspucken, eine lange Speichelschnur, die hartnäckig an ihren Lippen kleben blieb.
    Zwischen ihren Händen lag ein formloses Häuflein, das fast alle Orangepigmente verloren hatte. Alice hob den Kopf, und durch ihre Tränen nahm sie das Licht des Fernsehers zersplittert wahr, so als hätte ein Kind einen zackigen Stern gemalt. Ladd und Karen drehten sich zu ihr um und starrten sie an.
    »Ich lebe«, sagte Alice.
    »Natürlich lebst du«, sagte Karen. Sie sah ihren Mann kopfschüttelnd an und wandte sich wieder dem Fernseher zu.
    »Ich lebe«, sagte Alice und fing zu schluchzen an.
    Lange Zeit lag sie schluchzend in Davids Armen. »Du musst mir versprechen«, sagte sie später zu ihm, »dass wir so etwas unserem Kind niemals antun werden.«
    »Werden wir nicht«, sagte er, »niemals. Ich verspreche es.«
    Sie weinte, bis sein Hemd nass war, und dann schlief sie in seinen Armen ein.
    Möglicherweise, dachte David, drehten sich die wichtigsten Teile ihres Gesprächs um jene Dinge, die sich nicht wiederholen sollten.
    Er lag da und überlegte. Hatte er ebenfalls eine solche Geschichte? Nein, hatte er nicht, vielleicht war genau das sein Problem. Er tat, was man von ihm erwartete. Er hatte einen Job und war erfolgreich. Er war ein guter Ehemann. Aber auf einer ganz grundlegenden Ebene kam es ihm so vor, als habe er keine Ahnung von seinem eigentlichen Leben.
    Er knipste das Licht aus.
    »Wir könnten jetzt ein Baby machen«, flüsterte Alice mitten in der Nacht.
    Viele Wochen waren vergangen. Sie hatten sich einander wie so oft im Traum zugewandt und fummelten sich nun in einem schlafwandlerisch ungehemmten Vorspiel dem Liebesakt entgegen. Nach ihrem Vorschlag biss Alice sich auf die Unterlippe und versuchte, im Dunkeln sein Gesicht zu erkennen. Anscheinend war ihr langes Gespräch nun zu Ende. Eine Entscheidung war getroffen worden. Entweder hatte er eine Art Test bestanden, oder sie hatte sich etwas überlegt. Jetzt, wo der große Moment endlich gekommen war, wunderte er sich, wie unspektakulär die Sache war. Für ein paar lange Minuten konnte er ihr nicht in die Augen sehen. Er hätte Ja oder Nein sagen können, stattdessen sagte er: »Könnten wir.«
    In der Hand hielt er das mit dem milchigen, spermiziden Gel bestrichene Diaphragma. Es gehörte zu ihren Ritualen, dass er es Alice einlegte, bevor er in sie eindrang – ein Übergangsritus , wie er zu scherzen pflegte –, dennoch hatte er sich nie die Zeit genommen, das Ding genauer zu untersuchen, was er nun tat. Es sah aus wie ein frisch glasierter Kuchen. Er legte es vorsichtig auf den Nachttisch, wischte sich die Finger an der Bettdecke ab und behielt es, während er mit Alice schlief, im Blick. Er fühlte sich wie eine männliche Jungfrau, die darauf angewiesen war, ihre Lust mit dem Mantra tote Kätzchen tote Kätzchen tote Kätzchen zu triangulieren, um nicht zu früh zu kommen. Er war verzweifelt unbemüht. Sie waren dabei, sich fortzupflanzen. Sie hatten Geschlechtsverkehr. Der glitschige Mr. Penis wurde zweimal weich und musste wie ein Würstchen zurückgestopft werden. Es war der schlechteste Sex, den sie jemals hatten. Und als er endlich kam, dachte er: Ist doch egal.
    Sein Desinteresse und sein letzter Gedanke verfolgten und quälten ihn.
    »Ich glaube, ich bin schwanger«, sagte Alice. Von den zwei blauen Linien des Schwangerschaftstests bis zu ihrem Besuch beim Frauenarzt, der das Ergebnis bestätigte, von der seltsamen Teilnahmslosigkeit, die er fühlte, als er sie im Badezimmer und dann in der Arztpraxis im Arm hielt – »wir werden Eltern«, rief sie aufgeregt –, fürchtete David, sein Gedanke könnte ihren Leib irgendwie vergiftet und den Fötus deformiert und möglicherweise eine karmische Welle verursacht haben, die unweigerlich ins Verderben führte. Er wusste, es war irrational, aber seine Angst war unauslöschlich. Ich muss sie dazu überreden, das Ding abzutreiben, dachte er. Mach reinen Tisch,

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