Mister Perfekt
vertraut.
Erleichtert sagte sie: »Ja, ich bin es.«
»Hier ist Cheryl... Cheryl Lobello, Marcis Schwester.«
Schmerz durchzuckte sie. Deshalb kam ihr die Stimme so vertraut vor; sie klang ein bisschen wie Marcis. Cheryls Stimme fehlte das rauchige Kratzen, aber der Tonfall war der Gleiche.
Jaine packte den Hörer fester. »Marci hat oft von Ihnen erzählt«, sagte sie und blinzelte dabei die Tränen zurück, die ihr seit Montag, als Sam ihr von Marcis Tod erzählt hatte, ständig wieder in die Augen schössen.
»Dasselbe wollte ich gerade zu Ihnen sagen.« Cheryl brachte ein kurzes Lachen zustande. »Sie hat mich so oft angerufen, um mir zu erzählen, über welche Ihrer Bemerkungen sie wieder Tränen gelacht hatte. Auch von Luna hat sie oft erzählt. Mein Gott, das kommt einem alles so unwirklich vor, nicht wahr?«
»Ja«, flüsterte Jaine.
Nach kurzem, ersticktem Schweigen hatte Cheryl sich wieder im Griff und sagte: »Jedenfalls hat der Gerichtsmediziner ihren Lei-, ihren Leichnam freigegeben, und ich treffe jetzt die Vorbereitungen für die Beisetzung. Unsere Eltern liegen in Taylor begraben, und ich glaube, sie würde gern in ihrer Nähe liegen, meinen Sie nicht auch?«
»Ja, natürlich.« Ihre Stimme klang überhaupt nicht wie Marcis, dachte Jaine; dafür zitterte sie zu sehr.
»Ich habe die Beerdigung für Samstag elf Uhr arrangiert.«
Cheryl gab ihr den Namen des Bestattungsinstituts durch und erklärte, wie man zum Friedhof kam. Taylor lag im Süden von Detroit und knapp östlich des Flughafens Detroit Metro. In dieser Gegend kannte Jaine sich nicht aus, aber sie war ziemlich gut darin, einer Wegbeschreibung zu folgen oder sich nach dem Weg zu erkundigen.
Sie suchte nach irgendwelchen Worten, die Cheryls Schmerz lindern halfen, doch wie sollte ihr etwas einfallen, wenn sie nicht einmal ihren eigenen Kummer lindern konnte?
Dann kam ihr plötzlich eine Eingebung, was sie und Luna und T.J. tun sollten. Marci wäre begeistert gewesen.
»Wir wollen eine Totenwache für sie halten«, platzte es aus ihr heraus. »Möchten Sie vielleicht dabei sein?«
»Eine Totenwache?« Cheryl klang überrascht. »So wie in Irland?«
»Irgendwie schon, allerdings kommt keine von uns aus Irland.
Wir wollen uns einfach zusammensetzen, ein, zwei Bier auf Marci trinken und alle möglichen Geschichten über sie erzählen.«
Cheryl lachte, und diesmal klang ihr Lachen echt.
»Das hätte ihr ausgezeichnet gefallen. Ich würde gern kommen. Für wann ist sie denn geplant?«
Da Jaine ihre Pläne noch nicht mit Luna und T.J.abgesprochen hatte, wusste sie nicht genau, wann die Totenwache beginnen sollte, aber auf jeden Fall würde sie am Freitagabend stattfinden müssen.
»Morgen Abend«, sagte sie.
»Wegen der Uhrzeit und des Ortes rufe ich noch mal an - es sei denn, Sie glauben, das Bestattungsinstitut lässt uns an ihrem Sarg sitzen und die Totenwache dort halten?«
»Das kann ich mir irgendwie nicht so recht vorstellen«, antwortete Cheryl und klang dabei Marci so ähnlich, dass Jaine erneut einen Kloß in ihrer Kehle spürte.
Nachdem sie Cheryls Nummer notiert hatte, ging Jaine in Sams Haus hinüber und holte die Tüte mit dem Anruf-Erkennungsgerät und dem neuen Handy, das sie noch nicht einmal eingeschaltet hatte.
Sie ließ sich am Tisch nieder, um die Gebrauchsanweisung sorgfältig durchzulesen, runzelte dann die Stirn, knüllte den Zettel zusammen und warf ihn in den Müll.
»So kompliziert kann das doch nicht sein«, murmelte sie. »Man muss das Ding einfach zwischen Netzdose und Endgerät hängen.«
Wenn man es logisch anging, war alles eigentlich ganz einfach. Sie zog den Wandstecker des Telefons, steckte stattdessen das am Gerät hängende Kabel hinein und stöpselte dann das Telefon an das Gerät. Fertig. Dann ging sie in Sams Haus hinüber und wählte ihre Nummer, um festzustellen, ob das Ding funktionierte.
Es funktionierte. Als sie den Knopf zur Datenübermittlung drückte, erschien in dem kleinen Fenster Sams Name und darunter seine Telefonnummer. O Mann, die Wunder der Technik.
Sie hatte eine ganze Reihe von Anrufen zu erledigen, und der erste galt Shelley.
»Du musst BooBoo bei dir aufnehmen, bis Mom und Dad wieder von ihrer Reise zurück sind«, sagte sie.
»Wieso denn?«, fragte Shelley kampflustig und verriet dadurch, wie tief Mom sie verletzt hatte.
»Weil mein Haus gestern Nacht verwüstet worden ist und weil ich Angst habe, dass BooBoo etwas zustoßen könnte.«
»Was?«
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