Mister Perfekt
gern verlassen wollte, wie Jaine es eilig gehabt hatte, über jemand anderen als Sam zu sprechen.
»Das habe ich tatsächlich.« Luna wirkte nachdenklich. »Er schien... ich weiß nicht... irgendwie beeindruckt von meiner plötzlichen Berühmtheit. Als wäre ich plötzlich irgendwie ein viel wertvollerer Mensch, versteht ihr? Er wollte mich zum Essen ausführen, statt wie sonst nur kurz vorbeizukommen.«
Für kurze Zeit breitete sich ein Tuch des Schweigens über ihren Tisch. Alle sahen einander an, denn keine wusste Shamals plötzlich verändertes Verhalten zu deuten.
Luna wirkte nach wie vor nachdenklich. »Ich habe abgelehnt.
Wenn ich davor nicht interessant genug für ihn war, bin ich es jetzt auch nicht.«
»Sehr gut«, bekräftigte Jaine erleichtert. Alle klatschten sich gegenseitig auf die erhobenen Hände. »Und jetzt? Ist Shamal damit offiziell Vergangenheit, oder hast du ihn nur auf Eis gelegt?«
»Er liegt erst mal auf Eis. Aber ich werde ihn bestimmt nicht anrufen; falls er mich sehen will, muss er schon selbst zum Hörer greifen.«
»Aber du hast ihn doch weggeschickt«, wandte Marci ein.
»Ich habe schließlich nicht gesagt, er soll in den Wind schießen; ich habe bloß sein Angebot abgelehnt und ihm erklärt, ich hätte was anderes vor.« Sie zuckte mit den Achseln. »Wenn er wirklich eine Beziehung will, dann brauchen wir neue Spielregeln, und diesmal will ich auch ein paar aufstellen, statt ständig nur nach seinen zu spielen.«
»Wir sind unmöglich«, seufzte Jaine und suchte Zuflucht in den Tiefen ihrer Kaffeetasse.
»Wir sind ganz normal«, korrigierte T.J.
»Meine Rede.«
Sie kicherten immer noch, als die Kellnerin ihr Frühstück brachte und die Teller vor ihnen auf den Tisch scheppern ließ. In Liebesdingen waren sie alle miteinander eine Katastrophe, aber was machte das schon? Nach ein paar Rühreiern und Bratkartoffeln würde die Welt viel besser aussehen.
Weil es Freitag war, hielten sie an ihrer Tradition fest, nach der Arbeit bei Ernie's einzukehren. Jaine konnte kaum glauben, dass gerade mal eine Woche vergangen war, seit sie so unbekümmert die Liste zusammengestellt hatten. In dieser Woche hatte sich eine Menge geändert. Zum einen die Atmosphäre bei Ernie's: Bei ihrem Eintritt gab es Applaus, vermischt mit Buh-Rufen. Ein paar Frauen, offenbar sittenstrenge Vorkämpferinnen für politische Korrektheit, buhten ebenfalls mit.
»Ist das zu glauben?«, murmelte T.J., als sie an ihrem Tisch saßen. »Wenn wir Prophetinnen wären, würde man uns wahrscheinlich steinigen.«
»Gesteinigt wurden damals die gefallenen Frauen«, merkte Luna an.
»Das würde genauso passen«, lachte Marci. »Dann reagieren die Menschen eben auf uns. Na und? Wenn jemand uns seine Meinung ins Gesicht sagen will, werden wir ihm die Antwort bestimmt nicht schuldig bleiben.«
Derselbe Kellner wie immer brachte ihnen das Gleiche zu trinken wie immer.
»Hey, Sie sind ja inzwischen berühmt«, begrüßte er sie fröhlich. Falls er mit gewissen Punkten auf der Liste nicht einverstanden war, ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass er keine Ahnung hatte, welche Punkte darauf standen.
Jaine sagte: »Ob Sie's glauben oder nicht, an dem Tisch dort drüben haben wir letzten Freitag alles ausgebrütet.«
»Im Ernst?« Er sah auf den fraglichen Tisch. »Das muss ich unbedingt dem Boss erzählen.«
»Klar, vielleicht möchte er den Tisch ja sterilisieren lassen.«
Der Kellner schüttelte langsam und zweifelnd den Kopf. »Das glaube ich nicht. Macht man so was nicht mit Hunden?«
Sie war todmüde, was sie dem Erwachen zur gottlosen Stunde von zwei Uhr nachts zu verdanken hatte, darum brauchte sie eine geschlagene Sekunde, bis sie verstand, was er meinte.
»Nicht mit dem Messer, mit einem Desinfektionsmittel. «
»Ach so.« Er wirkte zutiefst erleichtert. »Ich habe mich schon gefragt, wie man so etwas mit einem Tisch anstellen will.«
»Na ja, vor allem braucht man dazu vier Leute«, erläuterte Jaine. »Jeder muss ein Bein festhalten.«
T.J. steckte den Kopf unter den Tisch, sodass man nur die Schultern unter ihrem erstickten Lachen beben sah. Marcis Augen kullerten in den Höhlen herum, doch sie schaffte es, ihre Bestellung todernst und mit nur leicht bebender Stimme aufzugeben. Luna, die ihre Fassung besser als die Übrigen zu wahren verstand, wartete, bis alle Bestellungen notiert und der Kellner in der Küche verschwunden war, ehe sie die Hand vor den
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