Mister Traumprinz (Doppelband)
Geistesblitz. »Genau das ist es!«, rufe ich aufgeregt. »Ein Angebot, bei dem man schwach wird. Eins, wo man einfach nicht Nein sagen kann !«
Meine Freundin sieht mich mit großen Augen an. »Alles klar bei dir, Karo?«, fragt sie vorsichtig.
»Und ob!«, sage ich. »Ich weiß, wie wir Mister Miesepeter von meiner Mutter weglocken können!«
»Mister Miesepeter?« Mira versteht nach wie vor Bahnhof.
»Ja, dieser Idiot von Fahrlehrer«, rufe ich. »Wir loggenuns bei Singlecafé ein und baggern ihn so an, dass er hundertprozentig schwach werden muss. Und wenn wir Glück haben, hat er danach kein Interesse mehr an meiner Mutter, verstehst du?«
»Du meinst also, wir geben uns als Kinder hassende Frau von Anfang vierzig aus, die sich nichts sehnlicher wünscht als einen schlecht gelaunten Fahrschulbesitzer?«
»Genau das meine ich!«
Es ist sogar noch leichter, als ich gedacht habe. Nachdem wir uns eine neue E-Mail-Adresse besorgt haben, machen wir uns gleich an die Arbeit und nach einer Stunde haben wir eine Frau geschaffen, die Herr Dauer-schlecht-gelaunt -Wegener einfach umwerfend finden muss. Da wir gerade eine große Tüte Schokocrossies auf dem Tisch stehen haben, schicken wir die Dame unter diesem Pseudonym ins Rennen. Schokocrossie hat keinerlei Kinderwünsche, ist tierlieb, aber nicht kinderlieb, ist stolz darauf, niemals bei der Führerscheinprüfung durchgefallen zu sein, kann sehr gut kochen und würde ihrem Liebsten immer das Frühstück ans Bett bringen. Außerdem ist unsere Susi blond, vollbusig, Kettenraucherin und wünscht sich einen Mann mit ähnlichen Interessen, der kaum trainiert ist und gerne gutbürgerlich isst.
»Fertig. Und jetzt?« Mira sieht mich fragend an.
»Jetzt müssen wir uns Marius suchen und ihm so einen Flirtkontakt schicken«, sage ich und deute auf den Button. »Geh doch mal da drauf!«
Wir entscheiden uns für die Variante »… wir haben viel gemeinsam!« und schicken sie an 345easydrive ab.
Dann schnappe ich mir einen Zettel von Miras Schreibtisch und schreibe Schokocrossies Mailadresse und ihre Passwörter auf, damit ich mich auch bei mir zu Hause einloggen kann. »Ob er anbeißt?«
»Da können wir jetzt nur abwarten …«, sagt Mira lakonisch.
Ja, da hat sie recht. Noch x Stunden, bis dieses Ekelpaket sich vielleicht mal meldet, und noch 3 ganze Stunden, bis ich Giovanni wiedersehe. O Mann, wie ich das Abwarten gerade satthabe!
Gegen sechs werde ich immer nervöser. Nicht genug, dass ich nicht weiß, was ich heute Abend anziehen soll, nein, auch Lisa und meine Mutter sind zu Hause und haben pausenlos was im Badezimmer zu tun.
»Na, kleine Schwester, was ist denn mit dir?«, fragt Lisa, während sie etwas in ihrem Kulturbeutel sucht. »Hast du etwa ein Date?«
»Sehr komisch!« Ich schnappe mir mein Schminkzeug und verziehe mich in mein Zimmer. Die gewohnte Frage, die es zu lösen gilt, stellt mich wieder vor riesige Probleme: Was soll ich heute Abend nur anziehen? Müssen sich alle Verliebten mit diesen Fragen herumschlagen oder wird man im Laufe der Jahre etwas cooler bei solchen Sachen?
Als ich die Hälfte meiner Klamotten auf dem Bett verteilt habe, klopft es an der Tür: meine Mutter.
»Hast du etwa vor, auszuziehen?«, fragt sie oberwitzig.
»Nein, aber ich muss heute Abend noch mal kurz weg«, sage ich so locker, wie es gerade geht. »Muss noch was bei Mira abholen.«
»Und da machst du dir so viele Gedanken über dein Outfit?« Meine Mutter staunt nicht schlecht.
»Nein, ich bin nur mal am Ausmisten«, sage ich und bete, dass sie jetzt einfach wieder verschwindet. Und am besten erst gegen Mitternacht wieder nach Hause kommt. Oder morgen. Oder …
»Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich Freitagabend nicht zu Hause bin«, sagt meine Mutter und wechselt zum Glück das Thema. »Vielleicht hat Mira ja Lust, vorbeizukommen?«
»Was ist denn Freitagabend?«, frage ich neugierig. Oje, hoffentlich hat sie sich nicht mit Kotzbrocken verabredet!
»Da gehe ich mal aus«, antwortet meine Mutter vage. »Mit Freunden. Okay?«
Okay? Das wird sich noch zeigen. Sollte Mister Kotzbrocken hier auftauchen, sind wir von einem Okay weit entfernt. Aber da ich das nicht beeinflussen kann, nicke ich, und nachdem sie gegangen ist, versuche ich, mich wieder auf die Garderobenfrage zu konzentrieren. Noch vierzig Minuten, bis Giovanni …
Ob er mich heute Abend küsst? Zuerst wird mir ganz warm bei dem Gedanken, aber im nächsten Moment überrollt mich die Panik.
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