Misterioso
sich handelt?« fragte Söderstedt sarkastisch.
»Darf man nicht«, antwortete Hultin, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Wie auch immer. Ich habe eben mit Sonya Shermarke geredet. Sie spricht so gut Schwedisch, dass wir uns ohne Dolmetscher unterhalten konnten. Sie kam wie immer gegen halb neun in der Villa an und ging zuerst ins Wohnzimmer, um nachzusehen, was zu machen war, entdeckte Carlberger in einer Blutlache, rief sofort die Polizei und zog sich in ihr Versteck zurück. Die Kollegen sind immer noch damit beschäftigt, aus den Verwandten herauszukitzeln, wo das Depot russischer Waffen versteckt ist.«
Nach einer Mikropause fuhr er fort. »Wir machen jetzt einen sehr, sehr kurzen Durchlauf. In der kommenden Nacht wird aller Wahrscheinlichkeit nach unser viertes Opfer in einer Blutlache in einem Wohnzimmer liegen, wir haben also alle Hände voll zu tun. Vergesst nicht, dass uns jede Menge Assistenten zur Verfügung stehen, praktisch die gesamte Stockholmer Polizei. Ich muss nicht wiederholen, dass ihr momentan sehr viel mehr Befugnisse habt, als euer Rang es eigentlich vorsieht, trotzdem haltet ihr stur daran fest, euch um jeden Mist selbst zu kümmern. Delegiert soviel wie möglich! Übrigens. Noch halten Mörner und seine Vorgesetzten der Gruppe die Presse vom Leib. Erstens: Hat einer von euch ein mögliches Opfer für kommende Nacht?«
Kein Mucks in der Kampfleitzentrale.
»Also gut. Bei mehr als fünfzig Worten gebe ich das Timeout-Zeichen. Holm?«
»Massenweise Vernehmungen, nichts Gravierendes. Kleinigkeiten, die weiter untersucht werden müssen.«
»Kurz und bündig. Hjelm?«
Hjelm warf einen Blick in seinen Notizblock, in dem eine Reihe Namen standen: Lena Hansson, George Hummelstrand, Oscar Bjellerfeldt, Nils-Äke Svärdh, Bengt Klinth, Jakob Ringman, Johan Stecher, Sonya X. Den letzten Namen strich er durch.
»Nichts.«
»Ein wenig präziser, bitte.«
»Unsere drei Opfer haben zusammen Golf gespielt, nur die drei, genau die drei, im Herbst 1990. Wenn die Mordserie nicht fortgesetzt wird, könnte das eine Spur sein. Falls Kerstin nicht vorhat, den Gatten der Witwenfreundin Anna-Clara, Direktor George Hummelstrand, für sich in Anspruch zu nehmen, übernehme ich ihn.«
Kerstin Holm zuckte mit den Schultern. Hjelm versuchte das zu deuten, während er fortfuhr. »Er passt zur Ordensspur, zusammen mit noch ein paar anderen. Dann wäre da noch Strand-Juléns Zuhälter, Johan Stecher. Ich würde gern Nyberg auf seinem Streifzug durch die Unterwelt begleiten, um ihn ausfindig zu machen. Wie viele Worte?«
»Siebzig ungefähr. Also gut, einverstanden, du begleitest Nyberg. Und Nyberg selbst?«
»Wir haben verschiedene Grauzonenregister gewälzt und über die bereits verurteilten hinaus ein paar potentielle russische Kontaktpersonen gefunden. Ich hab gestern in unterschiedlichen Gefängnissen mit einigen der Verurteilten gesprochen, die allerdings nicht sehr mitteilsam waren. Hjelm und ich nehmen uns heute die Neuen vor. Kneipen, Fitnesscenter, Videoshops und so weiter.«
»Gut. Norlander?«
Der pedantische Viggo Norlander strich sich in aller Gemütsruhe über die Glatze.
»Ich hab in regem Kontakt mit dem Zoll gestanden – wegen Treffern bei postsowjetischer Schmuggelware – und im Prinzip nichts rausbekommen. Die Absender lassen sich in den seltensten Fällen ausfindig machen. Aber ich habe ein paar Adressaten, die ich aufsuchen wollte. Dann habe ich mich mit den Kollegen in Moskau, St. Petersburg und Tallinn über die Mafia im allgemeinen und die russisch-estnische Gruppe um Viktor X im besonderen unterhalten, was nicht ganz einfach war. Aber es deutet alles darauf hin, dass es sich um eine Art Nebenzweig der großen Mafia handelt, der bereits bis hierher reicht. Nach Stockholm. Der Entgegenkommendste war ein Kommissar Kalju Laikmaa aus Tallinn. Wir setzen das Gespräch heute fort, und ich hoffe ...«
Hultin hielt eine Hand hoch und legte die andere waagerecht darüber, so dass sie ein T bildeten.
Norlander verstummte augenblicklich.
»Die Ökonomen?« fragte Hultin.
»Chefökonom Söderstedt«, stellte Söderstedt sich vor. »Ich spreche für Pettersson, Floren und mich. Chavez muss für sich selbst sprechen. Wir haben eine Menge interessanter Dinge entdeckt in dem grauenvollen Unternehmenschaos, das die drei Herren hinterlassen haben. Die Anwaltskammer dürfte sich die Hände reiben: Hier gibt es Arbeit für Jahre. Die Verbrechen, auf die wir an der einen oder anderen Stelle
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