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Misterioso

Misterioso

Titel: Misterioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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die Verbindung zwischen den beiden Männern sehr viel interessanter machte, als es eine Mitgliedschaft beider bei den Freimaurern oder Guttemplern getan hätte. (Letzteres konnte schon wegen der weithin bekannten Trinkgewohnheiten der Herrschaften ausgeschlossen werden.) Über den Mimerorden gab es keine Literatur, aber über einen Fall von Steuerhinterziehung, in den der Orden sechs Jahre zuvor verwickelt gewesen war, gelang es Hjelm, eine Adresse ausfindig zu machen. Er segnete den Computer und seine Schlagwortsuchfunktion.
    Andere gemeinsame Freizeitaktivitäten schien es nicht gegeben zu haben. Und drei waren für hart schuftende Geschäftsmänner schon ziemlich viel.
     
    Hjelms Liste für den nächsten Tag sah also folgendermaßen aus:
    1) Viggbyholms Yachtclub, Hamnsvägen 1, Täby
    2)  Stockholms Golfclub, Kevingestrand 20A, Danderyd
    3)  Mimerloge, Stallgränd 2, Altstadt. Eine völlig andere Welt.
     
    Er streckte sich. Sie hatten die Deckenbeleuchtung ausgeschaltet, die gänzlich unbrauchbar war, außer man war Masochist mit Kopfschmerz als Spezialvorliebe, und arbeiteten jeder im Licht einer alten Schreibtischlampe mit ganz gewöhnlicher Vierzigwattbirne. Der Himmel war noch hell, weigerte sich aber, etwas von seinem Licht abzugeben.
    Chavez hatte die Tastatur zu sich rübergezogen und hackte wild darauf ein.
    »Kriegst du Ordnung in deine Aufsichtsratsämter?« fragte Hjelm und stand auf.
    »Moment noch«, sagte Chavez. »Das ist ein verdammtes Durcheinander.«
    »Ich wollte aufbrechen. Wo wohnst du? Musst du Richtung Süden?«
    Chavez tippte mit Nachdruck auf Enter, worauf der Nadeldrucker unter dem Fenster zu rappeln anfing. Dann nahm er einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht.
    »Ich wohne hier«, sagte er und setzte melodramatisch hinzu: »Das hier ist mein Heim.«
    Hjelm musterte ihn mit hochgezogener linker Augenbraue.
    »Das stimmt«, beteuerte Chavez. »Zwei Etagen weiter oben gibt es ein Gästezimmer. Bis morgen besorgen sie mir was Vernünftiges. Hoffe ich.«
    »Okay. Bis morgen dann.«
    »Aber klar doch«, sagte Jorge Chavez und sah nach, was der hüpfende Drucker machte.
     

8
     
    Am Morgen des zweiten April saß Paul Hjelm am Frühstückstisch und betrachtete seine Familie mit ganz neuen Augen. Das letzte Frühstück hatte er als ein am Boden Zerschmetterter eingenommen; jetzt war er der Phönix aus der Asche, der sie über die neuen Lebensumstände informierte. Seine Versetzung in die Stadt wurde mit mäßiger Begeisterung aufgenommen.
    »Was soll denn daran so besonders sein?« fragte Danne und sah ihn – so jedenfalls kam es ihm vor – mit dem gleichen angewiderten Gesichtsausdruck an, den er ein paar Tage zuvor für die blutige Binde seiner Mutter übrig gehabt hatte. »Du bist schließlich der Held von Hallunda.«
    »Es ist eindeutig eine Belohnung, aus diesem Ghetto hier rauszukommen«, sagte Tova und verschwand, ehe er nachfragen konnte, wo sie diesen Ausdruck herhatte.
    Etwa von ihm?
    Hatte er gedankenlos solchen Mist verbreitet? Hatte er der kommenden Generation, die so viel bessere Voraussetzungen hatte als er, mit dem Fremden umzugehen, am Fremden teilzuhaben, keine Angst vor dem Fremden zu haben, den Blick getrübt?
    Befrage dein Herz, Hjelm.
    Es hatte eine Sekunde lang bloßgelegen, aber nur eine Sekunde, und jetzt würde er den Anblick mit einem Haufen Arbeit verdecken. Niemand in seiner Familie ahnte, wie nahe am Abgrund er gestanden hatte. Sie sahen den Helden, er die Leiche.
    Er war gerettet, aber auch versetzt. Vielleicht würde ja ein Kollege aus einer Einwandererfamilie seinen Platz in Fittja einnehmen, und vielleicht würde die Polizei in Huddinge von dem Tausch grenzenlos profitieren.
    Die Kinder waren gegangen, und als er mit Cilla darüber sprechen wollte, verabschiedete diese sich auch.
    Während er sich fertig machte, um in die Stadt zu fahren, fühlte er sich einsamer als je zuvor. Aber zugleich auch bereit für die Veränderung. Vielleicht spürte er bereits, dass dieser Fall anders sein würde als alle, mit denen er je befasst gewesen war.
    Fremd.
    Er nahm die Zeitung vom Tisch und warf einen kurzen Blick auf die Schlagzeile: »Doppelmord an Wirtschaftsspitze. Italienische Mafia in Stockholm?«
    Er seufzte und machte sich auf den Weg.
    Eine kalte Brise, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie den Mächten des Winters oder denen des Frühlings gehorchen sollte, jagte eine Gänsehaut über die Wasseroberfläche. Kleine Wellen schubsten die Jollen ein

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