Mister Perfekt
Mund schlug und lachte, bis ihr die Tränen übers Gesicht liefen.
»An jedem Bein einen«, wiederholte sie japsend und prustete erneut los.
Das Essen verlief weniger entspannt als sonst, weil dauernd jemand an ihren Tisch kam und einen entweder abfälligen oder anerkennenden Kommentar abgab. Als ihre Bestellungen serviert wurden, war das Essen angebrannt; offensichtlich zählte der Koch zu den Buh-Rufern.
»Nichts wie raus hier«, beschloss Marci schließlich angeekelt. »Selbst wenn wir diese Holzkohle runterwürgen könnten, kämen wir gar nicht dazu, weil wir pausenlos unterbrochen werden.«
»Müssen wir dafür zahlen?« Luna untersuchte den Eishockey-Puck, der ihr als Hamburger serviert worden war.
»Normalerweise würde ich mich weigern«, antwortete Jaine. »Aber wenn wir heute Abend Stunk machen, steht das morgen garantiert in der Zeitung.«
Seufzend stimmten ihr die anderen zu. Obwohl sie ihre Gerichte kaum angerührt hatten, bezahlten sie die Rechnung und gingen. Normalerweise blieben sie nach dem Essen noch sitzen; doch als sie diesmal aufbrachen, war es erst kurz nach sechs; die Sommersonne hing immer noch über dem Horizont, und es war sengend heiß.
Alle flohen in ihre jeweiligen Autos. Jaine ließ die Viper an und lauschte ein paar Sekunden reglos dem tiefen Schnurren des kraftvollen, gut eingestellten Motors. Dann drehte sie die Klimaanlage voll auf und stellte die Düsen so ein, dass sie ihr direkt ins Gesicht pusteten.
Sie hatte keine Lust, heimzufahren und die Nachrichten zu sehen, in denen womöglich schon wieder über die Liste berichtet würde. Darum beschloss sie, ihre Wochenend-Einkäufe sofort statt erst morgen früh zu erledigen, und bog in Richtung Norden auf die Van Dyke, wo sie an den GM-Werken zu ihrer Linken vorbeizischte und der Versuchung widerstand, rechts in jene Straße abzubiegen, die zum Polizeirevier von Warren führte.
Sie wollte gar nicht wissen, ob ein roter Pickup oder ein verbeulter brauner Pontiac auf dem Parkplatz stand. Sie wollte einfach nur ein paar Lebensmittel einkaufen und dann heim zu BooBoo fahren; sie war mittlerweile so lange weg, dass er wahrscheinlich schon das nächste Polster geschreddert hatte.
Jaine vertat keine Zeit beim Einkaufen. Lebensmittel einzukaufen war ihr eine Qual, darum zischte sie meist wie auf einer Rennstrecke durch den Supermarkt. Ihren Einkaufswagen wie einen Formel-1-Boliden manövrierend, flitzte sie durch die Gemüseabteilung, schleuderte Kohl und Blattsalat und allerlei Obst in den Korb, um dann die nächsten Gänge hinauf- und hinunterzurattern. Sie kochte so gut wie nie, weil sich das für sie alleine nicht lohnte, aber ab und zu machte sie einen kleinen Braten oder etwas Ähnliches, den sie dann die Woche über kalt auf Toast verzehrte. BooBoos Katzenfutter durfte sie allerdings auf keinen Fall vergessen.
Ein Arm schlang sich um ihre Taille, und eine tiefe Stimme fragte: »Hast du mich vermisst?«
Sie schaffte es beinahe, ihren Aufschrei zu unterdrücken, der sich darum nur als Quieken äußerte, doch sie sprang mindestens fünfzig Zentimeter in die Höhe und wäre um ein Haar in einem Stapel Sheba-Katzenfutter gelandet. Sie fuhr herum, brachte eilig den Einkaufswagen zwischen ihnen in Position und sah ihn mit großen Augen an.
»Verzeihung«, erwiderte sie, »aber ich kenne Sie nicht. Sie müssen mich mit jemandem verwechseln.«
Sam starrte sie finster an. Die übrigen Kunden beobachteten sie aufmerksam und äußerst interessiert; zumindest eine Dame sah aus, als wollte sie die Polizei rufen, sobald er auch nur eine falsche Bewegung machte.
»Sehr komisch«, knurrte er und schob langsam das Jackett zurück, bis der Halfter an seiner Hüfte und die große schwarze Pistole darin zu sehen war. Da er am Gürtel auch seine Dienstmarke trug, entspannte sich die explosive Situation in Gang Nummer sieben langsam wieder, und aus mehreren Richtungen drang ein halblaut gemurmeltes »Er ist Polizist« an ihre Ohren.
»Verschwinde«, sagte Jaine. »Ich habe zu tun.«
»Das sehe ich. Was treibst du da, Einkaufswagen-Jogging? Ich hetze dir schon seit fünf Minuten durch alle Gänge nach.«
»Tust du nicht«, gab sie mit einem Blick auf ihre Uhr zurück. »Ich bin noch keine fünf Minuten hier.«
»Also gut, seit drei. Ich habe diesen roten Flitzer die Van Dyke hochrasen sehen und kehrtgemacht, um ihm nachzufahren, weil ich mir schon gedacht habe, dass du es bist.«
»Hast du Radar im Auto?«
»Ich bin mit meinem
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