Mister Perfekt
ausschließlich von verschiedenen Reportern; sie löschte alle und sparte sich den Rückruf. Marci hatte sich offenbar umgehend daran gemacht, zu retten, was zu retten war, denn ab neun Uhr trudelten keine weiteren Anrufe ein. Die Haie hatten Blut gewittert und umkreisten jetzt allesamt Marci.
Nur für den Fall, dass die Barbaren immer noch vor den Toren lauerten, verschanzte sich Jaine hinter den Mauern und versorgte sich mittags ein weiteres Mal aus den Verkaufsautomaten. Falls Marcis Ablenkungsmanöver fehlschlug und ihr nur noch die Ruhe vor dem Sturm vergönnt war, wollte sie so viel davon haben wie möglich. Wie sich herausstellte, war es mit der Ruhe nicht weit her, denn der Pausenraum war an diesem Tag gesteckt voll mit Angestellten, die ihr Mittagessen selbst mitgebracht hatten, darunter auch Leah Street, die allein in der Ecke saß, während alle anderen Tische dicht besetzt waren.
Das halblaute Geplauder schlug bei Jaines Erscheinen in ein Gemisch von Buhrufen und Applaus um. Wie nicht anders zu erwarten, kam der Applaus ausschließlich von den Frauen.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu verbeugen, so weit ihr aufgeschrammtes Knie und die schmerzenden Rippen das zuließen. » Thank you very muc h«, bedankte sie sich mit ihrer besten Elvis-Stimme.
Sie fütterte einen der Automaten mit Münzen, floh anschließend so schnell wie möglich und überhörte dabei geflissentlich alle Bemerkungen wie: »Das war wirklich zu komisch« oder: »Klar, aber ihr Frauen regt euch auf, wenn ein Typ mal eine Bemerkung macht -«
Auch der Pausenraum verwandelte sich in Windeseile in ein Schlachtfeld, wobei die Linien exakt zwischen den Geschlechtern verliefen.
»Verflucht und zugenäht«, knurrte Jaine auf dem Rückweg zu ihrem Büro, eine Diät-Limo und Crackers in der Hand haltend.
Wem musste sie eigentlich etwas zahlen, wenn sie vor sich hinfluchte?, überlegte sie. Sollte sie im Falle zukünftiger Verstöße vielleicht den Betrag in einen Fond einzahlen?
Die Mittagszeit war lange vorbei, es ging schon auf zwei Uhr zu, als Marci endlich anrief. Sie hörte sich müde an. »Die Interviews wären erledigt«, sagte sie. »Mal sehen, ob die Sache jetzt abkühlt.«
Als Jaine nach Hause fuhr, waren die Reporter vor dem Tor abgezogen. Sie raste nach Hause, um auf keinen Fall die Lokalnachrichten zu verpassen, und kam schlitternd und Schotter aufwirbelnd in ihrer Einfahrt zum Stehen. Zum Glück war Sam nicht zu Hause, sonst wäre er bestimmt postwendend angetanzt, um ihr eine Standpauke über öffentliche Ruhestörung zu halten.
BooBoo hatte schon wieder das Kissen in der Mangel gehabt.
Jaine ignorierte die in Flöckchen auf dem Teppich verteilte Füllung und grabschte nach der Fernbedienung, bevor sie sich mit einer halben Pobacke auf dem Fernsehsessel niederließ. Sie musste erst den gesamten Börsenbericht durchstehen - kein Crash, nicht mal ein dramatischer Kurseinbruch, verdammt -, dann das Wetter und den Sport. Gerade als sie Hoffnung zu schöpfen begann, dass Marcis Interview es nicht in die Sendung geschafft hatte, verkündete die Ansagerin mit dramatischer Stimme: »Gleich nach der Werbung: Die Liste. Vier Frauen aus Detroit verraten, was sie sich wirklich von einem Mann wünschen.«
Stöhnend ließ sie sich in den Sessel zurückfallen. BooBoo hüpfte auf ihren Schoß, zum ersten Mal, seit er unfreiwillig bei ihr Quartier genommen hatte. Automatisch kraulte sie ihn hinter den Ohren, und er begann zu vibrieren.
Die Werbeunterbrechung war zu Ende, und das Nachrichtenstudio wurde wieder eingeblendet. »Vier Frauen aus unserer Gegend, Marci Dean, Jaine Bright, T.J. Yother und Luna Scissum, haben eine Liste wünschenswerter Eigenschaften zusammengestellt, die der perfekte Mann besitzen sollte. Die vier Freundinnen arbeiten bei Hammerstead Technology, und ›Die Liste‹, wie sie inzwischen genannt wird, ist das Ergebnis eines Brainstormings während der Mittagspause.«
Ganz falsch, dachte Jaine. Sie hatten nach der Arbeit bei Ernie's gesessen. Entweder hatte die Reporterin nicht recherchiert und einfach angenommen, dass sie zusammen mittag gegessen hatten, oder ›Mittagspause‹ hörte sich einfach besser an als ›bei einem Bier nach der Arbeit‹. Wenn sie es recht bedachte, konnte T.J. das mit der Mittagspause nur recht sein, schließlich hielt Galan nicht viel von ihren freitäglichen Feierabend-Absackern.
Marcis Gesicht blitzte auf dem Bildschirm auf. Sie lächelte ganz entspannt, und auf die
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