Misterioso
gut«, versuchte er es aufs Geratewohl. »Es ist mir völlig schnuppe, ob Bernhard Strand-Julén pädophil war und es aufregend fand, fünfunddreißig kleine Jungs gleichzeitig in die Koje zu locken. Sie wissen nicht zufällig, wie ich an einen dieser Jungs rankomme? Der Mann ist ja inzwischen unangreifbar und steht über allen Gesetzen.«
»Sein Ruf ist nicht unangreifbar ... Urteil über einen Toten und so weiter. Er ist schließlich verheiratet.«
»Schon möglich«, wagte Hjelm einen neuen Vorstoß, »dass Sie sich nicht als Kuppler bei Bernhard und Biancas durch und durch seriösen Segeltouren betätigt haben. Aber wenn ich nicht bald mehr Informationen bekomme, werde ich dafür sorgen, dass die Angelegenheit sehr gründlich untersucht wird. Homosexuelle Kuppelei, möglicherweise mit Minderjährigen, in einem der vornehmsten Yachtklubs des Landes. Wird’s bald! Ein Gerücht reicht völlig, das wissen Sie, Herr Lindviken. Bernhard ist nicht mehr, gebt mir Bianca. Wenigstens eine seiner Biancas.«
Der Mann rieb die Fingerknöchel aneinander. Die Dinge hatten eine unangenehm abrupte Wendung genommen. Nutz die Verwirrung aus, dachte Hjelm, irgendwo hinter alldem lauert eine uneingestandene Schuld!
Es klang, als spräche er zu sich selbst: »Zehn Sekunden, dann nehme ich Sie mit ins Polizeipräsidium zu einem ordentlichen Verhör.«
»Mein Gott, ich hab doch gar nichts getan! Ich rede nur nicht über das, was ich sehe, ein großer Teil meiner Arbeit hier besteht darin, nichts zu sehen, nichts zu hören und nichts zu sagen.«
»Im Moment weist alles darauf hin, dass Sie persönlich, Arthur Lindviken, als Hauptdrahtzieher hinter einem Pädophilenring in Viggbyholm stehen. Je mehr Namen und Adressen
Sie in den genannten zehn Sekunden liefern, desto größer die Chance, diesem grauenvollen Verdacht in den Augen der Klubmitglieder zu entgehen. Ganz zu schweigen vom Richter. Noch sieben Sekunden. Fünf Sekunden.«
»Warten Sie!« schrie Arthur Lindviken. »Ich muss es erst noch holen ...«
Er stolperte zu einem Bild, nahm es von der Wand, drehte hektisch an dem surrenden Kombinationsschloss des Tresors, zog einen Karteikasten heraus und durchsuchte das S-Fach. Schließlich fischte er eine Postkarte mit einer in jeder Hinsicht stattlichen Dyonisosstatue heraus. »Strand-Julén« war mit blassem Bleistift darauf geschrieben und darunter mit Kugelschreiber: »Wir gehen jetzt, Du kannst jederzeit anrufen. 641 12 12. PS: Du bist der größte Bock von allen«.
»Die hat er hier im Büro fallen lassen. Ich bewahre Fundsachen auf. Falls jemand danach fragt.«
»Fundsachen im Tresor ... Sie haben nicht zufällig auch eine Fundsache unter D?«
»Daggfeldt? Nein.«
»Schauen Sie noch mal nach.«
Lindviken musterte Hjelm misstrauisch. »Glauben Sie, ich weiß nicht, was für Sachen ich hier habe?«
Er klappte das D-Fach auf und zeigte es Hjelm. Es war leer.
Hjelm stand auf und wedelte mit der Dyonisoskarte. »Die nehme ich mit. Sie haben ja wohl keine Verwendung mehr dafür. Und behalten Sie die Kartei. Ich komme vielleicht noch mal darauf zurück.«
Als Hjelm draußen am Fenster vorbeiging, saß Lindviken noch immer starr hinter seinem Schreibtisch. Der Karteikasten zitterte auf seinen Knien.
Einen Augenblick lang überlegte Hjelm, ob er ihn zu hart rangenommen hatte. Er war es nicht gewohnt, mit Leuten zu tun zu haben, die nicht zigmal in einem Verhör gesessen hatten, das Gesetzbuch in- und auswendig kannten, alle Tricks und Ausreden draufhatten und die genau wussten, wann sie schweigen und wann sie lügen mussten.
Der Wind hatte ordentlich aufgefrischt. Die Jollen waren wie weggeblasen von der Stora Värtan.
Es war fortgeschrittener Vormittag, als Hjelm seinen unauffälligen Dienst-Mazda vor dem Golfplatz von Kevinge parkte. Für einen gewöhnlichen Wochentag im April waren erstaunlich viele Leute auf dem Platz unterwegs. Er tippte eine fünfstellige Nummer in sein Handy.
»Telefonauskunft«, meldete sich eine Frau.
»08-641 12 12, bitte.«
»Einen Augenblick«, sagte die Frau, ließ einige Zeit verstreichen und meldete sich wieder: »Jörgen Lindén, Timmermansgatan 34.«
»Danke.« Hjelm notierte es sich. Davor schrieb er eine Vier. Vielleicht schaffte er das auch noch vor der Besprechung um drei Uhr.
Er stieg aus dem Auto und lief die Treppe zur Rezeption des Golfklubs hinauf. Hinter dem Tresen stand eine junge Frau.
»Hallo«, sagte sie.
»Hallo«, erwiderte Hjelm und zeigte ihr seinen
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