Mister Perfekt
Shelley? Du kannst mich auch am Arsch lecken.« Damit beendete sie, ohne eine Antwort abzuwarten, das Gespräch mit ihrem zweiten Geschwister. Gott sei Dank hatte sie nicht noch mehr davon.
»So viel zu meinen Fähigkeiten als Friedensstifterin und Vermittlerin«, sagte sie zu BooBoo, bevor sie einen untypischen feuchten Schleier aus ihrem Auge wegblinzelte.
Das Telefon klingelte erneut. Sie zog den Stecker. Die Ziffern auf der Anzeige ihres Anrufbeantworters verrieten ihr, dass viel zu viele Nachrichten eingegangen waren. Sie löschte alle, ohne auch nur eine davon anzuhören, und schlich dann ins Schlafzimmer, um ihre Büro-Kleidung auszuziehen. BooBoo tappte ihr hinterher.
Die Annahme, bei BooBoo Trost finden zu können, war gewagt, trotzdem nahm sie ihn hoch und drückte ihr Kinn gegen seinen Kopf. Er duldete die Liebkosung ein paar Sekunden -
schließlich war es nicht das, was wirklich gut kam, nämlich Ohrenkraulen -, dann wand er sich aus ihrem Griff und hüpfte elegant zu Boden.
Sie war zu angespannt und deprimiert, um sich entspannt hinzusetzen und oder auch nur zu essen. Durch eine Autowäsche würde sie hoffentlich etwas von ihrer aufgestauten Energie verbrennen, darum zog sie schnell Shorts und ein T-Shirt an.
Die Viper war nicht wirklich schmutzig - es hatte seit über zwei Wochen nicht geregnet -, aber Jaine legte Wert darauf, dass das Auto funkelte und blinkte. Das ganze Waschen und Polieren baute nicht nur Stress ab, es erfüllte sie auch mit innerer Zufriedenheit. Und etwas innere Zufriedenheit konnte sie im Moment dringend brauchen.
Kochend vor Wut sammelte sie alles zusammen, was sie zur Pflege ihres Autos brauchen würde. Es würde Shelley nur recht geschehen, wenn Jaine BooBoo zu ihr brachte, damit er ihre Kissen zerfetzte; da Shelley neue Möbel hatte irgendwie schien sie ständig neue Möbel zu haben -, würde sie den Verlust ihrer Kissenfüllung keinesfalls so gelassen hinnehmen wie Jaine. Nur eines hielt Jaine davon ab, BooBoo abzutreten - die Tatsache, dass Mutter ihre geliebte Katze ihr anvertraut hatte, nicht Shelley.
Und was David anging - da war die Situation ähnlich. Sie hätte Dads Auto auf der Stelle in Davids Garage abgestellt, wenn ihr Vater nicht ausdrücklich sie darum gebeten hätte, darauf aufzupassen; infolgedessen würde sie sich doppelt schuldig fühlen, falls dem Auto irgendetwas zustieß, während es in Davids Obhut war. Wie sie es auch drehte und wendete, sie saß in der Klemme.
Nachdem sie Lederlappen, Eimer, Autowaschseife, die den Lack glänzen ließ wie neu, Wachs und Scheibenwaschmittel beisammen hatte, ließ sie BooBoo auf die Küchenterrasse hinaus, damit er ihr zuschauen konnte. Da Katzen wenig für Wasser übrig hatten, würde ihn ihre Vorführung wohl kaum interessieren, doch ihr war nach Gesellschaft. Der Kater ließ sich in einem winzigen Fleck Spätnachmittagssonne nieder und versank auf der Stelle in tiefen Schlummer.
In der Einfahrt nebenan war weit und breit nichts von einem verbeulten braunen Pontiac zu sehen, weshalb sie keine Angst zu haben brauchte, das Ding versehentlich nass zu spritzen und dadurch Sams Zorn zu erregen, obwohl dem Auto ihrer Meinung nach eine gründliche Wäsche bestimmt nicht schaden konnte. Nützen würde sie allerdings auch nichts - der Zeitpunkt, bei dem so oberflächliche Verschönerungsmaßnahmen noch halfen, war bei dieser Karre längst verstrichen -, doch sie empfand ein schmutziges Auto als Beleidigung. Und Sams Auto beleidigte sie ungemein.
Sie beschloss, das Auto geflissentlich Teil für Teil einzuschäumen und abzubrausen, damit die Seife nicht antrocknete und Flecken hinterlassen konnte. Eigentlich dürfte diese Seife sowieso keine Flecken machen, doch darauf wollte Jaine sich nicht verlassen. Ihr Dad hatte ihr beigebracht, ein Auto auf diese Weise zu waschen, und sie hatte noch von keiner besseren Methode gehört.
»Hey.«
»Scheiße!«, kreischte sie auf, machte vor Schreck einen Luftsprung und ließ den Seifenlappen fallen Ihr Herz drohte den Brustkorb zu sprengen. Den Wasserschlauch in der Hand, wirbelte sie herum.
Sam machte einen Satz zurück, weil Wasser über sein Hosenbein sprühte.
»Passen Sie doch verflucht noch mal auf, wohin Sie spritzen!«, fuhr er sie an.
Jaine war unverzüglich auf hundertachtzig. »Also gut«, meinte sie liebenswürdig und spritzte ihm ins Gesicht.
Er schnappte nach Luft und tauchte seitlich weg. Breitbeinig dastehend und den Wasserschlauch in der Hand wiegend,
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